Rolf Dobelli: "Die Kunst des guten Lebens. 52 überraschende Wege zum Glück", Piper-Verlag, 20 Euro.
Ratschläge für den Weg zum Glück
Ratgeber sind das Steckenpferd des Schweizer Bestsellerautors Rolf Dobelli. In seinem neuen Buch "Die Kunst des guten Lebens" bietet er einen Werkzeugkasten mit 52 Beispielen an, die überraschende Wege zum Glück weisen.
Jeder sollte in seinem Kompetenzkreis bleiben, lautet einer der 52 Ratschläge des Schweizer Bestsellerautors Rolf Dobelli für ein besseres Leben. "Dieses Gedankenmodell des Kompetenzkreises ist übrigens nicht von mir, das ist von Warren Buffett, also einem der reichsten Menschen der Welt", sagte Dobelli im Deutschlandfunk Kultur. "Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto stärker ist dieses Bild in mir verhaftet, dass man wissen muss, wo hat man wirklich überdurchschnittliche Fähigkeiten und dann diesen Kreis nicht zu verlassen."
Grenzlinien des Kompetenzkreises kennen
Es sei weniger wichtig zu wissen, wie groß dieser Kreis sei, aber extrem wichtig, zu wissen, wo die Grenzlinie dieses Kreises verlaufe. Es sei wichtig, der Gefahr zu widerstehen, aus Langeweile etwas ganz anderes zu machen. "Die Langfristigkeit, die unterschätzen wir meistens." Dobelli machte aber ausdrücklich deutlich, dass diese Regel nicht für junge Leute gelte, denn es sei am Anfang des Werdegangs wichtig, verschiedene Stichproben zu nehmen, um seinen Kompetenzkreis zu finden. Aber wenn man diesen gefunden habe, lohne sich die Konzentration darauf. (gem)
Das Interview im Wortlaut:
Dieter Kassel: Nach einer wirklich erfolgreichen Karriere in Wirtschaft und Industrie, nachdem er in vielen Unternehmen erfolgreich gearbeitet und sogar einige selbst gegründet hatte, da hat der Schweizer Rolf Dobelli angefangen, Bücher zu schreiben – zuerst Romane, dann auch Sachbücher –, und erfolgreich geworden ist er unter anderem mit Titeln wie "Die Kunst des klugen Handelns" und "Die Kunst des klaren Denkens". Diese Bücher waren große Erfolge. Insofern kann man von guten Aussichten ausgehen bei Rolf Dobellis neuestem Buch, das heute offiziell erscheint: "Die Kunst des guten Lebens". Über dieses Buch und Gedanken dahinter wollen wir jetzt mit ihm sprechen. Schönen guten Morgen, Herr Dobelli!
Rolf Dobelli: Guten Morgen!
Kassel: Woher kommt eigentlich bei Ihnen dieses Bedürfnis, Ratschläge zu erteilen?
Dobelli: Ich schreibe die Bücher immer für mich selbst. Das war bei den Vorgängerbüchern so und das war jetzt auch bei "Der Kunst des guten Lebens" so. Ich stelle mir eine Frage, was ist das gute Leben, wie kriegt man das hin, mache dann einige Forschungen, gehe dann rein, was haben die griechischen Philosophen darüber geschrieben, die römischen Philosophen, was hat man im Mittelalter darüber gedacht, was gibt es Neues aus der Psychologie, aus der Forschung, trage dann das zusammen für mich selbst, und wenn ich für mich selbst Klarheit habe, dann ist dann meistens der nächste Schritt, dass ich versuche, eine Kolumne zu schreiben.
Das ist eine wöchentliche Kolumne. Das war früher in der "FAZ", jetzt im "Handelsblatt" über die Kunst des guten Lebens, und wenn man eine Kolumne schreibt, ist man auch gezwungen, wöchentlich dann diese Gedanken zu Papier zu bringen. Das ist auch ein guter Kniff, weil man dann wirklich diesen Rhythmus vorgegeben hat, und am Schluss, wenn dann diese Kolumnen geschrieben sind, gibt es ein Buch draus, aber der erste Impuls ist immer für mich, die Klarheit zu haben, was heißt das, was ist die Kunst des guten Lebens, was bedeutet gutes Leben.
Denkmodelle selber ausprobiert
Kassel: Was machen Sie denn, wenn Sie auf Erkenntnisse zum Beispiel aus der Psychologie stoßen oder auch aus der Philosophie? Sie haben selber schon angedeutet, was unter anderem Ihre Quellen sind. Wenn Sie auf so eine Erkenntnis stoßen und dann sagen, ja, das mache ich selber in meinem Leben nicht so, und ich habe auch den Verdacht, wenn ich das machen würde, würde das gar nicht funktionieren.
Dobelli: Ich probiere es natürlich aus. Also dieses Buch hat fünf Jahre gedauert zum Schreiben respektive für das Material zusammenzufassen. Da habe ich viele dieser Denkmodelle selber ausprobiert. Ich habe natürlich auch in der Forschung geschaut, wie funktionieren die bei anderen Menschen, und ich fange dann an, sie anzuwenden, und wenn sie funktionieren, umso besser. Diese 52 Denkmodelle hier in der "Kunst des guten Lebens", die funktionieren wirklich.
Kassel: Ich habe das Buch gelesen und natürlich bei einigen Sachen mir gedacht, ja, ja, aber bei manchen denkt man sich auch selber hm, hm, und bei einer habe ich gesagt, ja, da bin ich noch gar nicht drauf gekommen, aber das halte ich für sehr zutreffend: Das ist der Hinweis, man solle in seinem eigenen Kompetenzkreis bleiben.
Vereinfacht ausgedrückt sagen Sie da ja, man sollte versuchen bei dem, was man kann, und Sie geben selber zu, das ist bei den meisten Menschen eine bestimmte Sache, und es sind nicht hunderte, bei dem, was man kann, so gut wie möglich zu werden, anstatt bei dem, was man nicht kann, mit ganz viel Arbeit höchstens Mittelmaß zu erreichen. Aber fängt nicht zum Beispiel da das Problem schon viel früher an, nämlich sich bewusst zu werden, was man eigentlich kann?
Dobelli: Ja, das ist in der Tat so, aber dieser Kompetenzkreis, also dieses Gedankenmodell des Kompetenzkreises ist übrigens nicht von mir, das ist von Warren Buffett, also einem der reichsten Menschen der Welt. Aber er spricht oft von diesem Kompetenzkreis. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto stärker ist dieses Bild in mir verhaftet, dass man wissen muss, wo hat man wirklich überdurchschnittliche Fähigkeiten und dann diesen Kreis nicht zu verlassen. Es ist nicht so wahnsinnig wichtig, wie groß dieser Kreis ist. Aber es ist extrem wichtig zu wissen, wo die Grenzlinie verläuft dieses Kreises und dann nicht diese Grenzlinie zu verlassen.
Wenn man da drin ist, wird man überdurchschnittlich gut, man erreicht ein gewisses Maß an Meisterschaft und wird dann auch erfolgreich in dem, was man tut. Aber die Gefahr ist immer, dass wir sagen, ja, jetzt ist mir langweilig, jetzt mache ich mal was ganz anderes, und dieser Gefahr müssen wir widerstehen, weil die Langfristigkeit, die unterschätzen wir meistens. Die Kraft, lange an einem Thema zu bleiben, lange an eine Karriere zu arbeiten, die unterschätzen wir meistens.
Komprimieren von guten Ideen
Kassel: Nun könnte ich natürlich ganz böse sagen, aber daran haben Sie sich doch selber nicht gehalten. Sie waren erfolgreich in Unternehmen tätig, Sie haben investiert, selber auch nicht ganz so erfolgreich wie Warren Buffett, aber Sie waren auf der Ebene der Wirtschaft ein erfolgreicher Mann und haben dann gesagt, jetzt schreibe ich mal einen Roman. Ich meine, das klingt auf dem ersten Blick nicht nach im Kompetenzkreis bleiben.
Dobelli: Ja, aber wenn Sie die Geschichte anschauen von mir jetzt, ohne dass ich groß über mich reden möchte, aber ich habe eine Firma gegründet, die mit Buchzusammenfassungen großgeworden ist. Das war vor fast 20 Jahren, und dieses Zusammenfassen, dieses Komprimieren von guten Ideen, das hat sich durchgezogen durch mein Leben. Wenn man den Kompetenzkreis so anschaut, ist es wirklich der Fall, dass ich den nicht verlassen habe, zumindest nicht in den letzten 20 Jahren.
Natürlich, am Anfang des Lebens muss man Stichproben machen. Das ist auch ein Thema, das ich beschreibe. Man macht zu wenig Stichproben ins Leben, zu schauen, wo passt es einem wirklich gut. Die meisten Menschen beginnen dann mal eine Karriere, und dann sind sie in einer bestimmten Branche drin und laufen dann durch, und wir tendieren dazu, viel zu wenige Stichproben aus dem Leben zu ziehen, hier mal drei Wochen schnuppern gehen, hier mal zwei Wochen, in den jungen Jahren, aber wenn man es dann mal gefunden hat, bleiben Sie in Ihrem Kompetenzkreis.
Value Investoren als Ideal
Kassel: Mich hat nicht gewundert, dass Sie vorhin – weil das ja auch zum Thema passt, zum Thema Kompetenzkreis – Warren Buffett erwähnt haben. Mich hat aber bei Ihrem Buch dann doch insgesamt gewundert, dass … Ich war zu faul, ehrlich gesagt, ich habe nicht nachgezählt, aber vom Gefühl her würde ich sagen, von den 52 Kapiteln kommt in über 20 Warren Buffett vor. Warum, glauben Sie, dass gerade ein erfolgreicher Investor so ein Vorbild sein kann, was das gute Leben angeht?
Dobelli: Also es sind jeweils Warren Buffett oder der Charlie Munger, das ist seine rechte Hand.
Kassel: Wollte ich sagen, sein wichtigster Mitarbeiter.
Dobelli: Nicht Mitarbeiter, der ist auch Milliardär.
Kassel: Ja, gut, kann man auch noch arbeiten.
Dobelli: – er ist auch ein Superinvestor, vermutlich noch ein bisschen smarter als der Warren Buffett. Es hat sich rausgestellt – und das wusste ich tatsächlich nicht, als ich dieses Buch geschrieben habe –, dass es eine bestimmte Gruppe von Menschen gibt, die eigentlich das stoische Ideal verkörpern, so wie das die griechischen und römischen Philosophen, Seneca und Marcus Aurelius und so verkörpert haben. Das sind diese Value-Investoren. Die lassen sich nämlich nicht beeinflussen durch irgendwelche Börsenhypes, die lassen sich nicht beeinflussen durch irgendwelche Massenmedien. Wenn die Geld verlieren, bleiben die ruhig, wenn die Geld gewinnen, bleiben sie ruhig. Das bedeutet ihnen relativ wenig.
Das ist eine Menschengruppe, diese Value-Investoren, nicht die nervösen Tradists, und diese Value-Investoren, diese langfristigen, ruhigen Investoren, die dieses stoische Ideal verkörpern. Diesen Link, den habe ich gar nicht gewusst früher, und das war so ein Heureka-Moment für mich, dass man sagen kann, es gibt drei Arten von Quellen zum guten Leben. Das eine, wir können lernen aus der griechisch-römischen Philosophie, da haben die Leute 500, 600, 700 Jahre über das gute Leben nachgedacht. Da ist viel guter Stoff drin.
Dann gibt es eine Menschengruppe, die das verkörpern oder nahe ans Ideal kommen. Dann gibt es sehr, sehr gute Forschung aus der Psychologie, aktuelle Forschung, die auch wieder diese Sachen der alten Griechen und Philosophen unterstützen. Zusammen kommt man dann wirklich zu einem, ich nenne es eine Art Werkzeugkasten von Denkwerkzeugen für das gute Leben. Es gibt nicht nur ein Werkzeug, sondern es gibt viele Werkzeuge, und je nach Situation kann man da ein oder zwei Werkzeuge rausnehmen, um das Leben zu verbessern.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.