Robert Wilsons 75. Geburtstag

Ganz viel surrealer Spaß

Der Musiker Herbert Grönemeyer (r) und US-Regisseur Robert Wilson im Berliner Ensemble in Berlin während einer Probe zum Stück "Faust I und II" von Goethe in einer Inszenierung von Wilson und dem deutschen Musiker Grönemeyer im Theater.
Herbert Grönemeyer war auch zu Wilsons Geburtstag gekommen. Die beiden haben auch schon zusammengearbeitet: Hier bei einer gemeinsamen Probe © picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini
Von Tobi Müller |
Seinen 75. Geburtstag feierte Theaterlegende Robert Wilson in den Berliner Festspielen. Dort wurden Stücke gezeigt, die im von Wilson gegründeten Watermill Center entstanden sind. Der Höhepunkt des Abends gehörte aber dem Wilson-Mitstreiter Christopher Knowles.
Wer etwas später mit der Kunst von Robert Wilson in Kontakt gekommen ist, hat vor allem die strengen Bilder im Kopf. Die großen Gesten, die stark geschminkten Gesichter, die bizarren Frisuren, die expressionistisch ausgeleuchteten Bühnendbilder, der von Schwarzblenden und Perkussion unterbrochene Rhythmus der Bewegungen, der im deutschen Theater der letzten 40 Jahre wohltuend fremd wirkte, fast fernöstlich, irgendwie japanisch. Aber auch sehr, sehr gediegen und zunehmend weltfremd.
Erstaunlich, dass diese anfangs radikale Kunst in Deutschland so wichtig werden konnte. Mit Kooperationen, die sich über High und Low hinweggesetzt haben, oder über E und U, wie es noch immer heißt hierzulande. Heiner Müller oder Herbert Grönemeyer? Geht beides!

Es gab auch etwas ungelenke Geburtstagsständchen

Müller ist leider tot. Aber Herbert Grönemeyer ist gekommen zum 75. Geburstag, den Robert Wilson in den Berliner Festspielen gefeiert hat. Im ersten Teil sah das geladene Publikum drei Ausschnitte von Produktionen, die alle im Watermill Center enstanden oder weiteterentwickelt wurden. Das Watermill ist ein schicker Produktionsort mitten im Wald von East Long Island bei New York.
Wilson gründete das Watermill und arbeitet dort noch immer mit jüngeren Künstlern. Und seine Berliner Geburtstagsfeier war auch ein Anlass, für das Watermill Geld zu sammeln: Die Gesellschaft mit dem ganz großen Portemonnee traf sich ab 21 Uhr zum Spendendinner auf der großen Bühne der Berliner Festspiele.
Vieles, was man im ersten Teil auf der Seitenbühne sah, erinnerte an den Meister und sein Spätwerk. Außer die Gruppe Boomerang: Ein Schlagzeuger, zwei Tänzer, direkte, ungestüme und dabei doch abstrakte Kommunikation ohne High Tech. Die Geburtstagsständchen danach, bei Sekt in der Bornemann-Bar der Festpiele, durften auch ungelenk sein.

Der Höhepunkt: Tiergeräusche im Loop

Schön: Die Schauspielerin Angela Winkler oder Stefan Kurt, die für Wilson Showtunes sangen. Der Höhepunkt aber gehörte Christopher Knowles, der mit Wilson die Bühne betrat. Knowles war der autistische 13-jährige Junge, der Wilson in den Siebziger-Jahren seine Kassetten mit konkreter Poesie schenkte. Daraus ist eine lebenslange Zusammenarbeit und Freundschaft enstanden.
Knowles schrieb etwa Texte für "Einstein on the Beach", den Welterfolg von Wilson mit der Musik von Philip Glass.
Wilson und Knowles, ein großer und ein kleiner Mann, stehen auf der Bühne und performen "Emily likes the TV". Es ist ein Sprachloop mit Tiergeräuschen, wie in den Cartoons, die amerikanische Kinder seit einem halben Jahrhundert am Samstagvormittag gucken.
Dieser Moment war ein historisches Wurmloch: Er erinnerte daran, was in der Wilson Kunst am Anfang sehr, später etwas weniger wichtig wurde, nämlich Quatsch und surrealistischer Spaß. Kurz: Fun.
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