J. J. Voskuil: Schmutzige Hände. Das Büro 2
Aus dem Niederländischen von Gerd Busse
Verbrecher Verlag, Berlin 2014
600 Seiten, 29,00 Euro
Geschichten aus dem Büro
Schlechter Kaffee und nervige Kollegen - aus dem Büroalltag gibt es kein Entrinnen. Auch deshalb hatte der holländische Autor J. J. Voskuil solchen Erfolg mit seiner Büro-Saga Ende der 90er-Jahre. Jetzt kommt Teil 2 auf den deutschen Markt.
Es ist eine Büro-Saga von enormem Ausmaß: Über 5.000 Seiten umfasst die Geschichte des Maarten Koning, der im Jahr 1957 als wissenschaftlicher Beamter in einem Amsterdamer Institut für niederländische Volkskultur angestellt wird. Dreißig Jahre lang wird Maarten in diesem Büro arbeiten, und der siebenbändige Romanzyklus "Das Büro" fängt seinen repetitiven, unproduktiven und an Absurditäten nicht eben armen Büroalltag aufs Komischste ein.
Alles gar nicht ausgedacht
Der 2008 verstorbene Autor Johannes Jacobus Voskuil wusste, wovon er schrieb, hatte er doch selbst dreißig Jahre lang am renommierten Meertens Instituut für Volkskultur gearbeitet. "Das Büro" gab und gibt es also wirklich, und auch die Mitarbeiter des Maarten Koning, Voskuils Alter Ego, haben reale Vorbilder. Dies sorgte in den Niederlanden in den späten 90er-Jahren, als die sieben Bände des Zyklus' in schneller Folge erschienen, für Erheiterung bei den Lesern – und für Aufregung bei Voskuils ehemaligen Kollegen, fühlte sich doch nicht jeder angemessen dargestellt. Einige der Betroffenen machten sich in Talkshows Luft, andere wiederum führten enthusiastische Lektürezirkel stolz durch ihr mit einem Schlag berühmt gewordenes Institut.
Die deutsche Übersetzung des Schlüsselromans ließ allerdings auf sich warten. Erst 2012 wagte sich der Beck-Verlag an die Herausgabe von "Direktor Beerta", den ersten der sieben dicken Bände. Schnell aber verließ den Verlag der Mut, und so schien es, als bliebe Band 1 ein Solitär auf dem deutschen Buchmarkt. Es ist daher ein großes Glück, dass der deutlich kleinere, aber sehr ambitionierte Verbrecher-Verlag das verwaiste Projekt inzwischen adoptiert hat. Und mit ihm auch den rührigen Übersetzer Gerd Busse, der sich tief in den Bürokosmos des J. J. Voskuil eingearbeitet hat.
Institutsgeschichten aus den 60er- und 70er-Jahren
So konnte jetzt der zweite Band der Büro-Saga erscheinen. Er heißt "Schmutzige Hände", und er erzählt von den Jahren 1965 bis 1972. In dieser Zeit setzt das Institut seine kleinteiligen Forschungen zu Volksfesten und Volksliedern fort und weitet sein diffiziles Karteikartensystem aus. Es wird viel Kaffee gekocht, regelmäßig krank gefeiert und vorsichtig das "Du" angeboten. Außerdem wird Maarten Chef der Volkskunde-Abteilung, was dem ambitionslosen Mittvierziger aber gar nicht so lieb ist. Es passiert viel Kleines und wenig Großes; auch die politischen Kämpfe der späten sechziger Jahre tangieren das Institut kaum. Nur selten – etwa wenn an einer Stelle der Romans Buren aus dem Apartheidssüdafrika in Amsterdam nach ihren Wurzeln in der niederländische Volkskultur suchen – gibt es Spannungen unter den Volkskundlern.
All dies ist auf den ersten Blick kein eben spektakulärer Stoff für einen Roman. Voskuils Epos über die Welt der Angestellten gewinnt seinen Reiz in der Tat nicht aus sensationellen Inhalten, heroischen Figuren oder einem schwungvollen Spannungsbogen, sondern aus der absurden Komik, die in jeder bürotypischen Kommunikation liegt. Man muss kein Niederländer sein, um das zu verstehen, um sich köstlich zu amüsieren und ungeduldig auf weitere Bürogeschichten von J. J. Voskuil zu warten.