Robin Hood und Co. auf der Spur
Der Leser darf sich gefasst machen auf eine globale Tour de Force durch die Jahrhunderte. Vom historischen Robin Hood im 12. Jahrhundert bis zu den lateinamerikanischen Guerillas unserer Tage. Ein wissenschaftliches Standardwerk mit hohem Unterhaltungswert.
Am 9. Juni wurde er 90 Jahre alt, der englische Historiker und Sozialwissenschaftler Eric Hobsbawm, der als Professor in England und Mexiko lehrte und seit 1984 einen Lehrstuhl in New York hat. Zahlreiche Bücher sind von Hobsbawm erschienen, unter anderem Geschichtsanthologien des 19. und 20 Jahrhunderts, wobei letztere unter dem Titel "Das Zeitalter der Extreme" zu seinen bekanntesten Arbeiten gehört. Das Thema Revolution und Widerstand zieht sich wie ein roter Faden durch Hobsbawms Arbeit, denn Hobsbawm ist bekennender Marxist.
Sein 1969 erstmals erschienenes Sachbuch "Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen" ist nun in einer überarbeiteten und aktualisierten Fassung noch einmal neu vom Hanser Verlag aufgelegt worden. Hobsbawm betrachtete es als seine akademische Pflicht, ist er doch Gründer dieser Fachrichtung der Sozialwissenschaft.
Hobsbawm schildert die Robin Hoods der letzten 1000 Jahre. Seine wichtigste Definition dieses Sozialrebellen-Typus´ ist, dass es ihm nicht um Macht oder Reichtum gehe, sondern schlicht um das Recht zu überleben. Das heißt, er reagiere nur auf Unterdrückung, ist selber nur das Opfer der politischen Verhältnisse, -wie z.B. Karl Mohr in Schillers "Die Räuber".
Der Leser darf sich gefasst machen auf eine globale Tour de Force durch die Jahrhunderte vom historischen Robin Hood im 12. Jahrhundert bis zu den lateinamerikanischen Guerillas unserer Tage. Einer der beiden Schwerpunkte des Buches liegt auf Europa, unter besonderer Berücksichtung des Mittelmeerraums (Spanien, Italien, Griechenland, Balkan). Sehr informativ, weil sonst oft vernachlässigt, ist aber auch die Darstellung des osteuropäischen Raums (Kosaken, Heiducken).
Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf dem amerikanischen Kontinent mit seinen lateinamerikanischen Volkshelden Pancho Villa oder Che Guevara. Aber auch mythische Ausprägungen des "Sozialrebellentums" in den USA nimmt Hobsbawm auf (Billy the Kid, Jesse James, Bonnie and Clyde).
Zahlreiche Fallbeispiele aus Asien (Indien, China, Indonesien) runden das Bild global ab.
"Die Banditen" ist kein Wissenschaftsthriller, den man verschlingt, aber es ist ein Buch, dass einen Seite für Seite neugieriger macht. Hobsbawm geht systematisch vor, Schritt für Schritt, historisch wie topographisch, und nebenbei gibt es noch einen Basis-Schnellkurs in politischer Ökonomie. Der Text ist gespickt mit Beispielen, mit Zitaten, auch vielen literarischen. Das macht das Buch sehr authentisch und lebendig. Unterhaltsam ist Hobsbawms latente britische Ironie, wenn er zum Beispiel süffisant auflistet, welche Könige, Kaiser und Staatspräsidenten in ihrem ersten Beruf Banditen waren. Wobei der deutsche Leser im ersten Moment mit den Wörtern "Bandit" und "Räuber" eine andere Art von Kriminalität verbindet. Bis er realisiert, wie unsere Sprache und Kultur das Phänomen "Sozialrebell" reflektiert.
"Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen" ist ein wissenschaftliches Standardwerk mit hohem Unterhaltungswert. Es wirft Grundfragen unserer heutigen Welt auf, die bei richtiger Lesart sogar den aktuellen Terrorismus einbeziehen. Besonders dieses Problem ist Hauptthema des gerade in England erschienenen neuen Buchs von Hobsbawm: "Globalisierung, Demokratie und Terrorismus".
Rezensiert von Lutz Bunk
Eric Hobsbawm: Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen.
Übersetzt von Rudolf Weys und Andreas Wirthensohn.
Carl Hanser Verlag 2007,
232 Seiten, 19.90 €.
Sein 1969 erstmals erschienenes Sachbuch "Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen" ist nun in einer überarbeiteten und aktualisierten Fassung noch einmal neu vom Hanser Verlag aufgelegt worden. Hobsbawm betrachtete es als seine akademische Pflicht, ist er doch Gründer dieser Fachrichtung der Sozialwissenschaft.
Hobsbawm schildert die Robin Hoods der letzten 1000 Jahre. Seine wichtigste Definition dieses Sozialrebellen-Typus´ ist, dass es ihm nicht um Macht oder Reichtum gehe, sondern schlicht um das Recht zu überleben. Das heißt, er reagiere nur auf Unterdrückung, ist selber nur das Opfer der politischen Verhältnisse, -wie z.B. Karl Mohr in Schillers "Die Räuber".
Der Leser darf sich gefasst machen auf eine globale Tour de Force durch die Jahrhunderte vom historischen Robin Hood im 12. Jahrhundert bis zu den lateinamerikanischen Guerillas unserer Tage. Einer der beiden Schwerpunkte des Buches liegt auf Europa, unter besonderer Berücksichtung des Mittelmeerraums (Spanien, Italien, Griechenland, Balkan). Sehr informativ, weil sonst oft vernachlässigt, ist aber auch die Darstellung des osteuropäischen Raums (Kosaken, Heiducken).
Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf dem amerikanischen Kontinent mit seinen lateinamerikanischen Volkshelden Pancho Villa oder Che Guevara. Aber auch mythische Ausprägungen des "Sozialrebellentums" in den USA nimmt Hobsbawm auf (Billy the Kid, Jesse James, Bonnie and Clyde).
Zahlreiche Fallbeispiele aus Asien (Indien, China, Indonesien) runden das Bild global ab.
"Die Banditen" ist kein Wissenschaftsthriller, den man verschlingt, aber es ist ein Buch, dass einen Seite für Seite neugieriger macht. Hobsbawm geht systematisch vor, Schritt für Schritt, historisch wie topographisch, und nebenbei gibt es noch einen Basis-Schnellkurs in politischer Ökonomie. Der Text ist gespickt mit Beispielen, mit Zitaten, auch vielen literarischen. Das macht das Buch sehr authentisch und lebendig. Unterhaltsam ist Hobsbawms latente britische Ironie, wenn er zum Beispiel süffisant auflistet, welche Könige, Kaiser und Staatspräsidenten in ihrem ersten Beruf Banditen waren. Wobei der deutsche Leser im ersten Moment mit den Wörtern "Bandit" und "Räuber" eine andere Art von Kriminalität verbindet. Bis er realisiert, wie unsere Sprache und Kultur das Phänomen "Sozialrebell" reflektiert.
"Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen" ist ein wissenschaftliches Standardwerk mit hohem Unterhaltungswert. Es wirft Grundfragen unserer heutigen Welt auf, die bei richtiger Lesart sogar den aktuellen Terrorismus einbeziehen. Besonders dieses Problem ist Hauptthema des gerade in England erschienenen neuen Buchs von Hobsbawm: "Globalisierung, Demokratie und Terrorismus".
Rezensiert von Lutz Bunk
Eric Hobsbawm: Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen.
Übersetzt von Rudolf Weys und Andreas Wirthensohn.
Carl Hanser Verlag 2007,
232 Seiten, 19.90 €.