Rumänien

Massenproteste gegen Korruption

Demonstranten bei der Kundgebung in Bukarest.
Anti-Korruptionsdemonstration am 22. Januar 2017 in Bukarest © AFP / Daniel Mihailescu
Von Stephan Ozsváth |
Tausende Rumänen haben gegen eine Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze protestiert. Zukünftig soll Amtsmissbrauch bis zu einem Schaden von 50.000 Euro straffrei bleiben. Profitieren würden zahlreiche Regierungsmitglieder. Staatsoberhaupt Klaus Iohannis will das verhindern.
PSD – rote Pest, so der Ruf aus Tausenden Kehlen in ganz Rumänien, als die Pläne der sozial-liberalen Regierung ans Licht kamen: Per Eilverordnung wollten sie die Anti-Korruptions-Gesetze lockern. Sogar Präsident Klaus Iohannis mischte sich unter die Demonstranten in Bukarest.
"Ich bin hier zusammen mit Tausenden Rumänen, um meine Empörung zu äußern", sagte das Staatsoberhaupt einem Fernsehreporter. Eine Clique von Politikern mit strafrechtlichen Problemen wolle die Gesetze ändern, um den Rechtsstaat zu schwächen, so Iohannis. Die Rumänen hätten völlig Recht, wenn sie das empörte.
Die Pläne der Regierung sind im Grunde ein Persilschein für Korruption: Amtsmissbrauch sollte straflos bleiben, wenn der Schaden unter 50.000 Euro liegt. Korrupte Amtsträger sollten amnestiert werden. Und die Regierung will ein Gesetz abschaffen, dass verurteilten Straftätern den Zugang zu Ämtern verwehrt. Nicht genug damit. Rumäniens oberste Korruptionsbekämpferin Laura Codruta Kövesi macht auf eine weitere Ungeheuerlichkeit aufmerksam.
"Alleine die Antikorruptionsbehörde DNA hat im Wert von 1,5 Milliarden Euro Güter beschlagnahmt. Sollten diese neuen Regeln tatsächlich in Kraft treten, würde sich das auch auf die Chancen der Rückzahlung auswirken."

Gesetze wie maßgeschneidert auf Sozialistenchef

Im Klartext: Kriminelle Politiker wären dann nicht nur straffrei, sondern bekämen auch noch das ergaunerte Geld. Dagegen läuft der Präsident Sturm. Klaus Iohannis will jetzt ein Referendum über die Pläne der Regierung.
"Offenbar ist dieses Thema – Begnadigung und Änderung – der Strafgesetze von größtem nationalen Interesse. Ich werde deshalb alles tun, was zu einem Referendum führt. Die Rumänen sollen sagen dürfen, ob sie einverstanden sind oder nicht."
Die geplanten Verordnungen wirken wie maßgeschneidert auf Sozialistenchef Liviu Dragnea. Ihm hatte Präsident Iohannis nach der Wahl im Dezember den Posten als Premier verweigert – weil Dragnea zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war und weil Korruptionsermittlungen gegen ihn laufen. Dragnea schießt nun zurück.
"Wenn der Präsident nun ein Referendum ankündigt, entspricht das der Logik eines Politikers, dessen Umfragewerte gesunken sind. Der sehr viele Fehler gemacht hat. Der die Wahlen verloren hat. Denn er ist schuld, dass die Liberalen und die Union 'Rettet Rumänien' verloren haben. Er will nun seine ehemaligen Anhänger wieder begeistern, und das ist gefährlich für Rumänien. Der Präsident Iohannis will diese Regierung bis zum Sommer zu stürzen – egal wie."

Sozialisten versuchen, sich immun gegen Justiz zu machen

Bei den Wahlen im vergangenen Dezember hatten die Sozialisten, gegen die jetzt Tausende auf die Straße gehen, fast die absolute Mehrheit erzielt. Allerdings bei ausgesprochen niedriger Wahlbeteiligung. Unterm Strich votierten gerade mal 20 Prozent der Stimmberechtigten für die Sozialisten. Die versuchen schon seit Jahren, sich immun gegen die Justiz zu machen. Zum Repertoire gehören auch Hetzkampagnen in befreundeten Medien. Dort wird jetzt der Präsident zur Zielscheibe. Tenor: Iohannis plane einen Staatsstreich.
Die Amtsenthebung des Präsidenten dürfe deshalb nicht mehr hinausgezögert werden, so Einpeitscher Valentin Stan im Sender Romania TV. Sonst drohe ein Bürgerkrieg in Rumänien.
Die Hetz-Module hatte Sozialisten-Chef Dragnea auf seiner Facebook-Seite vorgegeben, nachdem Iohannis sich unter die Demonstranten gemischt hatte. Seit 2013 sind pro Jahr gut 1000 Politiker und Spitzenbeamte wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht gelandet. Viele wurden auch verurteilt. Im jüngsten Fortschrittsbericht der EU heisst es: Rumänien habe zwar im Kampf gegen Korruption eine Menge erreicht, müsse aber noch mehr tun. Iohannis wertete das als Kritik an der sozial-liberalen Regierung. Brüssel sei besorgt, so Iohannis.
Mehr zum Thema