Jubel trotz Verurteilung
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Kirill Serebrennikow ist in Moskau zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Dass der regierungskritische russische Regisseur nicht in Haft müsse, sei eine Erleichterung, sagt Julius von Freytag-Loringhoven von der Friedrich-Naumann-Stiftung.
Der Prozess gegen den regierungskritischen Regisseur Kirill Serebrennikow hat die russische Kulturszene lange in Atem gehalten. Nun wurde der international renommierte Theatermacher von einem Gericht in Moskau schuldig gesprochen. Er soll Fördergelder veruntreut haben.
Das Strafmaß war zunächst unklar. Als dann die Eilmeldung auf die Handys der vor dem Gericht wartenden Unterstützer und Unterstützerinnen kam, brandete Jubel auf: drei Jahre auf Bewährung. Der Regisseur muss also nicht in Haft. "Eine Erleichterung", meint auch der Russland-Experte der Friedrich-Naumann-Stiftung Julius von Freytag-Loringhoven. Auch wenn die Verurteilung fragwürdig sei.
Es geht um Einschüchterung
Den im Zuge des Prozesses gegen den Regisseur immer wieder herangezogenen Vergleich mit stalinistischen Repressionen hält er allerdings für "nicht ganz richtig". Das Einzige, was die beiden Regime gemein hätten, sei: "Dass es um Einschüchterung geht" und dass die Regierenden auch gesellschaftlichen Gruppen jenseits der Politik "klar machen", dass man sich angepasst zu verhalten habe.
Unter Putin sei es aber beispielsweise nie eindeutig, wer angeklagt werde und wer nicht. Selbst Homosexuelle können im engen Machtumfeld von Wladimir Putin arbeiten, erklärt von Freytag-Loringhoven. Obgleich in Hinblick auf die konservative Einstellung der Bevölkerung ein homophober Regierungskurs gefahren werde. "Das heißt, es geht immer um die Instrumentalisierung von bestehenden Meinungen."
Internationale Theaterkooperationen sind ungewiss
Kirill Serebrennikow sei möglicherweise ins Blickfeld geraten, weil er eine Art Symbol sei: homosexuell, erfolgreich in Russland – und auch im Westen.
Unklar allerdings sei nun, ob der Regisseur, dessen Inszenierungen auch immer wieder in Deutschland zu sehen sind, nun auch internationale Kooperationen weiterführen kann, meint von Freytag-Loringhoven. Schließlich sei eine der gerichtlichen Auflagen, dass Kirill Serebrennikow Russland nicht verlassen darf.
(lkn)