"Man muss den Menschen die Augen öffnen"
Der Freemuse Award wird jedes Jahr an Künstler vergeben, die sich für musikalische Meinungsfreiheit einsetzen. Diesjähriger Preisträger ist der weißrussische Rockmusiker Lavon Volski, der sich stets öffentlich für Freiheit und Demokratie einsetzt - und deshalb in seiner Heimat nicht auftreten darf.
Die Passanten einer Minsker Unterführung sind außer sich vor Freude. Lavon Volski, die Ikone der belarussischen Rockszene hat sie mit einem improvisierten Konzert zu seinem Geburtstag überrascht. Das ist keine PR-Aktion und auch keine Laune des Musikers: Lavon Volski darf seit über zehn Jahren nicht mehr in seinem Heimatland auftreten. Auch Radio- und Fernseh-Auftritte sind für ihn nicht mehr möglich. Der Grund: Er spricht sich für Freiheit und Demokratie aus, und gegen das autoritäre Regime von Aljaksandr Lukaschenka.
"Es geht um den Duft der Freiheit. Wir haben eine total unfreie Gesellschaft. Sie versteckt sich oft hinter Masken, hinter Lügen. Es gibt hier ein System von verlogenen Werten. Man muss den Menschen die Augen öffnen, damit sie verstehen, dass die Freiheit ein absoluter Wert ist.
In unserer Gesellschaft ist dieses Wohlbefinden zu einer Art Religion geworden. Weil die sowjetischen Werte durch nichts ersetzt wurden. Die kommunistische Religion ist verschwunden, und es folgte nichts Anderes."
Einsatz für künstlerische Freiheit
Jetzt wird Lavon Volski für seine klare Haltung mit einem internationalen Preis bedacht. Eine Woche vor dem Finale des Eurovision Song Contest wird er auf der gleichen großen Bühne im Eurovision Village in Stockholm den Freemuse Award bekommen. Die internationale Organisation Freemuse setzt sich seit 1999 für die künstlerische Freiheit ein. Geschäftsführender Direktor ist Ole Reitov:
Der Freemuse Award wird seit 2008 an Menschen vergeben, die sich in herausragender Weise für die musikalische Meinungsfreiheit einsetzen.
"Lavon Volski ist meiner Überzeugung nach ein sehr wichtiger Musiker für viele Menschen in Belarus. Seine Songs beschreiben die Situation, sowohl die soziale, als auch die politische und wirtschaftliche. Gleichzeitig ist er ein herausragender Songwriter und Musiker. Er gibt vielen Menschen Hoffnung."
Geteiltes Schicksal: Auftrittsverbot
Im Anschluss an die Preisverleihung am Sonntag folgt ein Konzert des Ägypters Ramy Essam. Der Freemuse Award Preisträger von 2011 wurde als "Sänger der Tahrir-Platz-Revolution" bekannt.
Ramy Essam: "Belarus and Ägypten haben nicht so viele Verbindungen. Aber als ich Lavon zum ersten Mal getroffen habe, habe ich gleich diese Verbindung zu ihm gespürt. Als ich seinen Auftritt sah, spürte ich, obwohl ich die Sprache überhaupt nicht verstehen konnte, etwas gemeinsames zwischen uns. Dieser Mensch kämpft durch seine Musik. Deswegen freue ich mich sehr, dass er den Freemuse Award bekommt."
Ramy Essam und Lavon Volski teilen das Schicksal, in ihren Heimatländern verboten zu sein. So steht Belarus in Bezug auf die Freiheit des Ausdrucks in einer Reihe mit Ländern wie Ägypten, dem Iran und der Elfenbeinküste. Lavon Volski über die Situation in seiner weißrussischen Heimat:
"Das kulturelle Leben in unserem Land sieht seit vielen Jahren sehr traurig aus. Die Aufgabe des Kulturministeriums besteht schon seit Jahren darin, Konzerte zu verbieten. Das ist eine wilde Situation. Und das ist sehr sehr traurig und unangenehm. Wie kann man diese Situation überwinden? Wir haben es viele Jahre versucht. Leider lässt sich diese Wand nicht kippen. Wir werden es weiterhin versuchen."
Vor etwas über einem Monat ist Volskis geliebte Frau, Muse und größte Unterstützerin Hanna an Krebs gestorben. Zu ihrer Erinnerung wurde ein Konzert in Minsk geplant. Das Konzert wurde jedoch nicht erlaubt. Den Freemuse Award widmet Volski seiner Hanna.