Rückgabe kolonialer Raubkunst

Folgt auf die Restitution die Absolution?

08:34 Minuten
Benin Bronzen - Skulpturen aus dem Königreich Benin hinter einer Vitrine bei einer Ausstellung.
Mehr als 1000 Benin-Bronzen gibt es in deutschen Museen. Bald sollen viele von ihnen restituiert werden. © picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt
Nikolaus Bernau im Gespräch mit Britta Bürger |
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Seit einiger Zeit ist Europa in Bewegung geraten: Koloniale Raubkunst soll zurückgegeben werden. Was dies für den Umgang mit dem kolonialen Erbe bedeutet, darüber diskutierten Experten bei einer Veranstaltung der Uni Hamburg.
Die Debatten um koloniale Raubkunst – insbesondere die Restitution der sogenannten Benin-Bronzen [AUDIO] - beschäftigt die europäischen Länder weiterhin. Frankreich hat inzwischen beschlossen, 26 monumentale Objekte an Benin zurückgegeben, die bislang ein Herzstück des Pariser Musée du Quai Branly sind.
Auch Deutschland hat angekündigt, die Eigentumsrechte von mehr als 1000 Objekten an Nigeria zu übertragen. Aber ist damit alles gut? Oder kauft sich Europa von historischer Schuld und gegenwärtiger Verantwortung frei?

Ohne wirkliche Reflexion über den Kolonialismus

Über die schwierige Gemengelage diskutierten bei einer Veranstaltung der Universität Hamburg die Restitutionsexpertin Bénédicte Savoy, die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo, Andreas Görgen, Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation im Auswärtige Amt, und der Globalhistoriker Jürgen Zimmerer. Einig waren sich all: Von Absolution könne keine Rede sein, auch wenn sich die rückgebenden Länder dies vielleicht erhofften.
Savoy bekräftigte ihre Kritik, dass in Europa erst jetzt über Raubkunst und ihre Rückgabe gesprochen werde, da die Restitutionsansprüche verschiedener afrikanischer Staaten "als Gefahr wahrgenommen" würden. Ein wirkliches Gespür für die Bedeutung der Kultur des jeweils anderen zu entwickeln, kann ihrer Meinung nach aber gelernt werden - und das schon früh. Sie schlägt deshalb vor, einen Schüleraustausch zwischen afrikanischen und europäischen Kindern zu etablieren.
Die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo vermisst einen für sie entscheidenden Punkt in der Diskussion der zurückliegenden Jahre: Ein echtes Bedauern darüber, wie es überhaupt zum Raub der Kunstgegenstände gekommen ist. "Mir fehlt die Trauer über das, was passiert ist", sagt Otoo.
"Mir scheint, es ist der fehlende Schritt zwischen ‚Nein, wir waren es nicht – und wenn, dann nur sehr kurz‘ und "Okay, wir geben die Sachen zurück, unsere Hände sind sauber‘." Dies sei aber wichtig.

Neuaufstellung der kulturellen Beziehungen

Für Andreas Görgen birgt die Rückgabedebatte eine große Chance, die es zu nutzen gilt: die kulturellen Beziehungen zwischen Europa und Afrika auf eine völlig neue Grundlage zu stellen.
Kulturjournalist Nikolaus Bernau, der die Diskussion verfolgte, resümiert: "Worüber sich alle einig waren, ist, dass sich die Institutionen, vor allem die Museen sowohl der Rückgabedebatte als auch dem postkolonialen Diskurs öffnen müssen." Anders als beim Berliner Humboldt Forum dürfe der Debatte nicht hinterhergelaufen werden.
Museen sollten stärker die Rolle der Avantgarde auf diesem Gebiet übernehmen. Außerdem müsse auf beiden Kontinenten die Zivilgesellschaft viel stärker in die Diskussion eingebunden werden, gibt Bernau die Meinungen der Diskutanten wieder.
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