Dichterrätsel
In einer Nachdichtung von Paul Zech sprach Klaus Kinski das Gedicht "Ich hab mich in dein rotes Haar verliebt" von François Villon. 1431 in Paris als François de Montcorbier geboren, gilt Villon als bedeutendster Dichter des französischen Spätmittelalters. Seine Abenteuer als Scholar, Krimineller und Vagant verarbeitete er in vor allem in seinen beiden äußerst satirischen Testamenten. Seine Ballade "Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund" für das Mädchen Yssabeau hat es dank des deutschen Sängers Achim Reichel durch die britischen Bands Culture Beat und Franz Ferdinand sogar in die Rockgeschichte geschafft.
Liebe, Zorn und Wallungen
Rot steht für Blut, Liebe und Zorn: Gegensätze, die auf der anderen Seite aber auch eng miteinander verwandt sind. Unser Blut gerät sowohl bei der Liebe, als auch im Zorn in mächtige Wallungen. Werden sie zu heftig, sehen wir rot. Im Rätselmagazin am Karfreitag dreht sich alles um die Farbe höchster Symbolkraft.
Wissenschaft einmal beiseitegelassen, denn da ist Rot ja nur jener Farbreiz in den Wellenlängen oberhalb von 600 Nanometer, dann ist die Farbe Rot für Menschen ein Signalgeber, eine Warnung. Und da kommt die Wissenschaft wieder ins Spiel, denn bei den Säugetieren hat nur der Homo sapiens keine Schwierigkeiten rot zu sehen.
Rot: Es lodert hell, brennt heiß und warnt eindringlich. Wenn der rote Hahn auf dem Dach kräht, das Feuer ein Haus zerstört, welcher Betroffene sieht dann nicht ein rotes Tuch!? Mit eben jenem wedelt der Torero dem Stier vor den Hörnern rum, in der Hoffnung nicht auf selbige genommen zu werden und wohl wissend, der Stier erkennt die Farbe des Lappens nicht als "rot". Wissend (und hoffend), dass ihm nach dem ungleichen Kampf die roten Lippen seiner Herzensdame als Belohnung winken. Und die soll man ja küssen, wie schon Cliff Richard 1963 zu berichten wusste. Sollten jene roten Lippen allerdings einem anderen zugeneigt sein, könnte die britische Band UB40 und ihr "Red red wine" weiterhelfen:
Der rote, rote Wein
steigt mir zu Kopf
und lässt mich vergessen,
dass ich sie, noch immer begehr‘.
steigt mir zu Kopf
und lässt mich vergessen,
dass ich sie, noch immer begehr‘.
Die Farbe der Liebe
Irgendwann lässt auch die Wirkung des kräftigsten roten Weins nach und dann? Immer noch besser, als auf einer roten Liste zu landen und fortan zu einer bedrohten Spezies zu gehören. Wobei, dazu gehört der Liebeskummer wohl eher nicht.
Rot ist nun mal die Farbe der Liebe. Im alten Rom wurden die Bräute in rot flammendes Tuch gehüllt. Das Flammeum sollte Fruchtbarkeit und Liebe symbolisieren. Auch noch im 18. Jahrhundert heirateten reiche Bürgerinnen in roten Brautkleidern. Ein Brauch, der im Reich der Mitte noch immer existiert. Dort wird die Glückliche in einer roten Sänfte zur Zeremonie getragen, um ihrem Zukünftigen auf einem roten Teppich entgegen zu schreiten, damit er ihren roten Schleier lüften kann. Und wird den beiden dann ein Kind geboren, schenken die Nachbarn rote Eier als Zeichen des Glücks. Die so oft zitierte rote Rose, das Sinnbild von Liebe und Treue, soll der griechischen Sage nach aus dem Blut des Adonis gesprossen sein, nachdem dieser von einem wilden Eber bei der Jagd getötet worden war.
Macht über Leben und Tod
Das Christentum hat allerdings schnell Schluss gemacht mit Adonis und seinem Rosen-Blut. So richtig ausmerzen konnten sie den alten Glauben aber nie. Wie immer gab man ihm eine neue Bedeutung: Die rote Rose wird nun mit dem Kreuz und dem vergossenen Blut Christi verbunden. Rot wird zur Farbe der Märtyrer und symbolisiert die Macht über Leben und Tod. Christus wird in einen roten Mantel gehüllt und verkörpert nun Glaube, Liebe und Erfüllung. Er wird zum Göttlichen, der uns Menschen aus der Finsternis zum Licht führt. Auch darum werden in katholischen Kirchen die Altäre an Pfingsten rot geschmückt, dem Zeichen des Heiligen Geistes.
Die Alchemisten sahen im Zinnober und dem Quecksilber eine Vorstufe zum "Stein der Weisen", den sie auch "Roter Löwe" nannten. Der Rubin und auch der Granat sollen vor dem "bösen Blick" schützen, rotes Bettzeug vor Fieber und - der germanische Siegfried lässt grüßen - ein Bad im Blut eines erlegten Tieres soll unverwundbar machen. Aber welche Macht und Fähigkeit dieser Farbe auch zugeschrieben wird, die Liebe ist die alles Beherrschende, denn:
Rosen sind Rot,
Veilchen sind blau,
die schönste bist du,
dass weiß ich genau.
Veilchen sind blau,
die schönste bist du,
dass weiß ich genau.
Das britische Original dieses Liedes wurde 1784 veröffentlicht und kann sogar bis ins Jahr 1590 zurückverfolgt werden. In den fünf Gesängen "Die Feenkönigin“ schrieb Sir Edmund Spenser:
She bath'd her brest, the boyling heat t'allay;
She bath'd with roses red, and violets blew,
And all the sweetest flowres, that in the forrest grew.
She bath'd with roses red, and violets blew,
And all the sweetest flowres, that in the forrest grew.
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