Russland

Amnestie beschlossen

Von Gesine Dornblüth |
Die russische Staatsduma hat heute ein Amnestiegesetz verabschiedet. Präsident Putin hatte einen entsprechenden Entwurf anlässlich des 20. Verfassungsjubiläums der Russischen Föderation eingebracht. Die Amnestie fällt breiter aus, als es der Entwurf von Putin vorsah.
Die Abgeordneten der Staatsduma beschlossen heute einstimmig, die Amnestie auf solche Personen auszuweiten, die wegen Rowdytums angeklagt, aber noch nicht verurteilt wurden. Damit gilt die Amnestie nun auch für die 30 Crewmitglieder des Greenpeace-Schiffs "Arctic Sunrise". Sie hatten im September in der Petschorasee gegen die Ölförderung in der Arktis protestiert und waren von russischen Sicherheitskräften festgenommen worden. 26 Ausländer sitzen noch immer in St. Petersburg fest. Andrej Allachwerdow, Sprecher von Greenpeace Russland und selbst einer der Angeklagten, nahm die Nachricht mit gemischten Gefühlen auf.
"Einerseits ist das ein gewisser Fortschritt, und unsere ausländischen Kollegen können endlich nach Hause. Andererseits wird die Anklage gegen uns nicht aufgehoben. Wir werden nicht rehabilitiert. Und den moralischen Schaden ersetzt uns auch niemand."
Amnestie hilft denen, die an Kundgebung 2012 teilgenommen haben
Dank der Änderungen, die die Duma an dem Gesetzesentwurf von Präsident Putin vorgenommen hat, kann auch ein Teil der zwölf Demonstranten freikommen, die derzeit in Moskau vor Gericht stehen. Sie hatten an einer Kundgebung auf dem Bolotnaja Platz im Mai 2012 teilgenommen. Die Demonstration war in Gewalt umgeschlagen. Die Amnestie wird aber nur jenen helfen, die wegen der Teilnahme an Massenunruhen oder Rowdytums angeklagt sind. Wer Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet haben soll oder der Organisation der angeblichen Massenunruhen beschuldigt wird, ist ausgenommen.
Auch der wohl bekannteste Kremlkritiker, der ehemalige Oligarch Michail Chodorkowskij, muss im Gefängnis bleiben. Vorzeitig freikommen können hingegen die beiden inhaftierten Mitglieder der Performance-Gruppe Pussy Riot.
Anhänger des Kreml werten die Amnestie als einen Akt der Milde. Kritiker monieren, sie hätte breiter ausfallen müssen. Dmitrij Gudkow, Abgeordneter von "Gerechtes Russland", sagte heute in der Duma:
"Das Ziel dieser Amnestie ist, das Image Russlands in der Welt zu verbessern und zu zeigen, dass es in unserem Land keine politischen Gefangenen gibt. Das Ziel ist nicht erreicht. Wir behalten politische Gefangene. Viele Olympia-Teilnehmer werden nun T-Shirts mit deren Gesichtern tragen."
Doch auch Gudkow stimmte am Ende für den Entwurf. Insgesamt werden 12.000 bis 15.000 Menschen von der Amnestie profitieren. Darunter vor allem jugendliche Straftäter, Schwangere und Alte. Wer schwere Verbrechen begangen hat, ist ausgenommen. Darüber, wann und wie die Betroffenen freikommen, herrscht indes in Russland Unklarheit. Offenbar müssen die Betroffenen einen Antrag stellen. Wie schnell die Behörden diese bearbeiten, ist ungewiss. Die Anwältin der beiden Aktivistinnen von Pussy Riot rechnet damit, dass ihre Mandantinnen bis zum Jahreswechsel frei kommen.
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