Russland

Breitere Kontrolle des Internets

Die Facebook-Seite auf einem Monitor
Soll weiter eingeschränkt werden: Das russische Internet. © dpa / picture alliance / Vladimir Trefilov
Von Gesine Dornblüth |
Das Internet war in Russland lange Zeit vergleichsweise frei. Die Protestbewegung gegen die Parlamentswahlen vor zweieinhalb Jahren organisierte sich über soziale Netzwerke. Seitdem arbeitet die russische Führung daran, die Kontrolle zu verschärfen. Der vorläufige Höhepunkt trifft nun die Blogger.
Wladimir Putins Ansage war klar. Bei einem Treffen mit Medienvertretern im Frühjahr sagte er:
"Sie wissen doch, das Internet ist als ein Projekt der CIA entstanden. Genauso entwickelt es sich weiter. Die Geheimdienste sitzen immer noch im Zentrum."
Nun unternimmt Russland seinerseits Schritte, um das Internet zu kontrollieren. Von heute an müssen sich Blogger, die mehr als 3000 Leser am Tag haben, in einem staatlichen Register der Aufsichtsbehörde Roskomnadzor anmelden und dort ihre Identität offenlegen. Sie müssen die Daten ihrer Besucher ein halbes Jahr lang speichern und an die Behörden weitergeben. Und sie sind verantwortlich für alle Kommentare, die andere auf ihren Seiten hinterlassen. Andere Personen in Misskredit zu bringen ist ebenso verboten wie Material, das als extremistisch eingestuft werden kann, sowie unflätige Ausdrücke. Bei einem Verstoß drohen Geldstrafen. Begründet wird die Regelung mit dem Kampf gegen Terrorismus und mit der nationalen Sicherheit.
Anton Nosik zählt zu den bekanntesten Bloggern in Russland. Er spricht von einem weiteren Schritt gegen die Informationsfreiheit. Und er glaubt, dass es nicht der letzte ist. Dem Radiosender Echo Moskwy sagte Nosik:
"All die Gesetze, die die Duma in letzter Zeit verabschiedet, zielen einzig und allein darauf, in Russland Facebook, Twitter, Youtube und all die anderen westlichen Internetplattformen, die nicht vom russischen Geheimdienst kontrolliert werden, zu schließen."
Kontrollwahn der Behörden
Schon jetzt sind in Russland diverse unabhängige Blogs und Internetseiten gesperrt und nur noch über Umwege zu erreichen – so zum Beispiel der Blog des Regierungskritikers Alexej Nawalnyj und die kremlkritischen Seiten kasparov.ru und grani.ru. Sie wurden ohne Gerichtsbeschluss geschlossen, weil dort angeblich zu illegalen Handlungen aufgerufen wurde. Ein Ende letzten Jahres eilig verabschiedetes Gesetz machte es möglich.
Nach Berechnungen der unabhängigen Internetplattform Rublacklist haben die Behörden mittlerweile mehr als 60.000 russische Websites blockiert, 97 Prozent davon unrechtmäßig.
Arsenij Roginskij von der Menschenrechtsorganisation Memorial spricht von einem Kontrollwahn der Behörden.
"Der Staat duldet nur noch wenige Inseln der Freiheit. Ein unabhängiger Schriftsteller kann vielleicht ein kritisches Büchlein schreiben und tausend Exemplare veröffentlichen. Hinter der Unabhängigkeit des Internets hingegen steht ein großes Fragezeichen. Weil das Internet Massen erreicht."
Wer Katzenbilder postet, wird keine Probleme bekommen
Der weitaus größte Teil der russischen Bevölkerung, rund 90 Prozent, informiert sich allerdings nach wie vor aus dem Fernsehen, und das ist fast komplett staatlich kontrolliert.
Wie viele Blogger das neue Internetgesetz betreffen wird, ist offen. Wer Bilder von kleinen Kätzchen poste und damit mehr als eine Million Besucher am Tag anspreche, werde keine Probleme bekommen, hat der stellvertretende Leiter der Aufsichtsbehörde kürzlich gesagt. Das legt die Vermutung nahe, dass sich vor allem politische Blogger Gedanken machen müssen. Dmitrij Tschernyschow, einer der Top-Blogger Russlands, schrieb denn auch, das Gesetz solle die Leute an eines erinnern: "Schweigen ist Gold".
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