Fabian Hischmann: Am Ende schmeißen wir mit Gold
Berlin Verlag, Berlin 2014
253 Seiten, 18,99 Euro
Brutale Gewalt als Neubeginn
Von einem 29-jährigen Lehrer, der lieber Tierfilmer sein möchte und am Trauma eines Raubüberfalls leidet, handelt Fabian Hischmanns Prosa. Nominiert für den Leipziger Buchpreis, bleibt seine erzählerische Kraft dennoch durchschnittlich.
Fabian Hischmanns Prosa fügt sich passgenau in die vom Journalisten Florian Kessler angezettelte Debatte um die selbstbezügliche Wohlstandssorgen-Literatur des deutschen Autoren Nachwuchses. Der Autor: vom Literaturbetrieb verwöhnt. Hischmanns Roman steht auf der Shortlist zum Leipziger Buchpreis. Der Protagonist seines ersten Romans: vom Leben thematisch unterfordert.
Maximilian Flieger, die Ich-Figur, ist ein 29-jähriger Lehrer. Was er tut, gefällt ihm nicht, wie er lebt, auch nicht. Drei Tatsachen quälen ihn. Er ist leidenschaftlicher Tierfilmer, aber doch nur Lehrer geworden. Er ist homosexuell, das isoliert ihn. Es gibt eine Schuld, die sich als Trauma in sein Gewissen eingelagert hat. Bei einem New York Besuch wurde er Zeuge eines Raubüberfalls und ist, statt das Mädchen zu retten, weggelaufen. Oft hört er ein "Peng“, das außer ihm niemand wahrnimmt.
Einzig geglückte Beziehung: zum Hund
Während der Sommerferien hütet Max, während seine Eltern in Kreta Urlaub machen, Haus und Hund. Der Hund ist das einzige Wesen, zu dem er eine störungsfreie Beziehung hat. Im Schwarzwaldort trifft er die Schulfreundin Maria wieder, die in ihn verliebt war, während er Jan begehrte. Jetzt versuchen Maria und Jan in einem Schwarzwaldhaus ein alternatives Leben. Die Ferientage vergehen, Max leidet an sich und seiner Langeweile, er trinkt zu viel, klickt sich durch Retro-Charts, hört ABBA und ähnliches, gerät in eine Autokontrolle, wartet darauf, dass sein Freund Valentin kommt. Stattdessen kommt die Polizei. Seine Eltern sind auf Kreta durch ein Feuer ums Leben gekommen.
Max, jetzt, wie er sich selbst nennt, das "verklemmte Waisenkind“, reist nach Kreta, lernt dort die Freunde seiner Eltern kennen, zieht sich in eine Art Gefühlstaubheit zurück, kümmert sich um die Beerdigung, geht nach Kreta zurück, hilft den Freunden in der Taverne und fasst den Entschluss, mit der Feigheit seines Lebens bei dem Raubüberfall aufzuräumen. Er fliegt nach New York. Er muss sich selbst erlösen. Er wird mit einer Pistole einen unschuldigen jungen Mann bedrohen. Jetzt mimt er den strammen Max und gibt sein Trauma an einen Unbekannten weiter. Als Besitzer des elterlichen Hauses und eines kleinen Vermögens kann Max den vom finanziellen Ruin bedrohten Freunden Maria und Jan helfen, und das tut er auch. Alles endet gut, das ist auch mal schön.
Ohne moralische Wertung
Fabian Hischmann fasst seine Beschreibungen in kurzen, adjektivarmen Sätzen zusammen. Er unterlässt eine moralische Wertung, deutet die brutale, kinogerecht erzählte New Yorker Gewaltszene im Park als die Voraussetzung für den Neubeginn. Dass Max damit einem Fremden einen Todesschrecken eingejagt hat, ist ihm egal. Er wird den Schuldienst schmeißen, Tierfilme drehen und möglicherweise auf die Filmhochschule gehen.
Weshalb Max, Sohn großzügiger Eltern, solche Ich-Störungen hat und sich wie ein beleidigter Einsiedler benimmt, wird nicht klar und lässt sich nur mit der verdeckt gehaltenen Homosexualität erklären. Hervorgehoben durch die Shortlist des Leipziger Buchpreises muss sich Fabian Hischmann von der Kritik das Urteil der erzählerischen Durchschnittlichkeit gefallen lassen.