Stolzer Einzelgänger
Mit seinem Chefdirigenten Marek Janowski spielt das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ein Konzert zum 100.Geburtstag des französischen Komponisten Henri Dutilleux. Konstanze von Gutzeit, die Solocellistin des Orchesters, führt dessen Cellokonzert "Tout un monde lointain..." auf.
Ein Abend für Henri Dutilleux, den "van Gogh" der französischen Moderne, wie er bisweilen genannt wurde. Am 22. Januar 2016 wäre der französische Komponist 100 Jahre alt geworden. Vor drei Jahren starb er im biblischen Alter von 97 Jahren in Paris.
"Es ist mein Ziel, jedes Werk als lebendiges, organisches Ganzes entstehen zu lassen, und das ist natürlich unvereinbar mit den work-in-progress-Ideen einiger meiner Kollegen!" Mit derlei deutlichen Formulierungen hat sich der französische Komponist nicht nur Freunde gemacht. Kompositionsschulen haben Dutilleux nie interessiert, Systeme zur Ableitung von melodischen oder rhythmischen Figuren ebenso wenig – in dieser Hinsicht war Dutilleux ein Einzelgänger - ein Umstand, auf den er sein Leben lang stolz war.
"Métabole...Dieser Begriff aus der Rhetorik, angewendet auf musikalische Formen, verrät meine Absicht: Ich wollte einen oder mehrere Gedanken in einer Ordnung und unter verschiedenen Aspekten darstellen, bis hin zu einer schrittweise vollzogenen Veränderung ihres Wesens". Diese Aussage Dutilleux' ist nicht nur ein Beschreibung seines Orchesterwerks "Métaboles", sondern umreisst auch allgemein seine künstlerischen Strategien.
Dutilleux komponierte Subtiles - man muss sich darauf einlassen und es mit der Seele hören. Sein Cellokonzert "Tout un monde lointain..." vermittelt zwischen der Sprache Charles Baudelaires und Dutilleux' musikalischer Welt und schafft dabei eine Atmosphäre, die charmant zwischen feiner Ironie und süßer Melancholie changiert. Brillanter Klangsinn und handwerklich perfekte Raffinesse kommen hier zusammen - und man "hört" den Komponisten geradezu mit den Augen zwinkern!
Marek Janowski und das RSB eröffnen und schließen den Abend mit der Musik eines großen Landsmannes und Vorgängers von Dutilleux - Claude Debussy gehört mit seinen Skizzen über das Meer ("La Mer") zu den Lieblingen des Konzertpublikums. Die eröffnenden Fragmente über den Märtyrer Sebastian, der im alten Rom auf bestialische Weise gleich zweimal hingerichtet wurde, zeigen das dramatische Vermögen Debussys.
Live aus dem Konzerthaus Berlin
Claude Debussy
"Le martyre de Saint Sébastien" - Vier sinfonische Fragmente
Henri Dutilleux
"Tout un monde lointain..." - Konzert für Violoncello und Orchester
ca. 20:55 Uhr Konzertpause
Henri Dutilleux
"Métaboles" für großes Orchester
Claude Debussy
"La Mer" - Drei sinfonische Skizzen für großes Orchester
Konstanze von Gutzeit, Violoncello
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Marek Janowski