Rote-Khmer-Prozess

"Völkermord lässt immer Fragen offen"

Lebenslange Haft für ehemalige Rote-Khmer-Anführer. Urteilsverkündung.
Lebenslange Haft für ehemalige Rote-Khmer-Anführer. © dpa / Mak Remissa
Die Anwältin Andrea Behm zweifelt daran, dass das kollektiv angelegte Verbrechen der Roten Khmer in Kambodscha jemals juristisch vergolten werden kann. Behm hatte Juristen für das Völkermordtribunal dort ausgebildet. Lediglich zwei Funktionäre der Roten Khmer wurden zu lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Die Urteile gegen zwei ehemalige Anführer der Roten Khmer in Kambodscha sind nach Ansicht der Juristin Andrea Behm erwartungsgemäß ausgefallen. Auch die kambodschanische Gesellschaft habe von dem Völkermordtribunal in Phnom Penh erwartet, dass es lebenslange Haftstrafen gegen die beiden verhängt, sagte Behm am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur.
Die Verbrechen der Roten Khmer könne das Tribunal jedoch nie völlig aufklären, so Behm, die selbst Juristen für das Tribunal ausgebildet hatte. Denn Strafrechtsverfahren würden auf individuelle Strafbarkeiten schauen; Völkermorde indes seien kollektiv angelegte Massenverbrechen. Deshalb müssten Historiker, Künstler, Pädagogen und andere weiter aufklärerisch tätig sein. Dennoch gebe das Sondertribunal Impulse zur Aufarbeitung und fördere viele historische Fakten zutage.
Die Erwartungen der Kambodschaner an die Rote-Khmer-Strafprozesse seien insgesamt nicht allzu groß, sagte Behm. Denn nach dem Ende der Terrorherrschaft habe das Land 1979 selbst ein im Westen wenig bekanntes Volkstribunal eingerichtet, bei dem Tausende Zeugen aussagten. Zudem habe es in den 80er-Jahren in den Dörfern so etwas wie Wahrheitskommissionen gegeben. Behm wies vor allem darauf hin, dass siebzig Prozent der heute in Kambodscha lebenden Menschen diese Zeit nicht erlebt hätten und heute mit "Problemen des Überlebens beschäftigt" seien: "Ein Drittel der Gesellschaft lebt von 1,25 Dollar am Tag", sagte Behm.
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