Ist die Globalgeschichte gescheitert?
Nation und Globalisierung gehören zusammen: Julia Angster plädiert dafür, beide Phänomene nicht als Gegensatz zu verstehen. Auf dem Deutschen Historikertag in Münster hat Winfried Sträter mit der Geschichtswissenschaftlerin gesprochen.
Global history ist eine junge Teildisziplin in der Geschichtswissenschaft. Es ist der Versuch, den eurozentrierten Blick auf die Weltgeschichte zu überwinden. Zugleich erleben wir heute die Rückbesinnung auf die Nation - und das Unbehagen an der Globalisierung.
Die Historikerin Julia Angster von der Universität Mannheim vertritt die These, dass Nation und Globalisierung nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern miteinander verflochten sind. Die Entstehung und der Aufbau von Nationalstaaten im 19. Jahrhundert geschah als Teil der beginnenden Globalisierung: Die Neuordnung politischer Verhältnisse angesichts des Untergangs alter Feudalreiche war nötig, da mit der Industrialisierung und den neuen Möglichkeiten des Verkehrs und der Kommunikation politische Räume neu geordnet werden mussten.
Nationalstaat als Antwort auf beginnende Globalisierung
Die politische Ordnung Nationalstaat war insofern die Antwort auf den Globalisierungsprozess und Teil dieses Prozesses, in dem sich ehemals eng begrenzte Räume und Lebenswelten öffneten und weltweite Einflüsse spürbar wurden.
Julia Angster plädiert daher für ein anderes Verständnis von Globalisierung: Nicht als Entwicklung, die von außen über die Nationalstaaten kommt, sondern als Teil der Entwicklung der Nationalgeschichte. In der historischen Forschung sollten daher Themen der Nationalgeschichte nicht von Themen der Globalgeschichte getrennt werden.