Tatiana Samouil, Violine
Elena Bashkirova, Klavier
Frauenpower im Kursaal
Es ist noch immer nicht selbstverständlich: ein Musikprogramm mit Werken allein von Komponistinnen. Beim Rolandseck Festival aber sind sie zu hören, die Werke von Clara Schumann, Louise Farrenc oder Galina Ustwolskaja - gespielt von hervorragenden Interpretinnen.
Die Pianistin Elena Bashkirova hat einen Traum, den wir in diesem Programm erfüllt sehen: Wir präsentieren hier ein Musikprogramm, zu dem ausschließlich Komponistinnen beigetragen haben.
Am 26. Juni gab es im Kursaal Bad Honnef ein Konzert mit dem Streichquartett von Fanny Hensel, der fünften Klaviersonate von Galina Ustwolskaja und dem ersten Klavierquintett von Louise Farrenc. Es sind dagegen nicht ausschließlich Frauen, die die Musik interpretiert haben bei diesem Konzert, das unter dem Motto Aufbruch stand.
Aufbruch auch in dem Sinne, dass Musik wieder öffentlich stattfinden darf, mit Zuhörerinnen und Zuhörern. Das Programm beginnt mit drei kurzen Romanzen für Violine und Klavier von Clara Schumann. Gespielt von Tatjana Samouil, der Konzertmeisterin des Brüsseler Opernorchesters und von Elena Bashkirova.
Künstlerische Leiterin des Rolandseck Festival ist Mihaela Martin, selbst Geigerin und vielerorts tätige Pädagogin. Sie ist begeistert vom Spielort Bad Honnef, der optisch schön ist und viel Atmosphäre hat. Und sie ist begeistert vom Komponistinnenprogramm, denn Musik habe kein Geschlecht. Und die ausgewählten Werke sprächen ganz für sich. Mihaela Martin hat an diesem Tag nicht mitgespielt, sie zeichnet aber für das Programm und die Auswahl der Musikerinnen und Musiker beim Rolandseckfestival verantwortlich. Diese Interpreten – junge wie erfahrene - waren angetreten, die Musik der Komponisten aufzuführen.
Vernünftiges Schwelgen
Die drei Romanzen hat Clara Schumann in enger Abstimmung mit dem damals noch jungen Geiger Joseph Joachim mehrfach überarbeitet. Die Komponistin war berühmt als virtuose Pianistin. Sie reiste umher, auch um das Geld für die Familie zu verdienen, als Ehemann Robert als Verdiener ausfiel.
Dieses famose Klavierspiel der Pianistin hat nicht direkt auf die Gestalt der drei Romanzen der Komponistin Clara Schumann abgefärbt, meint Elena Bashkirova. Die sind einfach nur innig und schön. Oder es ließe sich "vernünftiges Schwelgen" nennen, was die Komponistin Clara Schumann in diesen Romanzen ausgedrückt hat.
Zwei romantische Paare
Zwei Paare prägen das Bild der musikalischen Romantik in Deutschland – Clara und Robert Schumann, ein Ehepaar, beide haben komponiert. Genau so wie Fanny und Felix Mendelssohn Bartholdy, ein beinahe symbiotisches Geschwisterpaar. Spannungsfrei war das Verhältnis der berühmten Männer zum Komponieren ihrer Gattin bzw. Schwester nie.
Bei Fanny Hensel, geborene Mendelssohn Bartholdy, war es so, dass sie zeit ihres Lebens mit dem Bruder intensiv und streitbar die entstehenden Werke diskutierte. Später wurde häufig gesagt, sie habe sich vom Vorbild ihres Bruders und vom Übervorbild Beethoven nicht gelöst. Mihaela Martin findet solche Vergleiche wenig sinnvoll.
Ein Quartett mit epischer Breite
Das einzige Streichquartett Fanny Hensels beginnt mit einem sehr verhaltenen lyrischen Satz, ein virtuos rasantes fugendurchsetztes Allegretto folgt darauf. Die Romanze ist sehr vielfältig und nimmt großen epischen Raum ein. Sehr dynamisch und wirkungsvoll sorgt das Final-Rondo für einen würdigen Abschluss. Das Streichquartett Es-Dur von Fanny Hensel spielen in unserer Aufnahme vier Akademisten der Barenboim-Said Akademie in Berlin.
Plakative Einsamkeit
Einen herben Kontrast zu den drei romantischen Werken bildet die 5. Klaviersonate Galina Ustwolskajas aus den 1980er Jahren. Die sowjetische Komponistin hat in Leningrad gewohnt und ihren Stil von Jahr zu Jahr verknappt und in gewisser Weise radikalisiert. Ihre Einsamkeit habe sie plakativ in ihren Werken verarbeitet, ja sie sei Misanthropin gewesen, meint die Pianistin Elena Bashkirova.
Ihre hermetische, dynamisch extrem wechselhafte Tonsprache habe sehr wenig mit den sowjetischen Verhältnissen zu tun, meint die Pianistin, denn Galina Ustwolskajas Musik war in der Sowjetunion quasi unbekannt. Auf jeden Fall hat sich Elena Bashkirova versenkt in diese kompromisslose Musik, die ohne jedes Gesprächsangebot, ohne eine ausgestreckte Hand, ohne einen offenen Blick auskommt.
Das tiefe Register gestärkt
Das Klavierquintett a-Moll Nr. 1 schrieb Louise Farrenc um 1840. Es steht auf der Höhe der Zeit und zeigt ihre Originalität. Festivalleiterin Mihaela Martin hat es auch deshalb in dieses Programm aufgenommen, weil es instrumental speziell besetzt ist – mit einem starken tiefen Register mit Cello und Kontrabass und einem virtuos solistischen Klavier.
Es hat vier Sätze und beginnt gleich mit einem sehr tänzerischen, sehr ausführlichen Kopfsatz. Das Adagio ist lyrisch und gesanglich, beginnt sehr romantisch mit einer Cello-Cantilene. Das leicht-hüpfende Scherzo ähnelt dem einer klassischen Sinfonie. Dramatisch und umfassend ist die Aussage im ruppig-wandernden Schlusssatz, der aber leise und zart endet, ohne Pathos.
Kursaal Bad Honnef
Aufzeichnung vom 26. Juni 2021
Aufzeichnung vom 26. Juni 2021
Clara Schumann
Drei Romanzen für Violine und Klavier op. 22
Drei Romanzen für Violine und Klavier op. 22
Fanny Hensel
Streichquartett Es-Dur
Streichquartett Es-Dur
Yamen Saadi, Jamila Asgarzade, Violine
Katrin Spiegel, Viola
Assif Binness, Violoncello
Galina Ustwolskaja
Klaviersonate Nr. 5
Klaviersonate Nr. 5
Elena Bashkirova, Klavier
Louise Farrenc
Klavierquintett Nr.1 a-Moll op. 30
Klavierquintett Nr.1 a-Moll op. 30
Ragnhild Hemsing, Violine
Razvan Popovici, Viola
Pablo Ferrandez, Violoncello
Robert Grondzel, Kontrabass
Shaghajegh Nosrati, Klavier