Robert Menasse: "Die Hauptstadt"

Das Schwein verbindet alles

Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse im Gespräch mit Frank Meyer von Deutschlandfunk Kultur über seinen mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichenten Roman "Die Hauptstadt" am Stand von Deutschlandradio auf der Buchmesse Frankfurt 2017.
Robert Menasse: "Vom Schönsten bis zum Hässlichsten verbindet das Schwein alles." © Deutschlandradio / David Kohlruss
Robert Menasse im Gespräch mit Frank Meyer |
Am Beginn des mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Romans "Die Hauptstadt" wird eine Sau durch Brüssel getrieben. Diese Metapher decke "vom Glücksschwein bis zur Drecksau" alles ab, sagt Robert Menasse. Konsequent Pro- oder Anti-Europäer zu sein, ist in seinen Augen "saudumm".
Das Schwein kann als Schimpfwort für politische Gegner benutzt werden, steht aber auch wie das Schweinchen Schlau für Intelligenz, sagt Robert Menasse. Von gut bis böse könne man alles mit einem Schwein in Beziehung setzen. 98,8 Prozent dessen Genmaterials stimmten mit dem Menschen überein, so der österreichische Schriftsteller. Darum habe es ihn gereizt, das Schwein im Prolog des Romans "Die Hauptstadt" auftreten zu lassen, in dem die Leser zum ersten Mal den Hauptfiguren begegnen.

Hören Sie hier auch unser Gespräch mit Menasse auf dem "Blauen Sofa":
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Heftige Kritik ist notwendig

Sein Buch "Die Hauptstadt", das mit dem Deutschen Buchpreis 2017 ausgezeichnet wurde, spielt in Brüssel als Amtssitz der Europäischen Union. Es ist ein ironischer Gesellschaftsroman mit Krimi-Elementen geworden. Als Essayist hat Menasse die Notwendigkeit der Europäischen Union oft verteidigt. Im Roman wirft er einen skeptischen Blick auf die ausschließlich auf ihre Karriere bedachten EU-Beamten. Bei der Live-Sendung der Lesart betont er:
"Es hat sich im Denken so eingeschrieben, dass man pro- oder antieuropäisch ist und ich finde beides dumm. Man kann bei den Verwerfungen und Krisen und Unfähigkeiten des Personals, wie sich die Europäische Union heute zeigt, nicht einfach pro-europäisch sein. Man kann aber auch nicht Anti-Europäer sein, das ist saudumm und strohdumm, weil das europäische Projekt die vernünftige und logische Konsequenz von historischen Erfahrungen ist, die gezogen werden mussten und unsere einzige Chance waren, diesen Kontinent wieder einigermaßen zu befrieden."
Es sei vernünftig, die europäische Idee zu verteidigen und sie als Maßstab an das Handeln der politisch Verantwortlichen anzulegen. Dann habe man eine gute Messlatte für heftige Kritik am gegenwärtigen Zustand, die notwendig sei, so Menasse.
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