Alten Solaranlagen droht das Aus
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Solarmodule auf dem Dach: Für den so produzierten Strom garantierte das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine feste Einspeisevergütung. Nach ihrem Auslaufen ist ein Weiterbetrieb wie bisher nicht möglich. Was passiert mit den Anlagen der Solarpioniere?
"Jetzt gehen wir gerade noch mal zu den Zählern", sagt Manfred Maly. "Mal gucken, ob wir gerade mehr erzeugen als wir brauchen."
Manfred Maly ist ein Solarpionier. Schon 1999 hat er die ersten Fotovoltaik-Module auf das Dach seines Bremer Reihenhauses geschraubt. Noch immer funktionieren sie tadellos. Im Keller zeigt der zugehörige Zähler gerade 245 Watt an, davor steht ein Minuszeichen.
"Das ist die aktuelle Leistung, und da das an die Stadtwerke geht, wird das als Minus angezeigt", erklärt er.
Garantierte Einspeisevergütung endet
Gut 50 Cent bekommt Maly für jede Kilowattstunde, die seine Solaranlage ins Netz einspeist. Doch damit ist es im nächsten Jahr vorbei, denn dann endet die für 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG. Und das nicht nur für Manfred Maly.
Bundesweit fallen 114 Megawatt Solarleistung aus dem EEG, das sind zwar nur 0,2 Prozent der in Deutschland installierten Solarleistung, doch die Menge wird in den Folgejahren stark ansteigen. Bis 2025 werden es schon fast 2000 Megawatt sein.
"Wir sehen ja, dass es viele Anlagen gibt, die deutlich länger als 20 Jahre laufen, sondern sogar teilweise doppelt so lange. Das sollte man auch nach Möglichkeit ausnutzen", sagt die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Eine zwangsweise Stilllegung würde nur unnötigen Elektroschrott erzeugen, überzeugende Recyclingverfahren gibt es für Solarmodule bisher nicht. Doch nach derzeitiger Gesetzeslage ist es nicht erlaubt, die Altanlagen einfach weiter laufen zu lassen.
Die alten Module müssen vom Netz
Nach dem Ende der 20-jährigen Einspeisevergütung dürfen sie keinen Strom mehr ins Netz abgeben, noch nicht einmal ohne Vergütung. Die Solarpioniere stehen deshalb vor einer schwierigen Entscheidung: Sie können ihre Module verschrotten oder so umrüsten, dass der Strom nur noch für den Eigenverbrauch genutzt werden kann. Oder, dritte Möglichkeit, sie ersetzen die alten Module durch moderne. Die liefern auf der gleichen Fläche einen deutlich höheren Ertrag, sagt Gerhard Cunze, Geschäftsführer der Bremer Solaranlagen-Firma Adler Solar.
"Im Gegensatz vor 20 Jahren sind wir ungefähr beim drei bis 3,5-fachen der Wattleistung pro Modul, auch des Stromertrags", erklärt er. "Die sind schon technisch anders als vor 20 Jahren, aber die Grundmaße sind fast die gleichen."
Deshalb halten sich die Kosten für den Austausch in Grenzen. Der Kauf der neuen Module selber geht aber ins Geld, pro Stück kosten sie rund 1500 Euro. Und statt 50 Cent wie vor 20 Jahren bietet das EEG für eine Neuanlage dann nur noch sechs bis acht Cent pro eingespeister Kilowattstunde.
"Der Eigenverbrauch ist das Entscheidende"
Das lohnt sich nicht, sagt Cunze. "Auf das EEG schaue ich gar nicht, das ist gar nicht relevant, sondern der Eigenverbrauch ist einfach das Entscheidende."
Denn wer den Strom aus seiner Solaranlage selber nutzt, spart pro Kilowattstunde rund 30 Cent, die er normalerweise an seinen Stromversorger zahlen müsste. Das setzt allerdings voraus, dass es genügend Elektrogeräte im Haushalt gibt, die den vor allem um die Mittagsstunden herum anfallenden Solarstrom auch verbrauchen können. Oder dass er bis zum Abend in ausreichend großen Batterien gespeichert werden kann.
Wenn das klappt, amortisieren sich die neuen Solarmodule nach zehn bis zwölf Jahren, verspricht Cunze. So war die Rechnung auch schon vor 20 Jahren. Wer damals in eine Solaranlage investiert hat, kann heute auf einen ordentlichen Gewinn zurückblicken.
Solarpionier Manfred Maly hat es erlebt: "Die Anlagen waren natürlich extrem teuer damals, aber nach zehn Jahren hat die Anlage sich bezahlt gemacht. Das war aber nicht unbedingt das Ziel. Mein Ziel war, Solarstrom zu erzeugen."
Ähnlich geht es vielen Solarfreunden der ersten Stunde. Anders als bei großen Freiflächenanlagen stand die Rendite bei ihnen nie im Vordergrund. Und viele Solarpioniere sind inzwischen im Rentenalter, eine neue, viele Tausend Euro teure Investition kommt für sie gar nicht mehr infrage.
Plädoyer für eine Doppelstrategie
Deshalb plädiert die Energieexpertin Claudia Kemfert für eine Doppelstrategie: Anreize für den Austausch der alten Module schaffen, gleichzeitig aber auch den Weiterbetrieb über 20 Jahre hinaus ermöglichen, kurz: "Das eine tun ohne das andere zu lassen."
Bundesregierung und Bundestag sind jetzt gefordert, in der Neufassung des EEG, die im kommenden Jahr in Kraft treten soll, den nötigen gesetzlichen Rahmen dafür zu schaffen. Doch der Entwurf, den Wirtschaftsminister Peter Altmaier morgen im Kabinett vorlegen will, sei dafür nicht geeignet, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft.
"Wir brauchen dringend Nachbesserungen wenn diese Ü-20-Anlagen – so nennen wir sie – weiterbetrieben werden sollen", fordert er. "Die Konditionen im Gesetzesentwurf sind nicht hinreichend. Wir gehen davon aus, dass hier Anlagenbetreiber eher demotiviert werden als sie dazu zu motivieren, ihre Anlagen auch weiterhin im Netz zu halten. Und das betrachten wir als sehr bedauerlich, weil wir natürlich jedes Megawatt für die Energiewende brauchen. Wir brauchen ja eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus der Fotovoltaik und da können wir es uns nicht leisten, dass Anlagen vom Netz genommen werden, die eigentlich noch gut zehn Jahre weiter funktionieren würden."
Verschärfte Eigennutzung statt Abbau
Manfred Maly will sich dem politischen Gezerre um die Neufassung des Gesetzes gar nicht erst aussetzen. Er rechnet damit, dass sein Stromversorger ihn demnächst auf das Auslaufen der Einspeisevergütung für seine über 20 Jahre alte Solaranlage hinweisen wird.
"Wahrscheinlich würden die mich auffordern, die Anlage abzubauen", sagt er. "Ich mache aber genau das Gegenteil. Ich baue noch zwei KW dazu, mache dann auf verschärfte Eigennutzung, weil ich habe ein Elektroauto, das ich dann tagsüber damit laden will."
Und für den Fall, dass dann immer noch Strom übrig ist, hat Maly schon einen Plan. Wie viele Solarpioniere ist er technisch so interessiert und begabt, dass er ihn auch selber umsetzen kann:
"Den überschüssigen Strom würde ich in meinen Warmwasser- und Heizungsspeicher einspeisen und als Wärme verbrauchen. Die Umrüstung kostet vielleicht 100 Euro, das ist keine große Tat. Ich mache das alles selber. Man muss die technische Ahnung haben und die Installation ausführen können. Was man für einen Titel hat, ist eigentlich egal."