Rückzug zum Selbst
Das buddhistische Zentrum Karma Ling in Frankreich ist für Menschen aus aller Welt ein Ort der Ruhe und Entspannung. Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre leben sie dort, arbeiten und meditieren gemeinsam. Auch ein Ehepaar aus Leipzig hat sich auf den Weg nach Frankreich gemacht. Sie wollen in Karma Ling eine Alpaka- und Lamafarm aufbauen.
Ganz im Westen Leipzigs in einer Waldsiedlung leben Egbert und Katharina Knopp. Seit zehn Jahren ist ein kleines kompaktes Haus ihr Rückzugsort vom Alltag. Doch jetzt, mit Mitte 50, wagen sie zusammen noch einmal einen Neuanfang. Ihr Ziel ist Frankreich. Das buddhistische Zentrum Karma Ling in der Nähe von Grenoble. Dort wollen sie eine Alpaka- und Lamafarm aufbauen. Ihr Haus steht zum Verkauf. Die Abreise rückt unaufhaltsam näher.
"Im Moment überwiegt die Freude auf das Neue. Aber das sah so vor drei, vier Wochen auch noch anders aus. Da war noch mehr Skepsis. Im Moment ist einfach durch dieses Räumen, durch das ganz praktische Tun natürlich auch so Aufbruchstimmung. Wir sind am Entrümpeln, am Weggeben, am Loslassen sozusagen..."
Bis vor wenigen Wochen war Ehemann Egbert noch Kampfsport- und Yoga-Lehrer des Vereins Budokan Sachsen. Vor zehn Jahren hatte er den Verein mitbegründet. Von Haus aus ist er gelernter Fotograf, arbeitete zu DDR-Zeiten auch als Bodyguard. Kampfsport faszinierte ihn schon seit seiner Jugend. Er trainierte zunächst Judo, später Karate. So kam er in den 90er-Jahren zum Yoga. Für den 55-Jährigen gehören Kampfsport, Yoga und Buddhismus heute untrennbar zusammen.
"Alle drei sind ja im Grunde genommen Geistschulungen. Man übt sicher seinen Körper, aber in dem Moment, wo man seinen Körper übt, also wie jetzt im Hatha-Yoga oder im Karate, trainiere ich ja gleichzeitig auch meinen Geist und bestimmte Qualitäten in mir, sagen wir mal Disziplin, Konzentration, Ausdauer."
Der Leipziger bezeichnet sich als Buddhist, feiert weder Weihnachten noch Ostern. Wie andere Leute Urlaub machen, fuhr er über viele Jahre allein oder mit seiner Frau in verschiedene buddhistische Zentren Europas - er wollte den Rückzug, hat vor Ort mitgeholfen und natürlich meditiert.
"Es gibt Phasen, wo man mehr Zeit hat zum Meditieren. Aber viel wichtiger ist einfach, dass das Leben meditativ wird. Das fängt nicht auf dem Kissen an und hört nicht auf dem Kissen auf. ... Ich würde das lieber mit einer Achtsamkeit übersetzen, mit einer Achtsamkeitspraxis im täglichen Leben wie man mit anderen Menschen umgeht, wie man mit bestimmten Dingen umgeht, oder wie man handelt."
Die Wohnverhältnisse des Paares sind spartanisch, aber gemütlich. Beide lieben die Natur und wandern viel. Das Auto bleibt auch im täglichen Leben so oft wie möglich stehen. Der Buddhismus ist für den Yogalehrer keine Religion, sondern eine Lebenseinstellung. Das Christentum lehnt er deswegen nicht ab. Beten und meditieren liegen nahe beieinander - genauso wie Nächstenliebe und Achtsamkeit.
Katharina sieht sich nicht als Buddhistin, auch wenn ihr die Idee vertraut ist. Sie ist froh, endlich Ihrem Lebensspagat zu entkommen - der Pendelei zwischen ihrem Wohnort Leipzig und der Dresdner Uniklinik. Dort war die 52-Jährige als Yoga- und Soziotherapeutin tätig.
"Ich mach das seit insgesamt 17 Jahren, also erst Jugendpsychiatrie, dann Psychosomatik... Und ich denke das war eine gute Aufgabe ... und ich hab aber gemerkt seit einigen Jahren, dass wenn ich das so weitermache, dass das für mich langfristig für mich gesundheitlich auch nicht so ideal ist, ... weil es auch in diesem Bereich immer mehr um Quantität geht ... und dass das gerade bei diesem Job auch Yoga zu unterrichten in so einer Intensität einfach ganz schnell zum Lehrlaufen führt und für mich wie so 'ne Farce wird."
Die Yoga-Lehre will Körper, Geist und Seele in Einklang bringen. Danach sehnt sich die Auswanderin. In dem buddhistischen Zentrum Karma Ling will sie intensiv Yoga praktizieren und sich selbst weiterentwickeln.
Das Zentrum in den Voralpen wird von 2000 Meter hohen Bergen umrahmt. Menschen aus aller Welt kommen über Wochen, Monate und sogar Jahre nach Karma Ling. Sie suchen den Rückzug, meditieren und arbeiten hier. Dabei werden sie von den 25 Lamas, den spirituellen Lehrern, begleitet.
Das Kloster ist eine wirtschaftliche Einheit, an der auch das Paar aus Deutschland mitwirken wird. Gemüse und Obst werden für den eigenen Bedarf angebaut. Derzeit entsteht auch eine Apfelplantage. Die Alpaka- und Lamafarm knüpft genau an diesen ökologischen Weg an. Katharina Knopp wird sich um die Wollproduktion kümmern, während ihr Ehemann Trekkingtouren mit den Tieren anbietet - für all die internationalen Besucher, die einem hektischen Leben kurze Zeit den Rücken kehren.
"Die Tiere sind ja sehr ruhig, sehr still, zurückhaltend, wirklich fast meditativ. ... Und da den Menschen einfach durch unsere Art zu Leben, die Verbindung zwischen Natur und anderen Lebewesen verloren geht, ist es einfach unser Wunsch, diese Verbindung zwischen Mensch, Tier und Natur dort im Wandern, dass das die Leute einfach erleben. Wie gehe ich mit so einem Tier um, wie bewege ich mich damit in der Natur, Verantwortung in dem Moment auch zu übernehmen, wie ich das Tier führe. Das ist eine sehr schöne Einheit."
Das Scheren der Tiere haben die Knopps auf dem Alpaka Hof Quesitz geübt.
"Der Winter, wo in Karma Ling Rückzug ist, wo keine Seminare stattfinden oder reduziertes Programm ist, ... ich denke, da wird mir was einfallen in der ruhigen Zeit, was ich mit der Wolle mache, ...das eignet sich besonders gut, die Faser, um die so einzusteppen, um Betten, Kinderbetten, Steppdecken zu machen. Ich wollte auch so Meditationsteppiche herstellen, Meditationskissen machen."
Dafür hat die 52-Jährige sogar alte Fähigkeiten wie das Spinnen wieder aufgefrischt. Gemeinsam mit einer Bäckerin und einem Bauer - beide sind Franzosen - werden die zwei nach ihrer Ankunft in Frankreich eine bäuerliche Genossenschaft gründen. Bis alle bürokratischen Hürden überwunden und Planungen abgeschlossen sind, hilft das Ehepaar in der Bäckerei aus.
"Das hat für uns den Vorteil, wir haben vom ersten Tag an ein regelmäßiges Einkommen und können so parallel das Projekt Lama-Alpakazucht-Trekking entwickeln. Sind dadurch auch unter keinem Druck. Und so wie wir mehr Zeit brauchen für unser Projekt, können wir uns dann langsam aus der Bäckerei zurückziehen."
Das Ehepaar lebt einen Traum. Vor allem Egbert Knopp ist glücklich, endlich ins Land seiner Urgroßeltern auszuwandern. Das hat er sich schon immer gewünscht. Angst vor dem Neuen? Nein! Beide sprechen gut Französisch. Nur ihre deutsche Mentalität, alles zügig auf die Beine zu stellen, wollen sie ablegen. Ab jetzt gilt für die beiden Aussteiger Laissez-faire. Das ist französisch und buddhistisch zugleich.
"Im Moment überwiegt die Freude auf das Neue. Aber das sah so vor drei, vier Wochen auch noch anders aus. Da war noch mehr Skepsis. Im Moment ist einfach durch dieses Räumen, durch das ganz praktische Tun natürlich auch so Aufbruchstimmung. Wir sind am Entrümpeln, am Weggeben, am Loslassen sozusagen..."
Bis vor wenigen Wochen war Ehemann Egbert noch Kampfsport- und Yoga-Lehrer des Vereins Budokan Sachsen. Vor zehn Jahren hatte er den Verein mitbegründet. Von Haus aus ist er gelernter Fotograf, arbeitete zu DDR-Zeiten auch als Bodyguard. Kampfsport faszinierte ihn schon seit seiner Jugend. Er trainierte zunächst Judo, später Karate. So kam er in den 90er-Jahren zum Yoga. Für den 55-Jährigen gehören Kampfsport, Yoga und Buddhismus heute untrennbar zusammen.
"Alle drei sind ja im Grunde genommen Geistschulungen. Man übt sicher seinen Körper, aber in dem Moment, wo man seinen Körper übt, also wie jetzt im Hatha-Yoga oder im Karate, trainiere ich ja gleichzeitig auch meinen Geist und bestimmte Qualitäten in mir, sagen wir mal Disziplin, Konzentration, Ausdauer."
Der Leipziger bezeichnet sich als Buddhist, feiert weder Weihnachten noch Ostern. Wie andere Leute Urlaub machen, fuhr er über viele Jahre allein oder mit seiner Frau in verschiedene buddhistische Zentren Europas - er wollte den Rückzug, hat vor Ort mitgeholfen und natürlich meditiert.
"Es gibt Phasen, wo man mehr Zeit hat zum Meditieren. Aber viel wichtiger ist einfach, dass das Leben meditativ wird. Das fängt nicht auf dem Kissen an und hört nicht auf dem Kissen auf. ... Ich würde das lieber mit einer Achtsamkeit übersetzen, mit einer Achtsamkeitspraxis im täglichen Leben wie man mit anderen Menschen umgeht, wie man mit bestimmten Dingen umgeht, oder wie man handelt."
Die Wohnverhältnisse des Paares sind spartanisch, aber gemütlich. Beide lieben die Natur und wandern viel. Das Auto bleibt auch im täglichen Leben so oft wie möglich stehen. Der Buddhismus ist für den Yogalehrer keine Religion, sondern eine Lebenseinstellung. Das Christentum lehnt er deswegen nicht ab. Beten und meditieren liegen nahe beieinander - genauso wie Nächstenliebe und Achtsamkeit.
Katharina sieht sich nicht als Buddhistin, auch wenn ihr die Idee vertraut ist. Sie ist froh, endlich Ihrem Lebensspagat zu entkommen - der Pendelei zwischen ihrem Wohnort Leipzig und der Dresdner Uniklinik. Dort war die 52-Jährige als Yoga- und Soziotherapeutin tätig.
"Ich mach das seit insgesamt 17 Jahren, also erst Jugendpsychiatrie, dann Psychosomatik... Und ich denke das war eine gute Aufgabe ... und ich hab aber gemerkt seit einigen Jahren, dass wenn ich das so weitermache, dass das für mich langfristig für mich gesundheitlich auch nicht so ideal ist, ... weil es auch in diesem Bereich immer mehr um Quantität geht ... und dass das gerade bei diesem Job auch Yoga zu unterrichten in so einer Intensität einfach ganz schnell zum Lehrlaufen führt und für mich wie so 'ne Farce wird."
Die Yoga-Lehre will Körper, Geist und Seele in Einklang bringen. Danach sehnt sich die Auswanderin. In dem buddhistischen Zentrum Karma Ling will sie intensiv Yoga praktizieren und sich selbst weiterentwickeln.
Das Zentrum in den Voralpen wird von 2000 Meter hohen Bergen umrahmt. Menschen aus aller Welt kommen über Wochen, Monate und sogar Jahre nach Karma Ling. Sie suchen den Rückzug, meditieren und arbeiten hier. Dabei werden sie von den 25 Lamas, den spirituellen Lehrern, begleitet.
Das Kloster ist eine wirtschaftliche Einheit, an der auch das Paar aus Deutschland mitwirken wird. Gemüse und Obst werden für den eigenen Bedarf angebaut. Derzeit entsteht auch eine Apfelplantage. Die Alpaka- und Lamafarm knüpft genau an diesen ökologischen Weg an. Katharina Knopp wird sich um die Wollproduktion kümmern, während ihr Ehemann Trekkingtouren mit den Tieren anbietet - für all die internationalen Besucher, die einem hektischen Leben kurze Zeit den Rücken kehren.
"Die Tiere sind ja sehr ruhig, sehr still, zurückhaltend, wirklich fast meditativ. ... Und da den Menschen einfach durch unsere Art zu Leben, die Verbindung zwischen Natur und anderen Lebewesen verloren geht, ist es einfach unser Wunsch, diese Verbindung zwischen Mensch, Tier und Natur dort im Wandern, dass das die Leute einfach erleben. Wie gehe ich mit so einem Tier um, wie bewege ich mich damit in der Natur, Verantwortung in dem Moment auch zu übernehmen, wie ich das Tier führe. Das ist eine sehr schöne Einheit."
Das Scheren der Tiere haben die Knopps auf dem Alpaka Hof Quesitz geübt.
"Der Winter, wo in Karma Ling Rückzug ist, wo keine Seminare stattfinden oder reduziertes Programm ist, ... ich denke, da wird mir was einfallen in der ruhigen Zeit, was ich mit der Wolle mache, ...das eignet sich besonders gut, die Faser, um die so einzusteppen, um Betten, Kinderbetten, Steppdecken zu machen. Ich wollte auch so Meditationsteppiche herstellen, Meditationskissen machen."
Dafür hat die 52-Jährige sogar alte Fähigkeiten wie das Spinnen wieder aufgefrischt. Gemeinsam mit einer Bäckerin und einem Bauer - beide sind Franzosen - werden die zwei nach ihrer Ankunft in Frankreich eine bäuerliche Genossenschaft gründen. Bis alle bürokratischen Hürden überwunden und Planungen abgeschlossen sind, hilft das Ehepaar in der Bäckerei aus.
"Das hat für uns den Vorteil, wir haben vom ersten Tag an ein regelmäßiges Einkommen und können so parallel das Projekt Lama-Alpakazucht-Trekking entwickeln. Sind dadurch auch unter keinem Druck. Und so wie wir mehr Zeit brauchen für unser Projekt, können wir uns dann langsam aus der Bäckerei zurückziehen."
Das Ehepaar lebt einen Traum. Vor allem Egbert Knopp ist glücklich, endlich ins Land seiner Urgroßeltern auszuwandern. Das hat er sich schon immer gewünscht. Angst vor dem Neuen? Nein! Beide sprechen gut Französisch. Nur ihre deutsche Mentalität, alles zügig auf die Beine zu stellen, wollen sie ablegen. Ab jetzt gilt für die beiden Aussteiger Laissez-faire. Das ist französisch und buddhistisch zugleich.