Korsische Antihelden
Dieser Konzertabend mit dem RSB unter Vasily Petrenko bot einige Helden: Einen Korsaren oder wilden Seeräuber, dann den korsischen Diktator Napoleon als Antihelden, aber auch Prometheus als große, verehrte Figur.
"Ist der auch nichts anderes als ein gewöhnlicher Mensch! Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten, nur seinem Ehrgeiz frönen!" - Der französische Diktator Napoleon ist gemeint - Ludwig van Beethovens Empörung über die "Amtsanmaßung" des körperlich nicht gerade großen Korsen ist überliefert, ja berühmt geworden. Dabei hatte Beethoven einst so große Stücke auf den Revolutionsvollender Napoleon gehalten. Für ihn schien der General zuerst ein aktueller Prometheus zu sein, dann kam aber die "selbstverordnete" Kaiserkrönung – der Komponist war außer sich vor Enttäuschung. So bleibt als echter Held seiner dritten Sinfonie - der Eroica - nur noch Prometheus, der antike Feuerbringer, der den Göttern trotzt.
In Hector Berlioz' Konzertouvertüre, mit der das RSB und Vasily Petrenko den Januarabend in der Philharmonie eröffnet haben, ist "Le Corsaire" (der Korsar oder Seeräuber) der Held - er stammt aus einem Versepos Lord Byrons, das 1814 ungemein erfolgreich war. Die Musik zieht ihre Hörer hinein in die von Stürmen gepeitschte See und verschafft gleichfalls Blicke in die Seele des unglücklichen, kämpferischen Menschen.
Zwischen den beiden Heldenbildern spielt die junge norwegische Virtuosin Tine Thing Helseth ein brillantes und elegantes Trompetenkonzert. Das stammt vom Mozartschüler und Haydnnachfolger Johann Nepomuk Hummel und ist sein populärstes Werk. Die Musikerin wird qua ihrer Aufgabe in diesem Fall zur musikalischen Heldin.
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 17. Januar 2016
Hector Berlioz
"Le Corsaire" - Konzertouvertüre op. 21
Johann Nepomuk Hummel
Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 ("Sinfonia eroica")
Tine Thing Helseth, Trompete
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Vasily Petrenko