"Ich bin ein sehr grüblerischer Mensch"
Seit 20 Jahren lotet Robin Proper-Sheppard als "Sophia" mit wechselnden Musikern vor allem die eigenen Untiefen aus – und landet dabei immer wieder bei Trennungsgeschichten. Der Melancholie ist er dabei treu geblieben. Trotzdem findet er, seine neue Platte habe auch etwas Positives.
Martin Böttcher: Robin Proper-Sheppard ist die einzige Konstante der amerikanischen Band "Sophia". Seit 20 Jahren lotet er mit immer wieder wechselnden Musikern vor allem die eigenen Tiefen und Untiefen aus – und landete dabei immer wieder bei Trennungsgeschichten – nicht nur, aber vor allem die Trennung von ehemals sehr geliebten Lebenspartnern. Sieben Jahre sind seit dem letzten Sophia-Album vergangen – was auch daran lag, dass Robin Proper-Sheppard einerseits nie wieder eine Trennungsplatte aufnehmen wollte, andererseits nur im Leiden und Nachtrauern und Verarbeiten von gescheiterten Beziehungen wahrhaftige Themen zu finden glaubte. Ein Dilemma. Aber eins, das sich offenbar auflösen lies, denn jetzt gibt es eine neue Sophia-Platte. Sie heißt "As We Make Our Way (Unknown Harbour)". Hallo, Robin Proper-Sheppard, wo haben Sie so lange gesteckt?
Robin Proper-Sheppard: Nach meiner letzten Platte litt ich an gebrochenem Herzen, also nahm ich mir eine Auszeit von der Liebe. Ich reiste herum, ich lernte Segeln, produzierte Bands, einfach so das Leben leben halt. Ich brauchte wirklich nach der letzten Platte eine Auszeit, um meinen Weg zu finden.
Martin Böttcher: Die meisten Ihrer Alben drehen sich um Trennungen. Trennungen von geliebten Menschen. Brauchen Sie Schicksalsschläge und Drama, um als Musiker kreativ zu werden?
Robin Proper-Sheppard: Ich glaube nicht, dass ich notwendigerweise diese Erfahrungen in meinem Leben brauche, um zu schreiben, aber es ist das, worüber ich schreiben möchte. Wenn ich glücklich bin, ist das Letzte was ich tun möchte, herumsitzen und Lieder schreiben, dann geh ich lieber raus in die Sonne und in den Park.
Ganz allgemein gesprochen: Wenn ich diese Art von "dunklen" Beziehungen erlebe und Dinge, die mehr meine melancholische Seite herauskitzeln, dann setz ich mich hin und Musik ist dann mein Begleiter und ich drücke mich darin aus.
Martin Böttcher: Ihre Musik hört sich manchmal sehr, sehr traurig, fast schon schwermütig an, aber wenn man so mit Ihnen spricht, machen Sie einen sehr aufgeräumten Eindruck. Aber sind Sie denn ein grüblerischer Mensch, der vor allem auf die dunklen und traurigen Seiten des Lebens reagiert und dafür die Musik braucht?
Amerikaner halten ihre dunkle Seite zurück
Robin Proper-Sheppard: Ich bin ein sehr grüblerischer Mensch, ja, ich glaube, das ist der Amerikaner in mir: Wir wachsen auf mit einer Menge Aggression um uns herum. Die Kultur in Amerika ist irgendwie zerrissen durch Konflikte, Klassenkonflikte, Rassenkonflikte. Gleichzeitig lernen wir, die eher dunklen Sachen zurückzuhalten. Die Leute lächeln lieber in der Öffentlichkeit, die dunkle Seite kehren sie nur zuhause hervor. Wenn ich alleine bin, bin ich sehr nachdenklich und melancholisch. Das ist Teil meiner Persönlichkeit.
Martin Böttcher: Sie leben ja in Brüssel und London. Ist das auch ein Grund, dass Sie versuche, so ein bisschen dem amerikanischen Lebensweg zu entkommen?
Robin Proper-Sheppard: Wir kamen anfangs eher zufällig nach Europa. Ich hatte immer den Gedanken, irgendwie ist Amerika und besonders Kalifornien immer noch meine Heimat. Doch als ich letztens zurück musste wegen eines ungeklärten Aufenthaltsstatus, stellte ich feste: America isn't my home anymore. Ich fühle mich nicht mehr zuhause dort und die Melancholie, über die wir sprachen, trifft mich dort viel härter. (…) Ich fand es manchmal schwer herauszufinden, wie es um die Menschen um mich herum steht.
Martin Böttcher: Lassen Sie uns zum Schluss noch mal kurz über den Klang von "As We Make Our Way" sprechen: das sind keine euphorischen Songs, aber auch ganz sicher keine schwermütigen – sondern sehr schön arrangierte, anspruchsvolle Lieder. Was hat sich am Sophia-Sound geändert?
Robin Proper-Sheppard: Auf dieser Platte hatte ich nicht ein "dunkles Herz", das so viel Sophia-Musik inspiriert hat. Früher war es für mich schmerzvoll, die Songs nochmal anzuhören, jetzt konnte ich richtig tief in die Arrangements eintauchen. Es ist immer noch eine melancholische Platte, aber ich denke, sie ist irgendwie auch positiv, wenn Leute meine Liedtexte zitieren, sagen sie: Das klingt nicht nach einer besonders fröhlichen Platte. Ich würde sagen, die Musik hat sich geändert, auch wenn es immer noch dunkel und melancholisch ist. Aber irgendwie ist es auch aufgefächerter .