Brett Dean, Viola
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: John Storgårds
Eine Liebeserklärung an die Bratsche
"Es ist gegen den Strich des Bratschentums komponiert", sagt Komponist Brett Dean über sein teils hoch virtuoses Violakonzert, das er auch selbst spielt: Musik, die vom Leben am Wasser inspiriert ist - vom Meer- und Flussgetose.
Am Nachmittag aufgeführt - am Abend schon im Deutschlandfunk Kultur zu hören: das Konzert mit dem "Composer in Residence" des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin Brett Dean, der auch den Solopart seines Konzertes spielt.
Das Meer lebt
Es ist einfach genial, wie der Komponist Benjamin Britten in der Oper Peter Grimes die Stimmungen der Natur zu den sozialen, den allgemein menschlichen Entwicklungen in der Oper in Beziehung brachte. Wir tauchen in den Alltag eines englischen Fischerstädtchens ein, Peter Grimes aufrecht, offen prallt er auf die bornierte Hysterie der Nachbarn.
Fusel und Fischfang sind deren Themen, Kneipe und Kirche die Koordinaten. Grimes ist ein Außenseiter und erträgt kaum die Enge aus Klatsch und Neid. Und während seine Geschichte erzählt wird, liegt das Meer mal still, mal schäumt es auf. Wir hören es als eine Urkraft der Natur - von Britten genial als musikalische Metapher gesetzt für die Situation seiner Figuren und für die sozialen Verwerfungen. In vier Zwischenspielen erleben wir das Meer als Britten nutzte vier Zwischenspiele seiner Oper, dem Meer in der Oper erleben wir das Meer mal als ruhige Spiegelfläche unter Mondhimmel, mal im Sturm.
Klischee unterlaufen
Die Bratsche ist ein Instrument der Mitte, das die Mittellage pflegt. Aber sein Konzert, sagt Brett Dean, streckt sich vor allem in die hohen Tonlagen und zeigt hochvirtuose Passagen, die man eigentlich von einer ersten Geige erwartet würde.
Dass er sein Konzert jetzt auch selbst spiele, fühle sich wie ein Heimspiel an. "Man ist sehr verbunden mit dem Material und fühlt sich sehr zu Hause." Schließlich ist die Bratsche schon seit Langem ein wichtiger Wegbegleiter für ihn.
Fest für eine neue Heimat
Schumans dritte Sinfonie ist auf "Ankunft" programmiert, denn der Komponist wurde als "NeuRheinländer" in seiner Doppelrolle als Komponist und Dirigent geradezu gefeiert. Genau so seine Sinfonie: es gab glanzvolle Aufführungen unter Schumanns Leitung, Wiederholungen und immer sehr viel Beifall, Aber dann schlugen die Musikologen erbarmungslos zu: das Werk sei unmöglich instrumentiert, es habe keine stimmige Klangbalance. Viel zu oft sah man die Sinfonie auch mit Schumanns Krankheitsgeschichte verwogen. Die Sinfonie habe wie er krankhafte Schübe. Im Grunde liege hier eine instrumentierte Krankenakte als psychischer Befund vor. Und dabei ergießt sich die Musik regelrecht in einem breitem positiven Strom, der alles Düstere hinwegspülen könne.
Eine Aufzeichnung vom Nachmittag des 9. Dezember 2018 in der Philharmonie Berlin
Benjamin Britten
"Four Sea Interludes" aus der Oper "Peter Grimes" op. 33a
"Four Sea Interludes" aus der Oper "Peter Grimes" op. 33a
Brett Dean
Konzert für Viola und Orchester
Konzert für Viola und Orchester
Robert Schumann
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 ("Rheinische")
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 ("Rheinische")
Stefan Lang spricht zudem mit Brett Dean über sein Werk und über die Vorbereitungen als Solist des eigenen Konzertes.