Quellen:
Audio: Ludger Fittkau
Text: Ludger Fittkau / abr
Wertvoller CO2-Speicher vom Klimawandel bedroht
10:41 Minuten
Er ist eines der beliebtesten Ausflugsziele der hessischen Rhön: der Bohlenweg, der durch das Rote Moor führt. Und Moore sind wichtig für das Weltklima, doch sie sind durch den Klimawandel bedroht. Auch in der Rhön fehlen die Niederschläge.
Ein Waldweg am Rande des Roten Moores in der hessischen Rhön. Das Moor liegt auf rund 800 Metern Höhe und ist 50 Hektar groß – das sind rund 70 Fußballfelder. Ein Bohlenweg führt durch einen Birkenwald und über feuchte Torfmoorflecken zu einem Aussichtsturm am Rande des Areals, an dem noch bis vor wenigen Jahrzehnten Torf abgebaut wurde.
Der Bohlenweg, auf dem man in rund 30 Zentimetern Höhe trockenen Fußes durch das Rote Moor wandern kann, ist eines der beliebtesten Ausflugsziele der hessischen Rhön.
Der gesamte Bohlenweg ist mit Infotafeln bestückt. Die Texte auf den Tafeln gehen maßgeblich auch auf die Arbeiten von Franz Müller zurück. Der 82 Jahre alte Biologe lebt ganz in der Nähe des Roten Moores und kennt es bereits seit seiner Jugendzeit. Er hat mehrfach zur Flora und Fauna des Naturschutzgebietes publiziert.
"Diese Hochmoore, die haben den Namen nicht deswegen, weil so hoch in den Mittelgebirgen oder sonst wo liegen, sondern weil so hoch wachsen", erklärt er. "Und das ist eines von den Mooren in den Kammlagen der Mittelgebirge. In der Rhön haben wir einige in den Hochlagen." Darunter das Rote Moor auf der hessischen Seite und beispielsweise das Schwarze Moor auf der bayerischen Seite.
Moor mit bis zu acht Metern Höhe
Franz Müller hat zu seltenen Tieren, die hier leben genauso geforscht wie zu den Torfmoosarten, die es im Hochmoor gibt.
"In diesen Kammlagen-Mooren etwa um die 20, 25 Arten", sagt er. "Und dieses Hochwachsen geschieht dadurch, dass diese Pflanzen, die dort wachsen, nicht vollständig abgebaut oder zu Humus zersetzt werden. In einer Überflutung durch Regen, durch Niederschläge, die verhindern, dass die Pflanzen sich zersetzen können, gelangen die quasi unter Wasser, und dann folgt das nächste Wachstum und die werden nicht mehr zersetzt und die Reste bleiben dann erhalten."
Im Laufe der Zeit wachse dann das Moor langsam immer höher – über einen Zeitraum von mehreren Tausend Jahren kann ein solches Hochmoor bis zu acht Metern Höhe erreichen.
Joachim Schleicher ist Förster in der Rhön, er arbeitet beim hessischen Staatsbetrieb Hessenforst. Gleichzeitig engagiert er sich seit drei Jahrzehnten beim Umweltverband BUND.
Er kennt das Naturschutzgebiet Rotes Moor also aus verschiedenen Perspektiven gut: "Naturschutzgebiet Rotes Moor – da denkt man an ein riesiges Moor. Aber das Naturschutzgebiet Rotes Moor besteht aus vielen kleinteiligen Standorten."
Lange Trockenperioden sind problematisch
Die vielen kleinteiligen Standorte, die Joachim Schleicher vor Augen hat, entstehen, weil das Rote Moor wie das Glas einer Taschenuhr gewölbt ist: Bis vor rund 200 Jahren war es als typisches Hochmoor in der Mitte durch mehrschichtige Torfablagerungen höher als an den Rändern – dort leben etwa die Moosarten.
"Und diese Moore entstehen und werden gespeist durch Niederschläge", sagt Biologe Franz Müller. Deswegen droht der Klimawandel mit langen Trockenperioden für die Moore zum Problem zu werden.
Noch wächst an den flacheren, feuchten Stellen der Rhön-Hochmoore etwa die sogenannte Karpatenbirke – eine typische Moorbirkenart, unten der sich auch häufig Heidekräuter und Beerenbüsche wohlfühlen. Den nächsten Ring bilden ausgedehnte Buchen- und Fichtenwälder. Doch die leiden bereits seit Längerem stark unter dem Klimawandel, so Förster Joachim Schleicher.
Auf dem Bohlenweg geht es immer tiefer in den Karpatenbirkenwald am Rande des offenen Moorbereichs. Alle paar Hundert Meter sind hier weitere Infotafeln angebracht, die etwa über die Geschichte des Torfabbaus Auskunft geben. Sie begann hier im Roten Moor an der Wende des 18. zum 19. Jahrhunderts.
"Moore langfristig erhalten, ist schwierig"
Nach wenigen weiteren Minuten auf dem Bohlenweg taucht ein Aussichtsturm über den Baumkronen auf. Er steht am Rande der offenen Moorfläche, auf der bis Mitte der 1980er-Jahre der Torf gestochen wurde. Seitdem gibt es umfangreiche Sanierungsbemühungen.
Ein Bewohner der Rhön, der anonym bleiben will, macht sich jedoch große Sorgen, ob diese Renaturierungsprojekte hier wirklich greifen. Denn auch er weiß: Ein Moor braucht viel Regenwasser. Der Klimawandel steht dem entgegen.
"Ich denke, es wird schwierig werden, dass da langfristig noch die Moore erhalten bleiben. Zumindest im Sommer merkt man es ganz eindeutig, dass es sehr trocken ist", sagt er.
Moore binden mehr CO2 als Wälder
Dabei sind Moore wichtig für das Weltklima: Sie speichern mehr Kohlendioxid als jedes andere Ökosystem der Welt. Obwohl Moore nur drei Prozent der Erdoberfläche bedecken, speichern sie rund 30 Prozent des erdgebundenen Kohlenstoffs, sagt der Umweltverband BUND. Damit binden Moore weltweit doppelt so viel CO2 wie alle Wälder zusammengenommen.
Rhön-Förster und BUND-Aktivist Joachim Schleicher: "Ich glaube, in Deutschland ist das Problem nicht ganz so dramatisch, weil wir zumindest keine Moore mehr in Nutzland, in Agrarland, umwandeln. Aber selbst in der Europäischen Union gibt es das noch. Und meiner Kenntnis nach ist derzeit Finnland, glaube ich, der Haupt-Moorkiller in Europa."
Die Rundwanderung auf dem Bohlenweg im Roten Moor geht langsam dem Ende zu. Zurück am Wanderparkplatz ziehen einige, die die Runde absolviert haben, Bilanz.
"Der sinnliche Eindruck ist noch stärker als die Vorstellung", sagt einer. Und eine Wanderin schwärmt von der Naturbelassenheit. "Die Bäume werden ja nicht abgeräumt. Hier ist alles sehr ursprünglich – das ist cool."