Rotbraune Brühe
Der Spreewald lebt vor allem vom Tourismus, doch der Wirtschaftszweig ist in Gefahr: Rückstände aus stillgelegten Tagebauwerken gelangen in die Gewässer und färben das Wasser rostbraun. Gastwirte, Kahnbetreiber und Naturschützer kämpfen gemeinsam gegen die braune Flut.
Die kleinen Fließe im südlichen Spreewald sind weder klar noch blau, sondern rotbraun. Eine Altlast von 160 Jahren Braunkohleabbau.
Das Sesauer Fließ: eigentlich eine Idylle. Viel Grün, viel Wasser, keine Industrie."Kahnfahrten im Spreewald" steht auf einem Schild am Naturhafen Raddusch.
"Schönes Fleckchen hier."
"Die Leute sind nett und alles in Ordnung. Sehr angenehm überrascht sind wir!"
Aber es ist leider nicht alles in Ordnung, denn das Wasser ist nicht klar – es ist je nach Sichtweise bräunlich, rötlich, ocker. Die beiden Touristen aus Sachsen hat das aber nicht abgeschreckt.
"Wir haben’s im Fernsehen mal gesehen, ja. Aber wir waren jetzt nur hier in Raddusch, ist das eigentlich so uns aufgefallen. Wir waren in Lübben und Lübbenau, da ist es noch nicht so braun."
"Da ist mehr Wasser. Ja, da ist ja die Spree direkt auch da."
Noch hat die Verockerung, also die rostige Färbung des Wassers, nicht die Hauptspree erreicht, sondern macht sich in Anführungszeichen "nur" in den kleinen Fließgewässern südlich davon bemerkbar, wie hier in Raddusch.
Zwei Spreewaldkähne kommen von ihrer Fahrt zurück, 20 Passagiere in dem einen, 30 im anderen, auf den Tischen stehen Körbchen mit Schnäpsen und Likörchen. Diese Tagestouristen stört die Braunfärbung nicht:
"Ja, das hat uns am Anfang auch etwas überrascht, wir haben auch nachgefragt und äh, wir konnten leider – muss ich jetzt sagen - ganz vorne im Boot die Erklärungen nicht so gut verstehen."
"Nö, absolut nicht. Sechs Stunden sind wir gefahren, ach Gott, wo waren wir denn überall?"
"Ja wir sind zum ersten Mal hier. Es hat Spaß gemacht, das war ein schöner Tag, und die Ruhe, mit dem Boot, das kann man richtig gut genießen."
Denn nur selten müssen die Schiffsleute die Außenbordmotoren anwerfen. Traditionell staken sie die Spreewaldkähne mit langen Stangen durch die relativ flachen Gewässer. Wenn es hier tief ist, sind es zwei Meter bis zum Grund, manchmal sogar nur 20 Zentimeter. Einer der Fährmänner verabschiedet gerade seine Gäste:
"So, dann sagen wir Tschüss, war schön …"
"Tschüss, kommen sie gut nach Hause."
"Weiterhin gute Zeit, vor allem Geschäfte. Bleiben sie gesund!"
"Das wünsch ich ihnen auch von ganzen Herzen."
Die Verockerung gefährdet die ganze Region, die vom Tourismus lebt, sagt Fährmann Detlev Mecke:
"… wie Meckern. Bloß dass ich nicht meckere über die braune Spree."
Er ist auf die Berichte über die Wasserbelastung und Verfärbung nicht gut zu sprechen:
"Ich weiß, das wird zu laut geschrieen. Uns bleiben die Gäste langsam weg."
Das Sesauer Fließ: eigentlich eine Idylle. Viel Grün, viel Wasser, keine Industrie."Kahnfahrten im Spreewald" steht auf einem Schild am Naturhafen Raddusch.
"Schönes Fleckchen hier."
"Die Leute sind nett und alles in Ordnung. Sehr angenehm überrascht sind wir!"
Aber es ist leider nicht alles in Ordnung, denn das Wasser ist nicht klar – es ist je nach Sichtweise bräunlich, rötlich, ocker. Die beiden Touristen aus Sachsen hat das aber nicht abgeschreckt.
"Wir haben’s im Fernsehen mal gesehen, ja. Aber wir waren jetzt nur hier in Raddusch, ist das eigentlich so uns aufgefallen. Wir waren in Lübben und Lübbenau, da ist es noch nicht so braun."
"Da ist mehr Wasser. Ja, da ist ja die Spree direkt auch da."
Noch hat die Verockerung, also die rostige Färbung des Wassers, nicht die Hauptspree erreicht, sondern macht sich in Anführungszeichen "nur" in den kleinen Fließgewässern südlich davon bemerkbar, wie hier in Raddusch.
Zwei Spreewaldkähne kommen von ihrer Fahrt zurück, 20 Passagiere in dem einen, 30 im anderen, auf den Tischen stehen Körbchen mit Schnäpsen und Likörchen. Diese Tagestouristen stört die Braunfärbung nicht:
"Ja, das hat uns am Anfang auch etwas überrascht, wir haben auch nachgefragt und äh, wir konnten leider – muss ich jetzt sagen - ganz vorne im Boot die Erklärungen nicht so gut verstehen."
"Nö, absolut nicht. Sechs Stunden sind wir gefahren, ach Gott, wo waren wir denn überall?"
"Ja wir sind zum ersten Mal hier. Es hat Spaß gemacht, das war ein schöner Tag, und die Ruhe, mit dem Boot, das kann man richtig gut genießen."
Denn nur selten müssen die Schiffsleute die Außenbordmotoren anwerfen. Traditionell staken sie die Spreewaldkähne mit langen Stangen durch die relativ flachen Gewässer. Wenn es hier tief ist, sind es zwei Meter bis zum Grund, manchmal sogar nur 20 Zentimeter. Einer der Fährmänner verabschiedet gerade seine Gäste:
"So, dann sagen wir Tschüss, war schön …"
"Tschüss, kommen sie gut nach Hause."
"Weiterhin gute Zeit, vor allem Geschäfte. Bleiben sie gesund!"
"Das wünsch ich ihnen auch von ganzen Herzen."
Die Verockerung gefährdet die ganze Region, die vom Tourismus lebt, sagt Fährmann Detlev Mecke:
"… wie Meckern. Bloß dass ich nicht meckere über die braune Spree."
Er ist auf die Berichte über die Wasserbelastung und Verfärbung nicht gut zu sprechen:
"Ich weiß, das wird zu laut geschrieen. Uns bleiben die Gäste langsam weg."
"Rotfärbung schreckt Touristen ab"
Denn die Braunfärbung ist ein Problem ästhetischer Art, an manchen Stellen sieht es aus, als ob die Flüsschen Durchfall haben. Das schreckt Touristen ab. Das hat Mecke auf einer Reisemesse gemerkt, als er Werbung für seine Kahnfahrten machen wollte:
"Bei euch braucht man ja nicht hinkommen, da ist ne dreckige Spree. Da hat man doch schon ganz schön Lobbyarbeit zu leisten. Um den Leuten das zu erklären. Und äh, ich sage mal: auch vernünftig rüberzubringen. Man muss es erklären. Man muss es auch versuchen, normal zu erklären. Man darf nicht bloß schimpfen, buldern und meckern. Sondern bissel fachlich erklärt, vernünftig, dann verstehen die das. Ist okay. Damit können wir leben, wird sich ja irgendwann klären die Sache."
Gegenüber vom Kahnhafen liegt ein Hotel. "Der Spreewaldhof Raddusch wurde direkt am Wasser angelegt und um 1294 erstmalig urkundlich erwähnt", informiert eine Tafel die Besucher.
Drinnen im Saal informieren sich die näheren und ferneren Anwohner der Gegend, denn betroffen sind jetzt das Sesauer Fließ und die anderen kleinen Flüsschen ganz im Süden Brandenburgs. Läuft es aber schlecht, dann geht es um den gesamten Spreewald: 900 Quadratkilometer, das entspricht anderthalbmal der Fläche von Berlin. Da muss doch etwas passieren, dachten sich Tourismusverband und Bürger. Sie haben deshalb ein Aktionsbündnis mit dem Namen "Klare Spree" gegründet. Sie wollen aufklären, aber auch Taten sehen. Peter Stephan, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Spreewald und Beirat des Aktionsbündnisses:
"Wichtig war für uns auch, dass die Geheimniskrämereien um Unterlagen, Studien, Messdaten jetzt alle im Netz stehen, was eigentlich Usus ist, da alle Dinge aus Steuergeldern finanziert wurden. Wir haben jetzt einen Überblick und wissen natürlich auch um die Komplexität dieses Problems."
Die Anwohner haben große Sorge, dass die Verockerung der Spreewaldzuflüsse langfristig zu gravierenden ökologischen und ökonomischen Beeinträchtigungen der Region führt. Wenn die Flüsse unansehnlich bleiben, bleiben die Touristen weg. Weg bricht dann hier ein Hauptwirtschaftszweig. Schuld an der Verfärbung ist Eisenhydroxid, das vor allem aus den stillgelegten Braunkohlegebieten der Lausitz stammt. Da steigt das Grundwasser wieder und wäscht es aus. Im Bündnis sind aber nicht nur Gegner der Kohleverstromung versammelt. Stilllegung oder Ausstieg aus dem Tagebau gehört nicht zu den Forderungen der "Klaren Spree". Dennoch bereitet Stephan auch der aktive Bergbau in der Lausitz Sorgen:
"Man hat sich auch hier geirrt in der Behandlung der ehemaligen Tagebaue. Und wir wollen natürlich auch, dass Vattenfall notwendige Kapitalrückstellungen in seinen Bilanzen aufweist, falls das Problem auch dort akut wird."
Dann bricht aber doch der Touristiker in ihm durch:
"Kahnfahrten sind weiter möglich. Wir wissen auch alle, dass Eisenockerfracht nicht - für den Menschen keinesfalls - schädlich ist. Bis jetzt haben wir den großen Verdünnungseffekt noch. Wir hoffen natürlich, dass durch die Niederschläge, die jetzt weniger werden, die Zuströme geringer werden, dass die Maßnahmen konsequent durchgeführt werden können und dass wir auch in der Öffentlichkeitsarbeit jetzt gemeinsam das Bewusstsein schärfen, dass - hier wurde sehr schnell reagiert."
Die Libelle ist in einigen Gebieten schon verschwunden
Isabelle Hiekel, ebenfalls vom Aktionsbündnis "Klare Spree" sieht das kritischer. Sie sagt: "Libellen gibt es in einigen Bereichen schon nicht mehr, aber das ist erst der Anfang":
"Fische - wir wissen, dass im Koselmühlenfließ sämtliche Fische ausgestorben sind. Da gibt es Untersuchungen dazu vom Anglerverband und von der unteren Fischereibehörde. Und wir wissen auch, dass im Vetschauer Mühlenfließ bei Untersuchungen zu Fischaufstiegsanlagen festgestellt wurde, dass sich die Fischfauna in den letzten sechs Jahren rapide verschlechtert hat, dass die Arten zurückgegangen sind, auch die Individuen zurückgegangen sind. Und es muss damit gerechnet werden, dass die Fischfauna auch dort ausstirbt, wenn da keine Maßnahmen ergriffen werden."
Die Ockerspree lässt sich nicht schönfärben. Eine Tafel gegenüber der Anlegestelle Raddusch klärt über die "Braunfärbung der Spreewaldfließe" auf: "Bergbauliche Beeinflussung der Wassergüte" , steht da als Überschrift. Und weiter im Text:
"Die im aktiven Bergbau anfallenden Grundwässer werden in Grubenwasseraufbereitungsanlagen aufbereitet und fließen in den Spreewald. Mit dem Grundwasserwiederanstieg verstärkt sich der Eintrag des braunen Eisenhydroxid in die Fließgewässer. Erhöhte Niederschläge wie 2010 und 2011 erhöhen die Belastung der Fließe, durch diffusen Eintrag der gelösten Anteile des Wassers."
Auch Fährmann Mecke weiß: Die Ursache liegt im Bergbau. Auch der Ort, der dem Sesauer Fließ seinem Namen gab, wurde vor vielen Jahrzehnten weggebaggert:
"Das hat was mit dem Grundwasserwiederanstieg zu tun, das hat was mit der Grube zu tun – ehemaligen -, dass das Grundwasser so lange weg war, dass die Schichten, wo das Raseneisenerz gelagert war, über Jahrzehnte nicht bespült waren und heute eben in einer großen Masse hier einströmt dadurch, nicht."
Auch die Brandenburger Landtagsabgeordneten sorgten sich um den Zustand der Spree, diskutierten, wie dem Problem begegnet werden kann. Aufgeschreckt durch negative Presseberichte, schlug die SPD-Abgeordnete Martina Gregor-Ness, die im Aufsichtsrat des Braunkohlekonzerns Vattenfall sitzt, vor:
"Ich bitte auch die Medien nicht weiter dramatische Bilder zu produzieren, weil das tut unserm Spreewald insgesamt nicht gut. Wir werden das verhindern, was es zu verhindern gilt, und deshalb würde ich um die sozusagen gute Entwicklung des Spreewaldes bangen, wenn wir weiter uns der Überdramatisierung der Vorgänge ergehen."
Dem schlossen sich die Parlamentarier aber nicht an. Sabine Niels, Sprecherin für Bergbau und Bodenschätze von Bündnis 90/die Grünen:
Der Ministerpräsident erklärt die Verockerung zur Chefsache
"Wir können die Bilder, die die Kahnfahrer ja auch teilweise der Presse präsentieren, nicht zurückhalten. Wir werden ab und an damit konfrontiert werden müssen, dass es die braune Spree gibt. Ich bin sehr froh, dass man jetzt erkannt hat, dass die Lausitz nicht nur die Kohleverstromung als Branche hat. Wir haben verschiedene Wirtschaftszweige. Wir haben den Tourismus in der Lausitz und im Spreewald, wir haben die Fischerei als Wirtschaftszweig. Wir brauchen ein Maßnahmepaket. Wir müssen die Landesregierung zum sofortigen Handeln auffordern, um das Problem der Verockerung und der Sulfatbelastung in den Griff zu bekommen."
Mit für Brandenburg ungewohnter Einmütigkeit und nach relativ kurzer Diskussion stimmten alle Fraktionen einem Antrag zu, in dem sie Sofortmaßnahmen fordern. Daraufhin machte Matthias Platzeck, Brandenburgs Ministerpräsident, die Verockerung zur Chefsache. Er lud nicht nur die verantwortlichen Kabinettsmitglieder seiner Landesregierung in die Staatskanzlei, sondern auch Vertreter von Behörden, Landkreisen und Kommunen sowie Bürgerinitiativen.
Sie diskutierten Maßnahmen, wie gegen die Verschmutzung der Spree vorgegangen werden kann.
"Das sind mechanische Maßnahmen: Sperren einzurichten. Wir haben über ganz praktische Dinge, die unter anderm Wasser- und Bodenverbände machen - nämlich Ausbaggern von Schlammlasten, die sich dort abgelagert haben - gesprochen. Wir haben über biochemische Verfahren und biologische Verfahren gesprochen. Aber in welchem Tempo das alles wirkt, bis zu dem Ziel: wirklich klare Spree, kann man heute seriös nicht sagen."
Die Landesregierung steht in Gesprächen mit der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) und dem Freistaat Sachsen. Im Rahmen eines Verwaltungsabkommens wollen der Bund und Brandenburg zwischen 2013 und 2017 insgesamt 587 Millionen Euro für die Bergbausanierung bereitstellen.
Sachsen ist mit den ehemaligen Braunkohleabbaugebieten Verursacher – aber noch nicht so problembewusst, sagt Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der sächsischen Grünen-Fraktion.
"Ich denke es ist ein ‚Augen zu’, dass es mehr das Nachbarland betrifft. Und daher darf ich sehr verwundert sein, wenn meine sächsische Staatsregierung sagt, dass sie auf die gleichen Punkte die in Brandenburg als gemeinsames Anliegen definiert worden sind, sagt, sie sehen keine Veranlassung."
Der Eisenocker muss gefiltert, ausgebaggert und deponiert werden. Die Wudritz, eines der hochbelasteten Fließe, wurde beispielsweise gerade entschlammt. Die ehemalige Grubenreinigungsanlage bei Vetschau ist wieder in Betrieb. Und die sauren Seen, die als Folge des Bergbaus entstanden sind, werden gekalkt, damit sich der pH-Wert hebt und das Wasser nicht mehr soviel Eisen aus der Erde löst und weiter trägt.
Zwischen Lichtenau und Kittlitz in der Lausitz: Man hört noch die Autobahn und schon die Vögel zwitschern. Hier liegt der künftige Lichtenauer See, der aus der Luft aussieht wie ein Seepferdchen. Künftig deshalb, weil der See noch das so genannte Restloch F ist, ein langer Schlauch, der sich entlang der A13 abwickelt. Die Bundesautobahn liegt auf dem Damm, der nicht ausgekohlt worden ist.
Ein paar Holzpaletten, ein paar Steine sind zur Befestigung aufgeschichtet. Volker Krause von der LMBV, der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft:
Sanierungsschiffe im Einsatz
"Wir haben hier in der Lausitz sehr viel Erde umgepflügt mit dem Braunkohlebergbau in der Zeit vor 1989. Das heißt, hier sind aus 40-50 Metern Tiefe Abraumschichten über Brückentechnologien, über Baggertechnologien umgewälzt worden, belüftet worden, und in diesen Abraumschichten finden sich alle natürlichen Mineralien wieder wie Schwefel und Eisen. In großer Konzentration, wie sie hier in der Lausitz halt vorkommen. Und wenn dann später das Grundwasser wieder ansteigt, und durch diese Kippen sich langsam hindurchbewegt, nehmen diese Wassertropfen auch Bestandteile mit aus diesen mineralisch gelösten Dingen und bilden Eisenhydroxid. Und wenn es dann wiederum in Wasser, in Fließgewässer, in unsere Restlöcher gelangt, setzen weitere chemische Prozesse ein, es kommt Sauerstoff hinzu durch diese Prozesse so dass wir dann saure Gewässer zu vergegenwärtigen haben. Dem man entgegenwirken muss mit einer Konditionierung, mit einer Bekalkung, beispielsweise."
Ein gelber und ein blauer Bagger stehen am Ufer, außerdem eine Dampfwalze.
Der Katamaran "Barbara" liegt am Schiffsanlieger. Länge fast 19, Breite etwas über fünf Meter.
"Das ist das sogenannte Sanierungsschiff"
,sagt Wolfgang Finzsch von der Firma Brain Brandenburg Innovations GmbH. Er steht mit seiner Geschäftsführerin Marita Dittrich auf dem Schwimmsteg aus Plastikelementen.
"Bisher war es ja so, dass über dem Wasser, das eingespritzt wurde, in großen Fontänen verteilt wurde, während dieses Schiff ja den Kalk unter Wasser einbringt. Und man muss sich ja vorstellen, dass das noch einige Jahrzehnte geht, bis dann irgendwann mal das natürliche Gleichgewicht so stabil ist, dass das nicht mehr notwendig ist. Dann sind die Seen ja – nicht nur dieser auch andere – in der Zwischennutzung. Da kann man ja schlecht zwischen den Badenden rumfahren und den Kalk verspritzen."
"Naja, sieht ein bisschen unglücklich aus."
"Dann brauch ich natürlich solche Vorrichtungen, die den relativ dezent einbringt."
"Richtig."
Schon vor einem Jahr haben sie hier gekalkt, von April bis August. Mit Kalksteinmehl und Kalkhydrat. Zu Beginn lag der pH-Wert bei 3, ziemlich sauer; erst ab 4,5 ist biologisches Leben möglich, wenn man mal von Bakterien absieht; bei 7 wäre das Wasser neutral. Finzsch wirft die Dieselmotoren an.
"Das Notstromaggregat ist dafür da, um letztendlich den Austrag über Schnecken und so weiter den Austrag zu steuern und dann hier die ganze Elektronik. Und hier sehen wir – wir haben eine Sonde hier drin –: Der pH-Wert ist zurzeit 6,72."
"Und der Auftrag lautet bis 8 zu kalken und dann noch ein bissel um basisch zu werden und damit – um eine Langzeitwirkung zu haben."
Ein großer, weißer, zylindrischer Kohlensäuresilo am Ufer steht senkrecht in den Himmel. Das CO2-Gas soll von unten in den See gepumpt werden.
Die Experten wollen ausprobieren, ob die Neutralisierung des Sees damit zusätzlich unterstützt werden kann. Volker Krause von der LMBV ist aber vorerst schon zufrieden:
"Mit unserer erst-initialisierenden Bekalkung mit dem Sanierungsschiff haben wir es erreicht, dass wir die natürliche Zirkulation hier stimuliert haben im See und damit, durch diese Kalkzugaben, eine gute Qualität im See – zumindest was den pH-Wert angeht – erreicht haben und den See damit neutralisiert haben."
Bedenklich hohe Sulfatbelastung
Der nächste Einsatzort für die "Barbara" steht schon fest. Nach dem Lichtenauer See soll der Schlabendorfer See bekalkt werden. In Luftlinie gleich um die Ecke, aber da es keine Wasserverbindung gibt, muss das Schiff dazu aus dem Wasser, über die Straßen transportiert und dann wieder eingesetzt werden. Das Eisenocker soll sich durch die Bekalkung auf den Böden der Seen in tieferen Bereichen absetzen. Das soll den Transport in Richtung Wudritz und Lorenzgraben unterbinden. Ob das gelingt, muss sich noch weisen, die LMBV hat vorsichtshalber 20 Jahre für Monitoring und Gütebehandlungen angesetzt. Das Monitoring, also die Überwachung am Lichtenauer See, läuft bis 2022. Das Geld dafür ist reichlich vorhanden – die LMBV ist eine Unterabteilung des Bundesfinanzministeriums.
"Also da muss ich widersprechen. Wir haben nicht Geld ohne Ende. Das hört sich zwar sicherlich viel an, was die Bundesländer und der Bund hier zur Verfügung stellen, das ist richtig. Der Bundeshaushalt steuert hier enorme Zuwendungen für die Verpflichtungslage des Bundes bei, der Bund ist als überkommener Bergwerkseigentümer verantwortlich für die Wiedernutzbarmachung nach dem deutschen Berggesetz und hat sich für diesen Zweck die LMBV gegründet"
,sagt Uwe Steinhuber, Sprecher der LMBV.
"Wir reichen für jede dieser Projekte Anträge ein, die einvernehmlich zwischen Bund und den Ländern in den Gremien dafür genehmigt werden. Für die Initialkalkung – das hängt sicherlich von der Größe eines Sees ab – können sie durchaus mit einer Million rechnen. Beim Schlabendorfer See gehen wir von über zwei Millionen aus, die allein der Ersteinsatz kosten wird. Wir rechnen dort mit einer Umsetzung von bis zu 35.000 Tonnen Kalk, Kalkhydrat, Kalkmehl – in welcher Einsatzfähigkeit dann auch für den See das zugeschnitten eingesetzt wird. Das heißt, es sind schon enorme Umsätze von Massen, die dort passieren, also ein sehr aufwändiges Projekt, in einer sehr großen Größenordnung."
Die Verockerung ist das eine Problem. Aber es gibt auch noch den Eintrag von Sulfat, einem Schwefelsalz. Das ist giftig, kann aber verdünnt werden, da es wasserlöslich ist. Doch stellenweise wurde schon eine Sulfatbelastung von 700 Milligramm je Liter gemessen. Der Grenzwert für Trinkwasser liegt bei 250. Schon 2009 hatte die Brandenburgische Landesregierung in einer Stellungnahme zur Belastung des Spreewassers in Spremberg angegeben, dass die Konzentration in den Fließgewässern der Spree die Trinkwassergewinnung beeinflusst. Gift, Dreck und Schlamm – keine guten Voraussetzungen für eine Region, die vom Fremdenverkehr lebt. Aber noch kommen die Touristen:
"Ich weiß nicht, ob das schädlich ist oder nicht schädlich."
"Ja wir haben hier Einheimische gefragt wegen Fischen, da hat der eine gesagt, hier gäb's keine Fische. Er hätte schon soundso lange was ins Wasser gehängt und kein Fisch."
"Leben und die Pflanzen im Wasser gehen wahrscheinlich auch kaputt."
"Jetzt wird ja zumindest begonnen, was zu machen."
"Naja! Aber vielleicht wird’s ja."
"Sie wollen ja was unternehmen."
"Also wir drücken den Spreewäldern die Daumen, dass es wieder klar wird und alles das, was ins Wasser reingehört auch wieder reinkommt."