Sinnbilder des Absurden

Bestimmte Gegenstände tauchen bei Roman Signer immer wieder auf: Industriefässer, Drohnen und Kajaks. In seinen Videos fliegen häufig Stühle durch die Luft, mithilfe von Sprengkraft. Jetzt sind seine Installationen in Hannover zu sehen.
Zwei einander zugewandte Ventilatoren im Abstand von ein paar Metern. Dazwischen ein schwarzer Regenschirm. Bläst der eine Ventilator, entfaltet sich díeser Schirm, bläst der andere, schließt er sich wieder. Das ist alles. Christina Végh, Direktorin der Kestnergesellschaft:
"Natürlich kann man am Ende die Ventilatoren in einem übertragenen Sinne, wie das vielleicht viele Besucher tun, als zwei Personen sehen, die in einem Dialog oder in einem Widerstreit sind, oder als zwei Ideologien, die aufeinander treffen. Also man kann das Ganze weit offen betrachten."
"Natürlich kann man am Ende die Ventilatoren in einem übertragenen Sinne, wie das vielleicht viele Besucher tun, als zwei Personen sehen, die in einem Dialog oder in einem Widerstreit sind, oder als zwei Ideologien, die aufeinander treffen. Also man kann das Ganze weit offen betrachten."
"Ich mache keine Vorschriften"
Die oft verblüffend einfachen, phantasievollen Installationen des 80-jährigen Schweizer Künstlers Roman Signer regen zu vielerlei Interpretationen an - und genau dies ist seine Absicht, auch bei den Ventilatoren und dem Schirm:
"Man kann an klimatische Veränderungen denken oder an gesellschaftliche. Ich überlasse das dem Betrachter. Ich mache keine Vorschriften, wie man das lesen muss."
"Man kann an klimatische Veränderungen denken oder an gesellschaftliche. Ich überlasse das dem Betrachter. Ich mache keine Vorschriften, wie man das lesen muss."
Dabei wirken viele seiner Objekte und Aktionen wie Sinnbilder eines von Absurditäten und Widrigkeiten geprägten modernen Lebens. Leicht und spielerisch zeigen sich seine Arbeiten, sind unterhaltsam, gelegentlich slapstickhaft und wollen doch ernst genommen werden:
"Es hat schon eine existentielle Seite. Diese Arbeiten sind nicht nur Formen, es sind Aussagen – manchmal auch politische, ein wenig versteckt. Es ist also nicht nur eine formale Angelegenheit."
Seine Werke geben gerne Rätsel auf: wenn zum Beispiel in einem Video eine Drohne ein Waldgebiet in dichten blauen Rauch hüllt. Ein Hinweis auf Umweltgefahren? Oder doch eher ein Moment malerischer Magie? Aus jüngerer Zeit stammt ein kleiner Roboter, den man andernorts zum Rasen mähen einsetzen würde. Er hat im Kunsthaus seinen achtstündigen Arbeitstag. Ein folgsamer Arbeitnehmer, denn er bewegt sich innerhalb eines genau abgegrenzten Feldes. Dort hängt in der Mitte eine große Glocke. Kommt es zur Berührung, hat das unermüdliche, absurde Fahren des Roboters seinen Höhepunkt.

Der Schweizer Künstler Roman Signer © picture alliance / dpa / Stephanie Pilick
In einer bildhauerischen Tradition
Der Erlebniswert von Signers Werken ist beachtlich - als Performancekünstler versteht er sich aber nicht, auch wenn er in Ausstellungssälen und in seinen spektakulären Kurzvideos selber auftritt. Er sieht sich nicht in einer theatralischen Tradition, sondern in einer bildhauerischen. Der fügt er den Faktor Zeit hinzu, die Aktion, die Bewegung. Der Betrachter erlebt diese Dauer hautnah, wenn er vor den projizierten Szenen neugierig wartet und nicht so recht weiß, wann etwas passiert – und vor allem was.
So nimmt Signer in einem Video vor einer Staffelei Platz, setzt den Pinsel an. Es vergeht eine gewisse Zeit, dann explodiert hinter dem Künstler irgendein Objekt:
"Ich bin etwas quer zum Kunstbetrieb"
Ob er nun mit kindlicher Freude zündelt oder auf eine eher subtile Wirkung setzt, seine ungewöhnlichen Ideen haben ihm das Prädikat eines Kunst-Rebellen eingetragen:
"Man sagt das, ich selber empfinde mich nicht so. Ich bin natürlich etwas quer zum Kunstbetrieb. Ich mache, was ich will und was ich interessant finde."
Die Schau in der Kestnergesellschaft zeigt mit Signers neueren Arbeiten die große Bandbreite des Künstlers: neben dem erwarteten Krach stellt sich auch viel Poesie ein. Ein Spazierstock wurde an einem knallroten Heliumballon von einem Ventilator vorangetrieben und hat im Sand eine lockere Spur hinterlassen. Und in einer hölzernen Rotunde wurde ein Rad mit Sprühdose bewegt und hat gelbe Halbkreise an die Wände gebracht.
Die Schau in der Kestnergesellschaft zeigt mit Signers neueren Arbeiten die große Bandbreite des Künstlers: neben dem erwarteten Krach stellt sich auch viel Poesie ein. Ein Spazierstock wurde an einem knallroten Heliumballon von einem Ventilator vorangetrieben und hat im Sand eine lockere Spur hinterlassen. Und in einer hölzernen Rotunde wurde ein Rad mit Sprühdose bewegt und hat gelbe Halbkreise an die Wände gebracht.
Wendet sich Signer dem Kosmos zu?
Der Künstler hat die Möglichkeit zur großzügigen Inszenierung in Hannover genutzt. Darüber hinaus gibt es stilistisch Überraschendes zu entdecken. So kann der Besucher durch einen Korridor laufen, der links und rechts mit historischen Fotos vom Sternenhimmel beklebt ist. Wendet sich Signer in fortgeschrittenem Alter also dem Großen und Ganzen zu, dem Kosmos, der Schöpfung?
"Ja, das ist für mich schon eine neue Arbeit. Vielleicht ist das eine Alterserscheinung, dieser Blick auf die Schöpfung. Mich nur als Sprengkünstler wahrzunehmen, ist sehr einseitig. Das hier ist eine andere Seite von mir."
"Ja, das ist für mich schon eine neue Arbeit. Vielleicht ist das eine Alterserscheinung, dieser Blick auf die Schöpfung. Mich nur als Sprengkünstler wahrzunehmen, ist sehr einseitig. Das hier ist eine andere Seite von mir."