Salman Rushdie

Nach Attentat schwer verletzt

Porträt von Salman Rushdie.
Salman Rushdie: Die Hintergründe des Angriffs auf ihn sind noch unklar. © AFP / Joel Saget
Salman Rushdie ist bei einer Veranstaltung im US-Staat New York auf der Bühne mit einem Messer angegriffen worden. Der Schriftsteller liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus, teilt sein Agent mit.
Der britisch-indische Autor Salman Rushdie (75), der wegen seines Romans "Die satanischen Verse" seit 1989 von Islamisten mit dem Tod bedroht wird, ist im US-Bundesstaat New York auf einer Bühne angegriffen worden.
Nach Polizeiangaben stürmte ein Mann auf das Podium der Chautauqua Institution und stach auf den Autor ein, bevor der Täter überwältigt werden konnte.

Schwere Verletzungen

Rushdie wurde schwer verletzt und mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht. Nach Angaben seines Agenten wird der 75-Jährige von einer Maschine beatmet. Es drohe der Verlust eines Auges, auch Nerven im Arm und die Leber seien bei dem Angriff verletzt worden.

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Der mutmaßliche Täter befindet sich in Polizeigewahrsam, er wurde in der Veranstaltungshalle festgenommen.
Nach Angaben der New Yorker Gouverneurin Kathy Hochul hat das Eingreifen eines Polizisten Rushdie offenbar das Leben gerettet. "Es war ein staatlicher Polizist, der aufstand und sein (Rushdies) Leben rettete, ihn beschützte", sagte sie in der Stadt Buffalo. Rushdie bekomme in einem örtlichen Krankenhaus die Hilfe, die er benötige.

Zum Tode verurteilt

1989 war Rushdie vom iranischen Religionsführer Ayatollah Khomeini mit einer Fatwa zum Tode verurteilt worden. Begründet wurde der islamische Richtspruch damit, dass Rushdies Buch "Die satanischen Verse", das ein Jahr zuvor erschienen war, "gegen den Islam, den Propheten und den Koran" gerichtet sei.
Erst seit einigen Jahren tritt Rushdie wieder öffentlich auf, nachdem er lange Zeit unter Polizeischutz in verschiedenen Verstecken gelebt hatte.

Menetekel für die Freiheit der Kunst und des Wortes

"Kunst und Kultur stehen für eine besondere Form der Freiheit", sagt die Journalistin Bascha Mika, lange Jahre Chefredakteurin der "taz" und später der "Frankfurter Rundschau". Künstlerinnen und Künstler seien wenig kontrollierbar und ließen sich von repressiven Systemen nicht so leicht einschüchtern. Das mache sie für autokratische Herrscher bedrohlich.
Rushdie habe bei der Veranstaltung in New York über künstlerische Freiheit sprechen wollen, bevor er angegriffen wurde, betont Mika. Für sie seien Rushdie und seine "Satanischen Verse" ein regelrechtes Menetekel, wenn es um die Freiheit der Kunst und die Freiheit des Wortes gehe. Die "taz" habe damals nach der iranischen Fatwa als einziges deutsches Medium Auszüge aus den "Satanischen Verse" veröffentlicht.

Entspannung in den Neunzigern

In den späten 1990er-Jahren hatte die Regierung des Iran erklärt, Rushdies Ermordung nicht zu unterstützen. Dadurch entspannte sich die Lage etwas. Doch bis heute ist ein Kopfgeld auf den Schriftsteller ausgesetzt.
Auch der Tötungsaufruf gegen Rushdie wurde nie aufgehoben. Mehrere Übersetzer seiner Werke wurden bei Attacken verletzt, der Japaner Hitoshi Igarashi 1991 sogar getötet.
Der Angriff auf Rushdie löste Entsetzen aus. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter: "Dieser Angriff ist schockierend und entsetzlich. Er ist ein Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit, die zwei Grundwerte unseres Landes und der Chautauqua Institution sind."

Einsatz für die Meinungsfreiheit

Salman Rushdie setzt sich seit Jahren lautstark für Meinungsfreiheit ein. Unter anderem stellte er sich 2015 hinter das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo", nachdem Islamisten die Redaktion gestürmt und mehrere ihrer Mitglieder getötet hatten. In "Charlie Hebdo" waren unter anderem Karikaturen des Propheten Mohammed erschienen.
Geboren wurde Salman Rushdie im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Später studierte er Geschichte am King's College in Cambridge.
Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch "Mitternachtskinder", das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Der Schriftsteller erzählt darin die Geschichte von der Loslösung Indiens vom Britischen Empire.

Romane, Sachbücher und andere Schriften

Insgesamt veröffentlichte Rushdie mehr als zwei Dutzend Romane, Sachbücher und andere Schriften. Rushdies Stil wird als magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben.
Dennoch sieht er sich unbedingt der Wahrheit verpflichtet. Diese sieht er zunehmend in Gefahr, was auch im Zentrum seiner jüngsten Veröffentlichung von Essays steht, die in Deutschland unter dem Titel "Sprachen der Wahrheit" herauskamen.
Der seit vielen Jahren in New York lebende Schriftsteller stemmt sich darin gegen Trumpisten und Corona-Leugner. "Die Wahrheit ist ein Kampf, das ist keine Frage. Und vielleicht noch nie so sehr wie jetzt", sagte er im vergangenen Jahr in einem Interview.
(kna/dpa/afp/dpa/ap)
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