(K)ein Teddy für Kate und William
Prinz William und Herzogin Kate sind in Berlin. Bei Fans der britischen Royals löst das erhabene Glücksgefühle aus - oder auch tiefe Enttäuschung, wenn der Kontakt zu den Berühmtheiten nicht so recht gelingen will.
"Wo sitzen sie denn drin, ach da ... Kate! William! The Teddy Bear!"
Gerhard Lindner drückt sich gegen eine rot-weiße Polizeiabsperrung und reckt einen Teddybären in die Luft, der bald halb so groß ist wie er selbst.
"Kate! William!"
Doch er steht etwas zu weit weg von Prinz William und Herzogin Kate, die vor dem Brandenburger Tor aus ihrer schwarzen Limousine steigen.
"Die hören gar nicht, Mensch, zu weit weg hier, so ein Mist."
Gerhard Lindner betreibt einen Souvenir-Pavillon auf dem Pariser Platz direkt vor dem Adlon-Hotel. Schon vor Wochen hat er den Teddybären für Kate und William bestellt und eigens eine schwarz-rot-goldene Schärpe bedrucken lassen, die er ihm umgehängt hat. In goldenen Lettern:
"Welcome to Berlin, William and Kate.”
Auch bei der Queen war Lindner präsent
Schon als die Queen vor zwei Jahren in Berlin war, stand er mit einem Teddybären am Gitter. Es gibt Fotos, die das bezeugen. Als William und Kate zum Wagen zurückkommen, schöpft Lindner noch einmal Hoffnung.
"Komm her, jetzt hat er ihn schon gesehen, aus deinem Auto, komm, komm! Ah!"
Die Enttäuschung steht Lindner ins glühend rote Gesicht geschrieben.
"Beide haben’s ja gesehen, und haben zugewunken, aber sind nicht ausgestiegen, schade, bin sehr enttäuscht, das hat die Königin nicht gemacht, die Oma, die hat den Bären entgegengenommen."
Wer macht so etwas? Wer steht mit Ende 60 stundenlang in der Sonne, um britischen Royals riesige Teddybären entgegenzuhalten?
Hausbesuch in Frohnau, einem beschaulichen Vorort im Norden Berlins.
"Einen wunderschönen guten Tag, kommen Sie rein."
Mischung aus Nippesladen und Popmuseum
Gerhard Lindners Wohnung ist wie eine Mischung aus Nippesladen und Popmuseum. Überall hängt, steht etwas herum, ein Filmplakat von Liz Taylor mit Original-Filmstreifen, der auf Knopfdruck leuchtet, eine Plastik-Jukebox, Motiv-Becher, riesige Karikaturen der Rolling Stones, ein Pappaufsteller von James Dean, goldene Plastik-Oscars.
Seine besonders kostbaren Stücke verwahrt Lindner in einem Glasschrank im Wohnzimmer.
"Oh, jetzt wäre sie mir beinahe runtergefallen – das ist die wunderschöne Teedose, die mal bei Harrods gemeinsam mit dem Buckingham Palast versteigert wurde. Also bin ich schon stolz und finde ich toll, ja."
500 Euro hat Lindner dafür bezahlt, zum 60. Thronjubiläum von Königin Elisabeth. Darauf das königliche Wappen auf rotem Grund, mit Blattgold verziert. Die britische Königsfamilie bewundert Lindner schon seit seiner Jugend.
"Weil ich bin auch so ein kleiner Träumer. Da möchte ich gern den Stress und den Alltag verdrängen. Das ist der letzte Märchenwald, den es noch bis heute gibt, so ein Königshaus. Da baumelt meine Seele letztendlich."
Die Brille auf Lindners Nase ist so knallbunt gesprenkelt, als müsse sie es mit dem Kram ringsherum aufnehmen. Dichte graue Löckchen kräuseln sich an den Seiten bis zur Schulter.
Paradiesvogel vom Pariser Platz
Er erzählt, dass manche ihn den "Paradiesvogel vom Pariser Platz" nennen. Seine eigenwillige Garderobe und die Devotionalien sind sein Leben – oder das, was davon geblieben ist.
Mit 20 eröffnete er in Berlin-Moabit einen Plattenladen.
"Dann habe ich ‘73 Verträge mit der DDR gemacht, mit der Plattenfirma Amiga."
Gerhard Lindner sicherte sich den Exklusivvertrieb der Amiga-Platten in der Bundesrepublik und holte die DDR-Musikgrößen zu Konzerten nach West-Berlin.
"Fast alle DDR-Künstler, von Puhdys bis Karat, Veronika Fischer war dann auch eine gute Freundin von mir später."
Für die guten Geschäfte zahlte er einen hohen Preis. Jahrelang wurde Lindner als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi geführt.
"Hat mich nie interessiert, ich wollte Geld verdienen, Showtime machen und eben Business machen."
Rock’n’Roll, Konzerttouren und Hotelbars
Lindner will nicht zulassen, dass dieser unrühmliche Teil seine Geschichte vom Musikbusiness trübt, vom Leben mit den Künstlern, vom Rock’n’Roll, den Konzerttouren und den Hotelbars. Es ist ohnehin wenig übrig geblieben davon. Denn als die Mauer fiel, zerbrach auch Lindners Geschäftsmodell.
"Mein großes DDR-Geschäft war natürlich erledigt, Künstleragentur, Plattenfirmen …"
Aus Postkarten und Mauersteinen baute Gerhard Lindner eine neue Existenz, aber an alte Zeiten kam das nicht heran. Viel mehr als ein Haufen Souvenirs ist ihm nicht geblieben. Nun ja, die Royals. Nur eines liebt er noch mehr als die: die Rolling-Stones.
"I can‘t get no satisfaction …"
Im September wolle er mit den Stones auf Europatour, erzählt Lindner. Und es klingt, als sei er Teil der Truppe.
"… and I try, try, try, try, try …”
Aber er reist einfach als Fan mit. An Mick Jagger und Keith Richards kommt man nämlich noch schlechter ran als an William und Kate.
"I can’t get no satisfaction … und so weiter.”