"Keine starke Bürgergesellschaft"
Die rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz haben bundesweit Entsetzen ausgelöst. Die Gründe dafür liegen auch in der Strukturschwäche der Stadt, meint der Journalist Robert Ide. "Es gibt keine starke Bürgergesellschaft."
Nach den rechten Ausschreitungen in Chemnitz, bei denen am Montag mehrere Menschen verletzt wurden, steht die Stadt im Focus der Öffentlichkeit. Viele beschäftigt die Frage, wie sich in so kurzer Zeit ein so großer Mob auf den Straßen zusammenfinden konnte. Robert Ide, Autor und Journalist beim Berliner "Tagesspiegel", sieht einen klaren Zusammenhang mit der Entwicklung der Stadt nach der Wende.
Wer nach Chemnitz komme, merke sofort, dass die Stadt "nicht gerade zu den Gewinnern der deutschen Einheit zählt", sagte Ide, der aus der Region stammt, im Deutschlandfunk Kultur. Anders als Leipzig oder Dresden hätten sich Chemnitz und sein Umland kaum entwickelt.
Ganze Regionen würden mehr oder weniger verlassen und man sehe, "dass der Staat sich dort auch als Kümmerer zurückzieht." Gegenden, in denen Haltlosigkeit herrsche, suche sich die rechte Szene dann aus, um etwa Kiezfeste zu veranstalten oder die freiwillige Feuerwehr zu organisieren.
Jugendprojekte hingegen hätten oft ums finanzielle Überleben zu kämpfen, so Ide. "Das heißt, es gibt auch keine starke Bürgergesellschaft." Ein großes Problem sei auch weiterhin der Wegzug der Jungen aus Ostdeutschland, so Ide.
"Es fehlt sozusagen ein bisschen die jüngere Mitte, die dann auch aufsteht. Die hat man ja jetzt auch vermisst in Chemnitz."
Auch die Initiative für das am kommenden Montag geplante Konzert gegen Rechts sei nicht aus der Stadt heraus entstanden:
"Das kam nicht, weil da auch nicht viele Leute sind, die das in die Hand nehmen würden."