Russischer Bär trifft hessischen Löwen

Von Anke Petermann |
Als offenes, jährlich tagendes deutsch-russisches Diskussionsforum soll der Petersburger Dialog die Zivilgesellschaften in Russland und Deutschland voranbringen. Der 7. Petersburger Dialog findet vom 13. bis 15. Oktober in Wiesbaden statt. Seit 200 Jahren unterhält die Stadt enge Beziehungen zu Russland.
Anfang des 19. Jahrhunderts verbandelten sich Adelshäuser, wohlhabende Russen entdeckten in der Folge die Kurstadt samt Spielcasino. Dostojewski verlor dort viel Geld und schrieb darüber. Nach der russischen Revolution strömten Exilrussen in die Stadt. Alexej von Jawlensky malte hier zwischen 1921 und 1941. 3000 Zwangsarbeiter verschleppten die Nazis nach dem Überfall auf die Sowjetunion nach Wiesbaden. Heute leben wieder knapp 1000 Russen in der Hessen-Hauptstadt, über der auf dem Neroberg als Wahrzeichen die Russische Kirche thront.

Interkulturelle Salonnacht am Samowar – im Saal des Wiesbadener Literaturhauses Villa Clementine singt der Regenbogenchor. Er singt von St. Petersburg an der Newa, von Wiesbaden am Rhein, von alten aber lebendigen Kontakten zwischen beiden.

Lilia Eckermann strahlt und wippt beim Singen, die Hände bewegen sich im Takt. Seit 16 Jahren lebt sie in Wiesbaden. Mit dem Wolgadeutsch, das die Eltern als Kind mit ihr sprachen, kam sie als Ärztin im modernen Deutschland anfangs nicht klar.

"Ich kannte als Muttersprache schon Deutsch, aber das war ganz andere Sprache, vor einem Jahrhundert glaube ich, ja. Und da habe ich verstanden, dass ich nicht so richtig spreche und musste ganz neu sprechen lernen. Und im ärztlichen Beruf ist es sehr wichtig, um in menschlichen Kontakt zu kommen, die Sprache hervorragend zu kennen und besonders Ärztebriefe schreiben, und das habe ich geschafft eigentlich. Und jetzt Wiesbaden ist der schönste Stadt der Welt – echt, besonders wenn es am Samstag da Marktkirche und davor der Markt und die Glocken an der Kirche - mein Gott, das habe ich immer geträumt, dass ich irgendwann in so einer Stadt lebe, und da habe ich so ein heimatliches Gefühl, können Sie gar nit vorstellen – von ganzem Herzen. Ich bin zu Hause, ich bin zu Hause."

Ein Gefühl, das ihre Eltern als Deutsche von der Wolga in der Sowjetunion nicht kannten.

"Sie waren alle verschleppt worden in Kriegszeiten - nach Sibirien, nach Ural und nach Kasachstan - meine Eltern zum Beispiel haben sehr gelitten darunter, und ich als Kind war unter einer Kommandantur oder wie sagt man bis 1955, da mussten wir irgendwie zur Miliz kommen, und unsere Eltern mussten immer unterschreiben, dass wir nichts gegen die Regierung machen."

Dass Neuankömmlinge ihre Sprachkenntnisse auffrischen, dass der Regenbogenchor eine Bühne für seine russischen Lieder findet – all das organisiert Vera Maier, Kulturreferentin der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Vor 18 Jahren kam sie nach Wiesbaden.

"Ich bin in Russland geboren, ich bin noch in einem Arbeitslager geboren, und ich fühle mich nur als Deutsche, und mich verbindet - oder meine Landsleute - die russische Kultur, russische Sprache. Aber wir lernen auch die deutsche, und wir möchten auch die deutschen Gedichte, Goethe in deutscher Sprache lesen. Aber wir möchten nicht vergessen Puschkin in russischer Sprache auch."

Die Deutschen aus Russland sind in der Regel evangelisch oder katholisch, dennoch finden sie es schön, dass Wiesbadens Wahrzeichen ein orthodoxes ist: die Russische Kirche auf dem Neroberg, ein reich mit Kapitellen, Medaillons und innen mit Deckenmalereien geschmücktes Prachtstück aus hellem Sandstein. Gelegen auf einem kleinen Plateau im Wald, da wo einem die Stadt zu Füßen liegt - mit Marktkirche, Rathaus und Landtag, dem früheren Nassauischen Stadtschloss.

"Ein Stück russische Heimat und Tradition mitten in Deutschland" übersetzt der Begleiter einer russischen Besucherin deren Eindruck oben auf dem Berg. Generationen von Russen, die nach Wiesbaden kamen, haben die orthodoxe Kirche wohl so empfunden. Doch seit ein paar Jahren hat das Wahrzeichen an Glanz verloren. Hässliche schwarze Flecken machten sich auf den fünf längs geriffelten goldenen Kuppeln breit, damit fehlte das charakteristische Leuchten hoch über der Stadt.

"Eigentlich wär’ das schon längst fällig gewesen, das hat nicht mehr so richtig gewirkt, das war doch schon sehr dunkel geworden,"

merkt ein Wiesbadener an, der seiner Cousine aus Magdeburg die russische Kirche zeigt. Für die Wiesbadener war "orthodox" lange gleichbedeutend mit "griechisch", weshalb sie die Kirche "griechische Kappelle" nennen.

"Dass es vergoldet werden soll und dass es schlecht aussieht, ist seit Jahren Thema, nur seit Jahren gab es kein Geld, und auf einmal im August gab es dann Geld. Wobei ich vermute, dass sehr viel Geld dafür drauf geht, dass es eine Dringlichkeitsarbeit ist, und hätte man, das vor einem Jahr beschlossen, wäre das alles in Ruhe gegangen und wahrscheinlich etwas kostengünstiger für die Stadt …"

… mutmaßt Maja Speranskij, Mitglied der Gemeinde und Übersetzerin eines Buches über den russisch-orthodoxen Friedhof auf dem Neroberg, das pünktlich zum Petersburger Dialog erscheint. Die goldenen Kuppeln ebenfalls pünktlich zum Besuch des russischen Präsidenten wieder erstrahlen zu lassen, hat Wiesbaden nun also verschlafen. Selbst das bescheidene Ziel, bis zum Petersburger Dialog drei von fünf Zwiebeln fertig zu haben, dürfte wohl verfehlt werden. Musste denn überhaupt erst Wladimir Putin kommen, damit das Glanzstück des romantischen Historismus die längst fällige Politur bekommt? Wiesbadens Oberbürgermeister Helmut Müller wiegelt ab:

"Wir hätten das sowieso gemacht in den nächsten Jahren. Aber es ist doch naheliegend: Wenn wir einen so hohen russischen Gast haben, dass man’s dann macht. Sagen wir: Es ist ein bisschen vorgezogen worden."

Vielleicht aber denkt der russische Präsident genau das, was der Besucher aus Idaho ausspricht:

"Es ist eigentlich eine Schande, dass sie ganz eingerüstet ist, weil man sie so nicht richtig gut sehen kann."

Die Hälfte der halben Million Euro, die es kostet, dem Kremlchef den Wiesbaden-Besuch zu vergolden, zahlt wegen der Dringlichkeit im Zuge des Staatsbesuchs das Land Hessen, irgendwie hat es sich für die Stadt also doch gelohnt, die schwarzen Flecken auf dem Wahrzeichen eine zeitlang zu übersehen. Nun aber herrscht Betriebsamkeit um die Kirche herum.

Restauratoren aus verschiedensten Winkeln der Republik fahren per Aufzug auf das Arbeitsgerüst in 50 Meter Höhe, waschen die Feinstaub geschädigten Goldzwiebeln gründlich ab. Der Architekt Wilhelm Würz hat die Oberaufsicht.

"Dann grundieren wir den Untergrund, dann kommt ein Anstrich drauf, dieser gelbe Acrylharzanstrich, darauf kommt dann die Miktion, das ist ein langsam trocknendes Öl, in die dann wiederum das Gold eingelegt wird."

Unter dem Windschutz einer riesiger Plastikplane trägt Eike Dehn Blattgold in etwa handgroßen Quadraten auf die mit fünfeinhalb Metern Durchmesser größte der gefurchten Kuppeln auf.

"Handelt sich hierbei um Transfergold, das heißt, es ist auf ein Trägermaterial noch mal aufgebrachtes Blatt, weil ein loses Blatt mit einer Stärke von einem 8000stel Millimeter circa, das würde einfach so fortfliegen."

Die alte Weltkurstadt Wiesbaden verdankt ihr russisches Wahrzeichen einem traurigen Ereignis, daran erinnert unten vor der Kirche Kulturdezernentin Rita Thies. Gebaut wurde das Gotteshaus 1855 als Grabkirche für die junge Zarennichte und russische Großfürstin Elisabeth Michailowna.

"Das war die Gattin Adolfs von Nassau. Die ist 1845, ein Jahr, nachdem die hier in Wiesbaden eingezogen war, im Kindbett mit ihrem Töchterchen gestorben. Philipp Hoffmann, das war ein großer Baumeister zu der Zeit, der ist dann nach Moskau gefahren und hat sich die Erlöserkirche angeguckt und ähnliche Bauten, weil das in Westeuropa der erste Bau einer russisch-orthodoxen, einer russischen Kirche war."

Benannt ist sie nach der Heiligen Elisabeth, die zum Patronatsfest mit einem großen Gottesdienst geehrt wird. Unablässig strömen an diesem Tag Besucher in die Kirche. Männer in gedeckten Anzügen, Frauen mit dunklen knielangen Wollröcken und Tüchern um den Kopf geschlungen, Kinder an der Hand oder auf dem Arm. Eine russische Dorfszenerie in Wiesbaden. Immer wieder bekreuzigen sich die Gläubigen und führen dabei eine Hand tief zu Boden, den Rücken gebeugt. Kaum jemand setzt sich auf die wenigen Stühle, die meisten bewegen sich kreuz und quer durch den Raum, hin zu den auf Podesten ausgestellten Ikonen. Sie küssen die Heiligenbilder, berühren sie mit der Stirn, werfen sich davor zu Boden. Bekreuzigen sich wieder, zünden Kerzen an. Zwei Priester und der eigens aus Stuttgart angereiste Bischof, alle im prächtigen Ornat, treten durch die drei Türen der Ikonostase, der mit Heiligenbildern geschmückten Marmorwand, die das Allerheiligste vom Gemeinderaum trennt.

Priester und Bischof predigen und beten auf Kirchenslawisch, dazwischen wenige Passagen auf Deutsch. Auf den Außenstehenden wirkt das Zeremoniell exotisch, mystisch, orientalisch. Und manche von denen, die schon lange in Deutschland leben, geben zu, auch ihnen ist es teilweise fremd. Maja Speranskij:

"Früher war einfach die Kleiderordnung eine ganz andere, es gab keine Kopftücher, es gab Hüte, aber nicht als Pflicht. Es war festlich. Das heißt, dass es nicht darum ging, ja lang länger am längsten, schwarz schwärzer, am schwärzesten."

Auf die Chorleiterin trifft das nicht zu: Sie trägt ein geometrisch gemustertes Seidentuch in Rot und Gold auf dem Kopf, beim Dirigieren rutscht es ihr allmählich vom Haar, sie nimmt keine Notiz davon. Kira von Bock-Iwaniuk gehört zu den Nachkommen derer, die einst vor der Russischen Revolution und dem Kommunismus flohen:

"Mein Vater ist 04 geboren, und ich bin hier schon geboren und aufgewachsen, aber gehör’ eben noch zu dieser uralten Generation, und jetzt sind durch die Öffnung und den Zerfall der Sowjetunion natürlich noch mal ganz, ganz neue Leute gekommen. Und ich kann mich erinnern, als ich ein Kind war, da bestand diese Kirche hauptsächlich aus alten Leuten, da waren kaum junge Leute. Oder als meine Kinder klein waren, das waren die einzigen Kinder hier in der Gemeinde, und Sie haben ja heute gesehen, es ist alles voll. Die Struktur hat sich komplett gewandelt. Es war erst mal gewöhnungsbedürftig und die Alten haben natürlich auch so ne gewisse Arroganz, kann man sagen, die kamen aus ganz anderen Schichten, jetzt kommen oft relativ einfache Leute. Viele von den alten Gemeindemitgliedern empfinden sich schon so als ‚wir sind die Wahrer der Orthodoxie, wir haben diese Tradition bewahrt’. Aber die, die heute aus Russland kommen sagen, ‚na ja, ihr habt hier gesessen und hattet’s gut, und wir haben gelitten unterm Kommunismus’. Also es ist so, dass wir uns letztlich nichts gegeneinander aufzurechnen haben."

Dass die russisch-orthodoxe Kirche im Sommer die Trennung in Auslandskirche und Moskauer Patriarchat nach acht Jahrzehnten überwand und - übrigens mit angestoßen von Wladimir Putin - ihre Wiedervereinigung vollzog, macht die Sache nicht unbedingt leichter. Zur Spaltung war es 1927 gekommen, zehn Jahre nach der Oktoberrevolution, als sich das Moskauer Patriarchat unter dem Druck der brutalen Verfolgung von Gläubigen und der Zerstörung von Kirchen mit der atheistischen Sowjetmacht arrangierte. Daraufhin brach die Auslandskirche die Kontakte ab. Heute nach dem Ende des Kommunismus finden die jungen Einwanderer eine geeinte Kirche einfach normal, die Alten haben Magenschmerzen:

"Es gibt so viele Gerüchte, dass die Kirche in Russland doch noch nicht so echt ist und noch nicht frei von Agenten, da ist man immer ein bisschen skeptisch. Ich bin halt noch ein Kind von Flüchtlingen, und da hat man seine Bedenken noch."

Putin als Mitinitiator der orthodoxen Wiedervereinigung – hat er sich also sein Blattgold verdient? "Wir würdigen das", sagt Kira von Bock-Iwaniuk knapp. "Wir haben schon Anfragen, wann man dem Präsidenten zuwinken kann", erzählt Vera Maier von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. Doch viele Wiesbadener stehen dem machtbewussten Kremlchef und seinem Zusammentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eher skeptisch als euphorisch gegenüber:

"Isch bin sowieso für den russischen Präsidenten nit so, find isch menschenrechtlich nit so in Ordnung.
Na gut, wenn man überhaupt was bewirken will, muss man mit den Politikern reden. Da gibt’s n ganzen Katalog, angefangen von den Menschenrechten, von den Beziehungen zum Iran, da wird sicherlich einiges zu besprechen sein, denke ich. Ob da was bei rauskommt? Meistens sind das recht oberflächliche Erklärungen, und man erfährt ja auch nicht alles."
Während oben auf dem Berg für den hohen Staatsbesuch hastig vergoldet wird, was in der Kürze der Zeit möglich ist, kann man sich unten im Museum Wiesbaden zurücklehnen. Seit dem vergangenen Jahr präsentiert sich der Musentempel von 1915 samt Oktogon und Wandelhalle saniert und erweitert, ein passender Rahmen für den größten Sohn der Stadt und dessen Werke. Natürlich ist es - ein Russe, der expressionistische Maler Alexej von Jawlensky. 1921 wechselte er aus der Schweiz nach Wiesbaden, der erfolgreichsten Station seiner damaligen Wanderausstellung. Er ging also dorthin, wo er auf ein zahlendes Publikum für seine Kunst hoffen konnte, erläutert Museumsdirektorin Renate Petzinger.

"Und er hat hier dann auch in den zwanziger Jahren viele Freunde gefunden. Er hat Sammler gehabt, ein ehemaliger Bauunternehmer, Heinrich Kirchhoff, war ein großer Sammler von ihm, aber es gab auch andere, Ärzte und verschiedene Leute, und natürlich das Museum selber, da wurde viel gekauft, und er hat hier an seinen abstrakten Köpfen gearbeitet, das war eine Serie, die er in der Schweiz schon angefangen hat und die er hier dann fortgesetzt hat."

Doch den goldenen Zwanzigern folgte die Wirtschaftskrise, die den Verkauf von Bildern schwierig machte. Jawlensky erkrankte an einer chronischen Entzündung mehrerer Gelenke, seine Hände begannen zu zittern. 1933 belegten ihn die Nationalsozialisten mit Ausstellungsverbot.

"Seine Werke wurden hier aus dem Museum herausgenommen, die wurden erst mal ins Depot gebracht, dann wurden sie 1937 nach Berlin gebracht in dieses große Lager, was die Nationalsozialisten für die sogenannte entartete Kunst, die in den Museen konfisziert wurde, in der Nähe von Berlin eingerichtet hatten, und von dort wurde dann ein Teil über die Schweiz auch verkauft. Wir wissen von wenigen Arbeiten, die früher dem Museum gehörten, dass sie über diesen Weg in andere Sammlungen gelangt sind. Manches ist aber auch verschollen. Das Museum besaß eine Reihe von Jawlensky-Gemälden, aber 1945 kein einziges mehr."

Heute verfügt das Museum Wiesbaden aufgrund weitsichtiger Sammlungsaktivitäten von den ersten Nachkriegsjahren an über die weltweit umfassendste Jawlensky-Sammlung. Damit kann es nahezu lückenlos die Entwicklung eines Malers nachzeichnen, dem mit seiner starken Farbigkeit und den schwarzen Linien, später eher Balken, eine einzigartige Synthese aus traditioneller russischer Ikonenmalerei und moderner, zunehmend abstrahierender Kunst gelang.

"Möchten sie auf den Friedhof?"

Jawlensky starb 1941, sein Grab auf dem russisch-orthodoxen Friedhof neben der Kirche der Heiligen Elisabeth ist heute Pilgerstätte für Kunstbeflissene. Der Maler hatte die Nazis verständnislos gefragt, warum sie denn Probleme mit einem hätten, der doch nur Ikonenmaler sein wollte.

"Seine Meditationen, die hat er hier in die Kirche gebracht und die sind hier unter den Altar gelegt worden, zwei Wochen, drei Wochen, und dann ist es eine geweihte oder eine heilige Ikone …"

… erzählt Christina Sommerfeld, deren Mutter den arthritiskranken Maler massierte. Sommerfeld ist Chefin des Kur- und Verkehrsvereins Wiesbaden, der das Buch einer russischen Wissenschaftlerin über den Friedhof samt der hier begrabenen Adligen, Staatsmänner, Militärs, Geistlichen und Wissenschaftler herausgibt. Das Gräberfeld wurde 1856, ein Jahr nach dem Bau der orthodoxen Kirche im Wald angelegt. Als einer der ältesten russischen Friedhöfe Westeuropas ist er selbst Kulturdenkmal ersten Ranges. Doch die Wurzeln junger Bäume sprengen prächtige skulpturen- und mosaikverzierte Grabmäler, marode Holzkreuze verwittern ungebremst. Das 800-Gräber-Ensemble zumindest in seinem romantisch verfallenen Zustand zu bewahren und weiteren Verlust der einmaligen historischen Substanz zu verhindern, dazu konnte sich Wiesbaden bislang nicht durchringen. Als Akteure gefragt wären neben der Stadt das Land Hessen sowie die russisch-orthodoxe Diözese, die mangels Kirchensteuereinnahmen arme Eigentümerin von Kirche und Friedhof. So blieb es im Vorfeld zum Staatsbesuch beim immerhin gründlichen und im Gegensatz zur Kuppel-Vergoldung rechtzeitig ausgeführten Grünschnitt. Wozu der Übersetzerin Maja Speranskij eine etwas bissige Frage einfällt.

"Sagt Ihnen der Begriff Potemkinsche Dörfer etwas? Das ist ein Exempel für Potemkinsche Dörfer."