Robert Wilsons "Dschungelbuch" in Düsseldorf

Ein postapokalyptisches Szenario

06:36 Minuten
Shere Khan liegt im Vordergrund auf einer Liege, im Hintergrund ist der Schatten von Mowgli sehen sowie Scherenschnitte von Pflanzen.
Auch diesmal spielt Robert Wilson mit Farben, Schatten und Scherenschnitten. Betörende Effekte, die manchmal ein bisschen flach seien, urteilt unsere Kritikerin. © Lucie Jansch / Düsseldorfer Schauspielhaus
Dorothea Marcus im Gespräch mit Britta Bürger |
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Robert Wilsons Version des "Dschungelbuchs" hat am Düsseldorfer Schauspielhaus Premiere gefeiert und das Publikum überzeugt. Seine ästhetischen Effekte seien auch diesmal betörend schön, wenn auch manchmal etwas flach, urteilt unsere Kritikerin.
Robert Wilson hat schon häufiger seine Zaubermaschine für die gesamte Familie angeschmissen. Er inszenierte den Sandmann von E.T.A. Hoffmann bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen und Peter Pan am Berliner Ensemble – nun folgt das Dschungelbuch am Düsseldorfer Schauspielhaus.
Unsere Theaterkritikerin Dorothea Marcus war für uns bei der Premiere und berichtet von "großen Ovationen". Auch sie hat das Stück alles in allem überzeugt.

Typische Wilson-Ästhetik

Wilson ist seiner Ästhetik treu geblieben. Er spielt mit farbigem Licht, Schatten und scherenschnittartigen Figuren. Wie immer seien die Effekte betörend schön gewesen. "Von diesem chaotischen Dschungel ist nichts zu sehen", sagt Marcus. "Da sind einfach nur ein paar perfekt ausgeleuchtete und grafisch arrangierte Blätter als Scherenschnitte auf der Bühne. Das ist alles, was vom Chaos übrig geblieben ist." Die Bezeichnung Bilderbuch treffe es wahrscheinlich am besten. Manchmal wirke das aber ein wenig flach.
Im Vordergrund ist Mowgli zu sehen, gekleidet in eine Art rote Schuluniform. Im Hintergrund ist Shere Khan zu sehen, er trägt einen bunten Anzug.
Besonders steche Cennet Rüya Voß hervor, sagt unsere Kritikerin. Sie spielt Mowgli.© Lucie Jansch / Düsseldorfer Schauspielhaus
Wilson habe sich bei dieser Coming-of-Age-Geschichte von Rudyard Kipling, von dem auch das imperialistische Gedicht "Bürde des weißen Mannes" stammt, weder für die postkolonialen Zusammenhänge noch für das Verhältnis von Natur und Mensch interessiert, erklärt Marcus.

Tiere lungern auf Elektroschrotthaufen herum

Stattdessen habe er ein postapokalyptisches Szenario gewählt, in dem die Natur schon zerstört ist und die Tiere teilweise auf Elektroschrotthaufen herumlungern. Baloo der Bär schiebe manchmal als Obdachloser einen Einkaufswagen vor sich her.
Vom Folk-Duo CocoRosie stammt die Musik des Abends, insgesamt 14 großartige Songs auf Englisch. Diese boten von HipHop und Folk über Oper und Ballade bis hin zum Reggae alles, sagt Marcus.
Zu sehen sind Mowgli, das Findelkind, Kaa, die Schlange und Baloo, der Bär.
Baloo, der Bär, schiebt manchmal als Obdachloser einen Einkaufswagen vor sich her.© Lucie Jansch / Düsseldorfer Schauspielhaus
Aus dem Düsseldorfer Ensemble besonders herausgestochen habe Cennet Rüya Voß, die Mowglie spielt. Voß bringe die Unschuld und gewisse Brutalität eines Kindes sehr gut rüber, erklärt Marcus.

Das Dschungelbuch am Düsseldorfer Schauspielhaus
Regie, Bühne, Licht: Robert Wilson
Musik, Lyrics: CocoRosie

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