Das gesamte Gespräch mit Ferdos Forudastan hören Sie hier:
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"Die Fokussierung auf das Thema ist ein Teil des Problems"
Krieg und Frieden, Arm und Reich, Sicherheit und Unsicherheit: Die großen Fragen der Migration kommen in der aktuellen Asyldiskussion viel zu kurz, meint die Journalistin Ferdos Forudastan. Sie wirft einen selbstkritischen Blick auf die Berichterstattung.
Geben die Medien der politischen Krise rund um das Thema Asyl zu viel Aufmerksamkeit? Diese Frage stelle sie sich fast jeden Tag, bekennt die Innen-Ressortleiterin der "Süddeutschen Zeitung": "Ich bin der Meinung, dass die Fokussierung auf dieses Thema Asyl, Flüchtlinge, Unionsstreit, Koalitionsstreit, Migration - nicht die Befassung, die Befassung ist richtig, es ist ein wichtiges Thema, es ist auch ein drängendes Thema - aber diese totale Fokussierung, so dass fast nichts anderes mehr Platz hat, dass das ein Teil des Problems ist."
Denn so bekämen viele Menschen das Gefühl, dass dies tatsächlich das drängendste Problem des Landes sei. "Das glaube ich aber nicht", so Forudastan. Seit dem Jahr 2015 habe sich schließlich "wahnsinnig viel verändert", die Flüchtlingszahlen seien "drastisch zurückgegangen".
"Nochmal eine Facette und nochmal eine Facette?"
Es liege "ein Stück weit" in der Hand der Journalisten, Konsequenzen daraus zu ziehen. Ganz ausklinken könnten sie sich nicht - und dies nicht nur wegen der Konkurrenzsituation unter den Medien:
"Wenn man sich jetzt anschaut: Wie steht die Koalition im Moment da? Das ist ja ein Ausfluss dieser Debatte. Spätestens das könnten wir nicht ignorieren. Aber ich glaube, wir tun gut daran, uns schon immer wieder selber zu überprüfen und zu fragen: Ist es jetzt wirklich nötig, dass ich heute nochmal eine Facette und nochmal eine Facette und nochmal eine Facette nachlege?"
Der Diskussion fehlt es an Tiefe
Die Diskussion werde von allen nicht in der Konsequenz und Tiefe geführt, wie sie geführt werden müsste, meint Forudastan. Statt sich den "größeren gedanklichen Wurf" vorzunehmen, hänge man sich stark an Fragen auf wie: Was sagt die CSU? Was sagt die Kanzlerin? Wie weit ist die CDU von ihr entfernt? Die Journalistin hält indes dies für entscheidend:
"Wie halten wir es überhaupt mit der Tatsache, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich und Krieg und Frieden und Sicherheit und Unsicherheit in der Welt so groß ist, dass Menschen immer versuchen werden, hierherzukommen? Und was bedeutet es in der Konsequenz für uns? Die Debatte, finde ich, kommt eher kurz."
Diese Fragen seien auch viel schwerer zu beantworten als "Bin ich jetzt für oder gegen irgendwelche Abschiebezentren?"
(bth)