Römern und Germanen auf der Spur

Von Peter Kaiser |
Archäologische Funde deuten darauf hin, dass Römer und Germanen noch lange Zeit nach der Varusschlacht im Teutoburger Wald gegeneinander kämpften. Denn auch an anderen Orten wurden Münzen, Nägel von Legionärssandalen oder Waffenteile entdeckt. Die archäologische Werkstatt in Münster befasst sich mit der Restauration der Fundstücke und liefert mit neusten wissenschaftlichen Methoden die Grundlage für weitere historische Erkenntnisse.
"Wir haben hier Knochen aus Haltern, deren Erhaltungszustand nur auf Grund von Mineralien, die in einer Tongrube vor einem Töpferofen gelegen haben, überhaupt erhalten sind."

Vorsichtig kratzt Eugen Müch mit einem Skalpell etwas Schmutzkruste am Backenzahn einer Zahnreihe weg. Er ist Restaurator in der archäologischen Werkstatt des LWL in Münster, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.

"Die Aufgabe jetzt hier war, aus dieser Blockbergung die Knochen frei zu präparieren, um letztendlich eine Beurteilung dann vornehmen zu können."

Ob die Knochen aus Haltern, Waffenfunde in Oldenrode, Gewandfibeln aus Barkhausen oder die spektakuläre Eisenmaske aus Kalkriese – die vor 2000 Jahren beabsichtigte römische Invasion in Germanien hat viele Spuren und Dinge im Boden hinterlassen. Um die antiken Schauplätze vor allem erst einmal aufzuspüren, wenden die Archäologen neueste Hightech-Methoden an. Bettina Tremmel ist Expertin für provinzialrömische Archäologie.

"Satellitenaufnahmen, Google, können durchaus dazu führen, dass man Fundstellen entdeckt. Mauern oder große Gräben hinterlassen gewissen Bewuchsmerkmale, die im Feld oder einer Wiese Dunkelverfärbungen oder Hellverfärbungen verursachen. Elektromagnetische Untersuchungen, Bodenuntersuchungen eignen sich vor allen Dingen um größere Befunde zu identifizieren."

Sind die Orte gesichtet und erste Funde gemacht, kennt die Neugier der Forscher keine Grenzen. Um etwa herauszufinden, wer wie gegen wen und womit kämpfte, stellten die Archäologen auf dem Schlachtfeld in Kalefeld mit grünen, gelben und blauen Tennisbällen die Richtungen nach, aus denen geschossen wurde. Gelb steht für Römer-Katapultbolzen, grün für Pfeilspitzen, blau für Lanzen.

Manchmal rücken die Forscher nach der Sicherung der Fundstelle mit Baggern, Schaufeln und Harken an. Finden sie Knochen, wie jene in der Töpfergrube in Haltern am See, der einst größten Römergarnison innerhalb des Römischen Reiches, reden die Wissenschaftler gern von einem Sensationsfund.
Während der Restaurator mit dem Bohrer Kruste von Zähnen und Rippen schält, zeigt Rudolf Askamp, ebenfalls Archäologe, auf mehrere Fundstücke.

"Also es sind Knochen von 24 Individuen in dieser Grube gefunden worden, die damit ein Massengrab darstellt, weil diese Leichen seinerzeit entkleidet und einfach übereinander in diese Grube gelegt, und dann mit entsprechendem Töpfereiabfall zugedeckt worden sind.
Da wir wissen, wie die römischen Truppen ihre Toten in Haltern bestatteten, nämlich in Brandgräbern, müssen wir zunächst mal davon ausgehen, dass es sich um Germanen handelt, zumal die paleoanthropologischen Untersuchungen ergeben haben, dass es sich um jungen Männer im wehrfähigen Alter dabei gehandelt hat."

Dass die Knochen von Germanen stammten, scheint sicher zu sein. Doch wie lange sind die Menschen tot? Und haben sie mit den Ereignissen der Varusschlacht zu tun? Krankheit, eine Epedemie oder ähnliches schließt Rudolf Askamp aus.

"Der mutmaßliche Zusammenhang und die Zeit, in die das alles passt, ich sage jetzt mal grob kurz vor oder nach neun nach lässt an etwas anderes denken. Nämlich an eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Römern und Germanen, bei der diese Germanen den Kürzeren gezogen haben. Und deswegen von den Römern an Ort und Stelle, jetzt sage ich mal das harte Wort, entsorgt worden sind. Das ist keine Bestattung, sondern die sind verscharrt worden."

Eine andere Möglichkeit, den archäologischen Geheimnissen auf die Spur zu kommen, bieten Röntgenuntersuchungen. Das Fundmaterial wird meist so wie es ist, dem Restaurator überreicht. Der legt die Klumpen und Brocken dann sofort unter das Röntgengerät.

"Das ist eine Röntgeneinrichtung mit Digitalempfänger, wo wir im Livebild sofort erkennen können, um welches Objekt es sich handelt. Die Vorteile dieser Methode sind, ich kann mit Hilfe dieser Bewegungseinrichtung relativ schnell große Mengen an Funden durchsichten, um sie zu identifizieren."

Die dunkelfarbenen Brocken bergen oft Schätze. So auch jetzt. Restaurator Eugen Müch.

"Gut, ich schalte die Anlage an und nun sieht man an dem Aglomeratklumpen Hier handelt es sich um eine Pilumklemme, die Schaftklemme eines römischen Wurfspießes."

Ob mit einfachen Grabungen, Chemie, Isotopen, Radar, Computer, Digitalmikroskopie, Satelliten - die Forscher sind immer auf der Suche nach neuen Funden, um die römisch-germanische Geschichte ins rechte Licht zu rücken.