Außenminister Lawrow spricht von "geplanter Provokation"
Der russische Präsident Putin hatte auf den Abschuss des Kampfjets im Gebiet um die türiksch-syrische Grenze mit scharfen Worten reagiert. Russland sieht sich im Recht, die Türkei sei ihr in den Rücken gefallen. Heute legte Außenminister Lawrow nach.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat heute nach eigenen Angaben eine Stunde mit seinem türkischen Amtskollegen telefoniert. Von Entspannung zwischen Moskau und Ankara ist danach nichts zu spüren. Lawrow sagte:
"Ich habe auf seine Aufrufe hin, gute Beziehungen zu erhalten und einen Dialog zu führen, bekräftigt, was unser Präsident schon gesagt hat: Einen Dialog muss man führen, bevor man Gewalt anwendet. Und natürlich werden wir unsere Beziehungen zur Türkei nach dem Angriff auf unser Flugzeug gründlich überdenken und neu bewerten."
Ein baldiges persönliches Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen schloss Lawrow aus, heißt es aus seiner Behörde. Premierminister Medwedew sagte, zahlreiche russisch-türkische Wirtschaftsprojekte stünden jetzt infrage. Außenminister Lawrow bezeichnete den Abschuss des russischen Kampfjets heute als eine "geplante Provokation": "Wir haben massenweise Hinweise darauf, dass der Vorfall von langer Hand vorbereitet wurde. Sie haben nur einen Vorwand abgewartet."
Unterstützung eines radikalen Islam
Russland wird nun die Luftabwehr des russischen Militärstützpunktes in Syrien verstärken. Das gab Präsident Putin heute bekannt. Es geht um Boden-Luft-Raketen vom Typ S-400. Sie können Kampfflugzeuge und Marschflugkörper bekämpfen sowie taktische Raketen abfangen. Putin erhob erneut schwere Vorwürfe gegen die Regierung der Türkei.
"Die ganze Welt sieht: Innenpolitisch unterstützt die heutige Führung der Türkei seit mehreren Jahren schon die Islamisierung des Landes. Der Islam ist eine große Religion, aber hier geht es um die Unterstützung eines radikalen Islam."
Noch vor zwei Monaten war der türkische Präsident Erdogan Gast bei der Eröffnung einer zentralen Moschee in Moskau gewesen – eine russisch-türkische Freundschaftsgeste.
Ausschreitungen an der türkischen Botschaft in Moskau
Jetzt spricht Russland von einer Terrorgefahr in der Türkei, die so groß sei wie in Ägypten. Das Außenministerium hat russischen Staatsbürgern empfohlen, von Reisen in das Land abzusehen. Die staatliche Tourismusbehörde hat sich dem angeschlossen und den Reiseunternehmen nahegelegt, keine Reisen mehr in die Türkei zu verkaufen. Der Außenpolitiker Konstantin Kosatschow sagt dazu:
"Die Leute sollten mit den Füßen abstimmen. Es ist wichtig, dass die russische Gesellschaft der Türkei ein konsolidiertes Signal sendet, dass sie das Vorgefallene kategorisch ablehnt."
Vor der türkischen Botschaft in Moskau kam es heute zu Ausschreitungen. Hunderte Menschen demonstrierten gegen die türkische Regierung, einige warfen Steine und Farbbeutel auf das Gebäude, mehrere Fenster gingen zu Bruch. Die Polizei schaute zunächst zu.
Unterdessen wurde bekannt, dass der zweite Pilot des abgeschossenen Kampfflugzeuges am Leben ist. Er soll sich auf dem russischen Stützpunkt in Syrien befinden. Er hatte sich mit dem Schleudersitz gerettet. Sein Kollege war gestern getötet worden, ebenso ein weiterer an der Rettungsaktion beteiligter russischer Soldat.