Russland

Europas Ultra-Rechte treffen sich in Sankt Petersburg

Auf einem Kongress der Rodina-Partei in Moskau
Die "Rodina"-Partei hatte zu einem Forum nach Sankt Petersburg eingeladen. © imago / ITAR-TASS
Von Sabine Adler |
Seit der Annexion der Krim befindet sich Russland in der internationalen Isolation. Nun freut man sich über jeden Verbündeten aus dem Ausland – und sei es aus dem ultra-rechten Lager. In Sankt Petersburg trafen einige Vertreter jetzt zusammen.
Wer mit dem Nachtzug aus Moskau nach Sankt Petersburg kommt, wird freundlich begrüßt. Doch der Eindruck trügt mitunter, denn nicht jeder ist willkommen in Russland. Die Grünen-Europa-Abgeordnete Rebecca Harms darf nicht einreisen, der NPD-Abgeordnete des Europaparlaments, Udo Voigt, darf.
Seit der Annexion der Krim und des Krieges in der Ost-Ukraine befindet sich Russland in einer internationalen Isolation, jetzt freut man sich über jeden Verbündeten. Europas Konservative zum Beispiel. Die hat die vom Kreml gegründete Partei "Rodina" ("Heimat") zu einem internationalen Forum an die Newa eingeladen. Mit Konservatismus haben allerdings weder Gastgeber noch Gäste etwas am Hut, sagt der Moskauer Politikprofessor Emil Pain.
Ein Dutzend Studenten protestiert gegen den "Nazi-Treff"
"Man tritt nicht für Konservatismus ein, sondern gegen alles was neu ist. Und damit erreicht man eine Unterstützung nicht von 85 Prozent, sondern sogar von 100 Prozent."
Ein Dutzend Studenten protestiert gegen den "Nazi-Treff", wie sie das Forum nennen. Es sind mehr Polizeifahrzeuge da als Demonstranten. Die Polizisten umzingeln die Demonstranten so dicht, dass sie jedes Wort der Diskussion verstehen, die eine Studentin mit einem Vertreter des Ultra-Rechten-Forums führt.
"Warum setzen sie Verbrecher mit Migranten gleich?", fragt sie.
Er: "Das machen wir nicht."
"Was verstehen Sie unter nationalen Interessen?"
"Politkowskaja, Beresowski, Nemzow – ich weiß, wo sie jetzt sind: in der Hölle."
"Das sind wirtschaftliche Interessen, von Migranten rede ich nicht, ich spreche von der geopolitischen Katastrophe, die der Zerfall der Sowjetunion war."

Im Saal macht sich der Ultra-Nationalist Chris Roman aus Belgien über die kleine Demo lustig. Vor allem aber über die ermordete Journalistin Anna Politkowskaja, den jüdischen russischen Unternehmer Boris Beresowski und den Anfang März erschossenen Oppositionspolitiker Boris Nemzow.
"Politkowskaja, Beresowski, Nemzow – ich weiß, wo sie jetzt sind: in der Hölle. Vor Kurzem traf ich einen ehemaligen deutschen Soldaten, der mir sagte: Hätten wir doch damals lieber die USA überfallen als Russland. Ich habe ihm Recht gegeben. Der Feind heute ist die westliche Demokratie. Amerika will Russland überfallen. Ich danke Russland, dass es die Kraft gefunden hat, einen dritten Weltkrieg zu verhindern."
Offen fremdenfeindliche, rassistische Aufrufen
Die meisten Sprecher wenden sich mit offen fremdenfeindlichen, rassistischen Aufrufen an das Publikum im Saal. Keiner widerspricht, keiner relativiert, man bestärkt sich vielmehr gegenseitig. Vertreter von elf nationalistischen Parteien in Europa haben sich an der Newa versammelt. Alle sind rechtsextrem, gegen fast alle wurden Gerichts- bzw. Verbotsverfahren geführt oder erwogen, unter anderem gegen die NPD. Deren Europa-Abgeordneter Udo Voigt hat Ende vorigen Jahres sieben Mitglieder der "Goldenen Morgenröte" im Gefängnis besucht. Ihnen werden Geldwäsche, Mord und organisierte Kriminalität vorgeworfen. Den Schulterschluss zwischen Russland und Griechenland begrüßt Voigt nicht nur, er findet ihn ausbaufähig.
"Ich warte eigentlich auf den Tag, an dem Putin den Griechen anbietet, in die Eurasische Union zu kommen, weil ihm dann gelingen würde, politischen Einfluss gerade in den westeuropäischen Staaten zu gewinnen und das würde einer mehrkularen Weltordnung entsprechen. Wir würden uns freuen, wenn dadurch die monokulare Weltordnung der USA widersprochen werden könnte."
Wenn Voigt "mehrkular" sagt, meint er multipolar.
Das Forum der sogenannten Konservativen findet mit Wissen von Präsident Wladimir Putin statt, ist der russische Politologe Emil Pain überzeugt:
"Nichts im heutigen Russland geschieht ohne Wissen des Kremls. Das ist umso interessanter, weil heutzutage niemand in Russland irgendeine Initiative von sich aus entwickelt."
So ziemlich jeder, der sie oder Moskau kritisiert, wird als Faschist bezeichnet.
Der Kreml protegiert rechtspopulistische Parteien in Europa mehr oder weniger offen. Der französische Front National hat russischen Hackern zufolge einen Millionenkredit bekommen als Belohnung dafür, dass Marine Le Pen das Krim-Referendum nach der Annexion billigte.
Die in Sankt Petersburg versammelten Putin-Freunde wehrten sich vehement dagegen, dass man sie als Neo-Nazis bezeichnet, obwohl sie offen intolerant gegen Minderheiten sind, Gewalt gegen Andersdenkende unterstützen. So ziemlich jeder, der sie oder Moskau kritisiert, wird als Faschist bezeichnet. Zum Beispiel von dem Schotten Jim Dowson.
"Millionen Russen sind im Kampf gegen Nazis gestorben. Die Europäische Union sind Nazis. Gehen Sie nach Brüssels, da sind Gebäude mit hunderten von ihnen. Barack Obama ist ein weiterer Nazi. Die Rettung seid Ihr, Ihr mutigen Russen, Eurer Glaube und Eurer Führer. Weil Wladimir Putin versteht, dass die Rechte der Mehrheit wichtiger sind als die Launen und Perversionen von Minderheiten."
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