Der Dokumentarfilm "Havana Club Rumba Session: La Clave" ist am 26. Mai beim Afrika-Festival in Würzburg zu sehen.
Nach Kuba mit DJ Gilles Peterson
Der britische DJ Gilles Peterson hat Musikstile wie den Acid Jazz mit erfunden, Labels gegründet, afrikanische und kubanische Musik entdeckt. Nun präsentiert er ein neues Album: Auf "Rumba Sessions" haben Elektro-Musiker aus kubanischen Klängen zeitgemäße Dancefloor-Tracks produziert.
Für "Denn Liebe ist stark wie der Tod", diese sakrale Jazz-Kantate von 1968, hat Gilles Peterson tief gegraben in den Archiven von Musik Produktion Schwarzwald, kurz: MPS, dieser sagenumwobenen Plattenfirma aus Villingen. Von den späten 60ern bis zu den frühen 80ern reiste nicht nur die deutsche Jazzelite in diesen heimeligen Hort der außergewöhnlichen Klangkultur. Auch Gilles Peterson wurde zum MPS-Fan.
"Das ist sicher das beste Jazzlabel in Europa. Keine Frage: Der MPS-Katalog ist gigantisch. Und dann dieses Städtchen Villingen und die ganze Geschichte mit Oscar Peterson und so, die Atmosphäre, das Essen und der Wein – deshalb gab es da soviel großartige Musik."
16 so seltene wie seltsame Stücke sind nun auf Gilles Petersons Compilation "Magic Peterson Sunshine", kurz: ebenfalls MPS, gelandet. Schöne Schätze sind darunter: von Mark Murphy und Don Ellis, Wolfgang Dauner und Gunter Hampel, der Rest ist eher unbekannt.
Junge Talente und alte Helden
Genau wie Gilles Petersons frühere Alben mit MPS-Material, erzählt der schmächtige, leicht ergraute 51-Jährige:
"Ich bin seit vielen Jahren ein Fan von MPS und Saba-Records. Und hab dazu schon drei Compilations gemacht - früher, als ich das Label Talkin‘ Loud betrieb. Ich bin mit 21 nach Deutschland gekommen. Und jetzt – 30 Jahre später – wurde ich gefragt, mich mit dem MPS Katalog zu beschäftigen. Und wollte auf meiner neuen Zusammenstellung keines der gleichen Stücke haben."
Dieses Stück von The Singers Unlimited gehört zu den typischen MPS-Aufnahmen der 70er. Anspruchsvoller choraler Jazz einer Gesangsgruppe aus Chicago, die auf Empfehlung von Oscar Peterson in den Schwarzwald gekommen war. Von Gilles Peterson nun auch ausgewählt wegen dieser Latin-Rhythmen, die ihn schon seit einigen Jahren besonders beschäftigen. Seit er für das Projekt Havana Cultura zwei bis drei Mal im Jahr in Kuba ist.
"Ich hatte schon lange diese Verbindung, aber um zu den Wurzeln zu kommen, musste ich nach Kuba reisen. Und die Idee war, ein Album zu machen, das mehr junge Leute an diese Kultur heran führt."
Eine ganze Reihe von Alben sind inzwischen aus dem Projekt Havana Cultura entstanden. Immer wieder hat Gilles Peterson mit Unterstützung kubanischer Musikexperten junge Talente und alte Helden entdeckt. So etwas wie die Fortsetzung des Buena Vista Social Club, nur – mit Unterstützung eines kubanischen Rum-Herstellers – kulturell vielfältiger und nachhaltiger angelegt. Aktuell geht es um die Wiederentdeckung eines Musikstils, der auf Platten und im medialen Bewusstsein bisher kaum eine Rolle spielt: Rumba.
"Die beste Rumba-Musik fand ich wirklich beim Herumlaufen dort irgendwo aus einem Haus oder einer Küche heraus. Die hatte auch am meisten Verbindung zu meiner DJ-Kultur. Denn da waren nur ein paar Trommler, Sänger und Tänzer, aber in einer sehr komplexen musikalischen Kommunikation. Also: Für mich war das ein großartiges Experiment."
Rumberos in Berlin
Zur Präsentation seines aktuellen Projektes hatte Gilles Peterson ein paar Rumberos nach Berlin mitgebracht. Unter dem Titel "Rumba Sessions" gibt es jetzt zum einen eine aufwendige Filmdokumentation, für die Peterson in Kuba viele Musiker getroffen hat.
Zum anderen ein neues Album, auf dem Elektronikproduzenten aus diesen ursprünglichen Rumba-Klängen zeitgemäße Dancefloor-Tracks machen. Denn darum geht es Gilles Peterson immer wieder bei all seinen Projekten: Um den Austausch von Einflüssen, um die Vielfalt der Kulturen – und wie man sie miteinander verschmelzen kann. Dazu war er bereits in Brasilien und Japan, Nordamerika und Afrika – und mit diesen Erfahrungen glaubt er auch an die heilende Kraft der Musik:
"Jetzt ist eine sehr gesunde Zeit für den musikalischen Austausch zwischen den Kulturen. Die Jazzer waren die ersten, auch wenn sie es noch schwerer hatten - Leute wie Roy Ayers, Fela Kuti und Don Cherry. Und wir als jüngere Generation haben die Verantwortung, solche musikalischen Verbindungen fortzusetzen. Weil Musik die Rettung für die Welt ist."