Das Prinzip Hoffnung
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Zwei Mitglieder von Ruangrupa kommen als Gastprofessoren an die Hamburger Kunsthochschule. Das Kuratorenkollektiv ist seit der Documenta schwer umstritten. Die Hochschule hofft auf Lernprozesse und Klärung in der festgefahrenen Antisemitismusdebatte.
Mit Reza Afisina und Iswanto Hartono übernehmen zwei Mitglieder des indonesischen Documenta-Kuratorenkollektivs Ruangrupa Gastprofessuren an der Hochschule für bildende Künste (HfbK) Hamburg. Das Präsidium der Hochschule sieht in der Einladung der beiden Kuratoren, die die „documenta fifteen“ mitgeleitet hatten, die Eröffnung eines „Diskussionsraums“.
Während der Ausstellung in Kassel hatte es mit Blick auf von Ruangrupa ausgewählte Arbeiten Antisemitismusvorwürfe gegeben. Immer wieder wurden Kunstwerke kritisiert. Die lange Debatte darüber endete ohne greifbare Ergebnisse, Ruangrupa fühlte sich missverstanden, lehnte einen eigens berufenen Expertenrat ab und machte wiederum den Kritikern der antisemitischen Kunst Vorwürfe.
Der DAAD fördert die Gastprofessuren
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fördert die Gastprofessuren und setzt auf die Aufarbeitung der Geschehnisse. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) wiederum glaubt nicht daran. DIG-Präsident Volker Beck schrieb an das Auswärtige Amt, das den DAAD mitfinanziert, er sehe in Afisinas und Hartonos Gastprofessuren einen „Award für ihr antisemitismustolerantes Kuratieren“.
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Auch die Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion und der Antisemitismusbeauftragte der Hansestadt kritisierten die Personalentscheidung. Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger twitterte, man dürfe Antisemitismus keine Bühne bieten. Die Hochschule müsse nun alle offenen Fragen klären.
Martin Köttering, Präsident der HfbK, hat sich genau das vorgenommen und verteidigt die Berufung. Demnach waren die Gastprofessuren schon vor der Documenta im Gespräch. Die Fragen, denen sich die Ausstellung in Kassel eigentlich gewidmet habe - wie beispielsweise künstlerische Produktionsprozesse im Kollektiv - seien lohnend, um sie mit Studenten auch längerfristig zu bearbeiten, betont Köttering.
Zuallererst müsse man sich aber um die Antisemitismus-Frage kümmern, sagt Köttering. Ohne das könne man nicht zu den anderen Fragen kommen.
Reza Afisina und Iswanto Hartono fänden in Hamburg einen anderen Kontext als in Kassel vor, die Arbeit an einer Hochschule unterscheide sich vom Kuratieren einer Kunstschau, so Köttering. Das macht ihm Hoffnung, dass doch noch ein Gespräch gelingt. Öffentliche Veranstaltungen dazu seien in Planung. Inzwischen wurden die beiden Gastprofessoren an der Universität vorgestellt.
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"Wir müssen das Thema (Antisemitismus) vermutlich dauerhaft bearbeiten", sagt der Hochschulpräsident. Es gelte nun, „Widersprüche und Dissonanzen auszuhalten und Räume für differenzierte Aussagen zu schaffen“. Man wolle innerhalb der Kunsthochschule Gelegenheit geben, „die verschiedenen Fragestellungen in all ihrer Brisanz ernsthaft und in einer respektvollen Atmosphäre zu reflektieren“.
Ruangrupa in der Verantwortung
Von DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee heißt es, alle Förderungen durch den DAAD beruhten auf den Förderempfehlungen von unabhängigen Auswahlkommissionen. Der DAAD habe auf die fachliche Empfehlung, die Grundlage der Förderentscheidung sei, keinen Einfluss genommen, „weder im laufenden Verfahren noch im Nachgang“.
Der DAAD geht davon aus, dass „die im Raum stehenden Antisemitismusvorwürfe adressiert und aufgearbeitet werden“. Auch die Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank sieht das Ruangrupa-Kollektiv in der Verantwortung, die im Zusammenhang mit der Documenta erhobenen Vorwürfe aufzuklären.
(ahe/epd)