Russische Onlinekampagnen

Mobilisierung nach innen, Sabotage nach außen

08:26 Minuten
Eine junge Frau fotografiert sich vor einem Gebäude in Moskau, auf dem das Z-Symbol zu sehen ist.
Das Z-Symbol ist wie hier in Moskau ein beliebtes Fotomotiv für Unterstützer und Unterstützerinnen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geworden. © picture alliance / Globallookpress.com / Komsomolskaya Pravda
Holger Marcks im Gespräch mit Massimo Maio |
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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird auch im Digitalen geführt. Für das Narrativ, dass Russland sich gegen äußere Feinde zur Wehr setzen müsse, stehe vor allem das Z-Symbol, sagt der Sozialwissenschaftler Holger Marcks.
Hat der Westen Russland unterschätzt? Diese Frage wurde zuletzt immer wieder gestellt, auch von dem Historiker Timothy Snyder, der mit Blick auf das System Putin von einem russischen Faschismus spricht, vor dem vor allem Deutschland die Augen verschlossen habe.
Russland vertritt seine vermeintlichen Interessen auch in der digitalen Sphäre mit Vehemenz. Der Sozialwissenschaftler Holger Marcks ist Experte für „digitalen Faschismus“ und hat darüber zusammen mit einem Kollegen ein viel beachtetes Buch geschrieben.

Was ist „digitaler Faschismus“?

Die „Erfolgswelle rechtsextremer und rechtspopulistischer Kräfte in den westlichen Demokratien“ spiegelt sich auch im Netz. Dort sei häufig die Rede vom Bevölkerungsaustausch oder einem Genozid an der weißen Bevölkerung, vor allem im nordamerikanischen Kontext, sagt Marcks.
Damit einher gehe die Erzählung von einer existenziellen nationalen Bedrohung, der man sich mit drastischen Maßnahmen entgegenstellen müsse: „Wenn wir von Faschismus sprechen, dann meinen wir damit genau diese Dialektik von Opfermythos und Heldenkampf, und mit dem Begriff des digitalen Faschismus wiederum versuchen wir zu erklären, wie sich diese spezifische Dynamik im digitalen Kontext entwickelt."

Putinismus mit faschistischer Charakteristik

In diesem Zusammenhang habe der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine durchaus faschistische Züge: „Wir können zweifellos auch von einer faschistischen Charakteristik sprechen, insofern, als wir auch hier die Logik von einem nationalen Untergang und einem nationalen Erwachen sehen. Das ist zweifellos das, was der Putinismus propagiert.“
So werde das Narrativ von einem einst starken Russland verbreitet, das in seiner Existenz gefährdet sei, und das jetzt durch eine außerordentliche Kraftanstrengung wieder zu neuer Stärke geführt werden müsse, so Marcks. Inwiefern man aber konkret schon von einem "digitalen Faschismus" in Russland sprechen könne, darüber müsse noch eine breitere Diskussion geführt werden.

Das russische Faschismussymbol

Dennoch führe der russische Staat auch im Digitalen Krieg gegen die Ukraine. Prominentestes Beispiel dafür sei die Z-Symbolik, sagt Marcks.
„Das ist ein Symbol, das ein bisschen in einer klassisch faschistischen Aura eingehüllt wird und der Mobilisierung der Nation nach innen dienen soll, auch als sinnstiftendes Symbol, als identitätsstiftendes Symbol. Es ist auch eine Chiffre für den Krieg, zu dem man sich bekennt, aber der nicht benannt werden darf.“
Doch ob Bilder oder Videos, auf denen Menschen das Z-Symbol zeigten, nun auf Eigeninitiative der Bevölkerung beruhten oder staatlich initiiert worden seien, sei unklar, so der Sozialwissenschaftler. Russland sei aktuell eine „Black Box“. Das Land habe sich abgeschottet. Informationen könnten zurzeit schwer oder gar nicht überprüft werden.

Russische Propaganda in Deutschland

Die russischen „Troll-Armeen“ und „Fake-News-Fabriken“ seien auch in Deutschland erfolgreich, betont Marcks. Seit Jahren bereits versuchten russische staatliche Stellen, einen rationalen, aufgeklärten Diskurs in der westlichen Öffentlichkeit zu sabotieren. Besonders anfällig für die russische Propaganda seien die sogenannten verschwörungsideologischen Milieus - aber auch linksgerichtete Milieus, die Erzählungen aufgriffen, mit denen Russland versucht, den Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen.
(jde)

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