Rundum-Fernsehen

Von Wolfgang Noelke |
Abseits des großen Trubels auf der Internationalen Funkausstellung bahnt sich eine kleine Revolution im TV-Bereich an. Dreidimensionales Fernsehen steckt zwar noch in den Kinderschuhen, doch erste Produkte, die ohne klobige Brille auskommen, kann man bereits bestaunen.
Wer vor 30 Jahren technisch auf neuestem Stand sein wollte, wusste, was man dazu braucht: Ein Farbfernsehgerät! Wer heute auf dem technischen Stand sein will, so Professor Dietrich Sauter, Leiter der Entwicklungsplanung des Instituts für Rundfunktechnik in München, muss die Bedeutung wenigstens einer englischen Abkürzung kennen, HD, High Definition- also: "Hohe Auflösung":

"Die neueren Fernseher, sie haben jetzt nach der HDTV-Norm eine höhere Zeilenzahl, nämlich 1080 (vertikal) und 1920 Pixel in der horizontalen und die haben nun das Label einmal von den Firmen selber, das heißt Full HD 1080. Und der Begriff P 24 sagt aus, dass man Spielfilme in der Originalgeschwindigkeit mit 24 Bildern (pro Sekunde) abspielen kann. Die Bilder im Fernsehen wurden nicht mit 24 Bildern, sondern mit 25 Bildern abgespielt und sind sozusagen 4 Prozent schneller gelaufen. Und dann hat man den Ton entsprechend korrigiert, aber die neuen Geräte können Originalgeschwindigkeiten abspielen und bringen dann auch 24 Bilder auf den Schirm."

Den Kinofilm in Originallänge wird man sich in der Videothek auf einer DVD oder anderen Silberlingen kaufen müssen. Denn das Fernsehen sendet weiterhin 25 Bilder pro Sekunde. Für noch mehr Gerichtsshows oder Telefon-Abzocksendungen wird sich kaum jemand einen neuen Bildschirm leisten, selbst wenn dreidimensional gesendet würde.

3D-Bildschirme gibt es schon, aber wieder mit zwei unterschiedlichen Techniken: Fürs erste System braucht man eine Brille, deren linkes und rechtes Glas abwechselnd lichtdurchlässig oder schwarz wird, so dass das linke Auge nur ein linkes und das rechte Auge nur ein rechtes Bild zu sehen bekommt. Das alles in einer so hohen Geschwindigkeit, dass man das Flimmern gar nicht registriert.

Ein anderes System zeigt auf einem, mit winzigen Prismen oder mit Spiegeln versehenen Bildschirm gleichzeitig ein linkes und rechtes Bild, das ähnlich, wie bei den Wackelbildchen, auch ohne Spezialbrille dreidimensional wirkt. Filme für dreidimensionale Welten gibt es noch nicht, sagt Prof. Sauter. Harte Schnitte, wie in Actionfilmen üblich, würden die schöne neue dreidimensionale Welt zerstören:

"Was aufnahmetechnisch zu beachten ist, ist, dass sie als Mensch nicht solche Schnitte machen. Also wenn Sie jetzt mit dem Auge drauf schauen, auf ein 3D-Bild und es kommt ein harter Schnitt, dann sehen Sie das erste Bild zunächst wieder flach und dann baut das Auge erst den 3D-Effekt wieder auf. Also, es wird eine völlig andere Bearbeitung der Szene werden. Man muss also kontinuierlich drehen, ebenso, wie sich der Mensch auch durch die Gegend bewegt und man darf keine vielen Schnitte machen, sonst ist der 3D-Effekt weg."

Am Fraunhofer-Institut für digitale Medientechnologie in Ilmenau ist Uwe Kühirt einer der Entwickler dreidimensionaler Systeme. Auf seinem riesigen Flachbildschirm könnte man ein hinter dem Bild einer Vase verstecktes Wasserglas entdecken, wenn man den Bildschirm schräg von der Seite betrachtet. Je mehr Kameras um ein Objekt herum gruppiert sind, desto besser kann man in einen dreidimensionalen Bild umher wandern, sagt Uwe Kühirt. Doch einzutauchen, um in der künstlichen dreidimensionale Welt mit einem anderen Menschen spazieren zu gehen, klappt noch nicht:

"Unser Ziel ist, Personen mit vielen Kameras aufzunehmen, zum Beispiel fünf Stück oder sechs Stück, die um die Personen herum gruppiert sind, um dann später, sozusagen aus allen Richtungen auf das Bild drauf schauen zu können, inklusive der Berechnung von Zwischenpositionen, so dass ich mich wirklich frei um die Personen herum bewegen kann. Momentan noch ein bisschen früh, weil, wir können die Bilder zwar aufnehmen und auch verarbeiten, wir können sie aber nicht in Echtzeit zum Bild zusammenfügen. Deswegen ist es für Interaktiv noch nicht geeignet."

Auch moderne Hochleistungsrechner haben noch Schwierigkeiten, viele parallele Videosignale ruckelfrei zu verarbeiten. So etwas funktioniert zurzeit nur mit künstlichen Figuren in Spielen.
Viel einfacher hat es da der Hörfunk, speziell auf den störungsanfälligen Lang-, Mittel- und Kurzwellen. Die werden dank digitaler Sende- und Empfangstechnik nun zum Hörgenuss. "Digital Radio Mondiale", kurz DRM verändert beispielsweise dieses Signal in einen glasklaren Empfang.

An dieser Technik wird nun auch schon seit Jahren gebastelt, doch die Geräte sind immer noch zu teuer. Vielleicht bringen da die Olympischen Spiele in China im kommenden Jahr einen finalen Anschub:
Wegen der noch vielen Strom fressenden Einzelkomponenten kosten die ersten Empfänger noch etwa 200 Euro, sagt Peter Senger, Vorsitzender des internationalen DRM- Konsortiums:

"Die große Preissenkung erwarten wir nächstes Jahr, wenn die ersten Chip- Radios kommen. Dann geht natürlich der Stromverbrauch in den Radios auch runter. Dann kann ich Batteriegeräte auf den Markt bringen, also portable. Es kann sogar Bestandteil von mobilen Telefonen werden, was natürlich ideal wäre, immer im Handy, so dass das nächste Jahr eigentlich aus meiner Sicht den Beginn von DRM- Massenprodukten bringen kann."