"Es gibt Grenzen für die Intimität"
Ruth Westheimer ist die bekannteste Sexualtherapeutin der USA, wenn nicht weltweit. Die 87-jährige "Dr. Ruth" praktiziert das tägliche Gespräch über Sexualität, findet aber zugleich, dass es Grenzen der "Übersexualisierung" geben sollte. Die ständige Bilderflut habe Auswirkungen auf das Sexualleben.
Die wissenschaftliche Laufbahn von Ruth Westheimer begann mit einem Soziologiestudium, dann kamen Psychologie und Pädagogik dazu. Ihre Promotion handelte vom Thema Familienplanung bei sozial benachteiligten Familien in Harlem/New York. Inzwischen ist seit fast 50 Jahren weltweit als Sexualtherapeutin und Sexualberaterin unterwegs.
Westheimer kritisierte im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur auch Verfallserscheinungen der Werbebranche beim Thema Sexualität.
"Mich stört, dass ich im Taxi sitze in New York und da kommt dann eine Reklame für Unterhosen. Und dann sieht man, dass der Mann eine Erektion hat. Mich stört das. Ich bin altmodisch. Ich spreche so offen über Sex. Aber ich finde, das hat jetzt irgendwo die Grenzen überschritten. Wir wissen alle, dass Sex sich verkauft. Aber irgendwo hat man vergessen, dass es auch eine Grenze gibt."
Die Auswirkungen medialer Überflutung
Sie halte es für übertrieben, Sex in dieser Form auszustellen, meinte Westheimer. Das habe außerdem auch Auswirkungen auf unser Sexualverhalten:
"Wenn das auf das Gehirn einspielt und man das benutzen kann in der Phantasie während des Sexualverkehrs – wunderbar. Aber es gibt jetzt niemanden, der sagt: Es gibt auch Grenzen. Es gibt Grenzen für die Intimität. Und wenn die ganze Zeit jedes Bild nur noch von Sexualität ist, dann verliert das an Eindruck."
Die Allgegenwärtigkeit dieses Themas in der Medienwelt verändere unsere Haltung gegenüber dem Sex, erzählte Westheimer aus den erfahrenen Gesprächen mit ihren Patienten.
"Wenn das auf das Gehirn einspielt und man das benutzen kann in der Phantasie während des Sexualverkehrs – wunderbar. Aber es gibt jetzt niemanden, der sagt: Es gibt auch Grenzen. Es gibt Grenzen für die Intimität. Und wenn die ganze Zeit jedes Bild nur noch von Sexualität ist, dann verliert das an Eindruck."
Die Allgegenwärtigkeit dieses Themas in der Medienwelt verändere unsere Haltung gegenüber dem Sex, erzählte Westheimer aus den erfahrenen Gesprächen mit ihren Patienten.
"Das Schwierige ist: Wenn man ein Bild im Kino zeigt, das suggeriert, das ein Mann für zwei Stunden eine Erektion oder eine Frau solche Orgasmen hat, dass sie schreien muss, denken manchmal Leute, dass sie nicht normal sind. Denn bei ihnen im Bett geht es nicht so zu. Die vergessen dann, dass das Reklame und Film ist, dass es nicht in der Realität stattfindet. Das muss man ihnen erklären."
Wie offen sprechen Menschen über ihre Sexualität?
Beim Thema Sexualität gibt es die Offenheit und es gibt auch Tabu-Themen. Wie offen sprechen die Menschen mit Ruth Westheimer über ihre ganz persönliche Sexualität?
"Wahrscheinlich sprechen viele Menschen mit mir mit mehr Offenheit über ihre Sexualität als mit ihrem Partner. Und ich sage dann: 'Das ist in Ordnung.' Zu Frauen sage ich etwa: 'Sagt dem Mann nicht, dass der letzte Liebhaber einen größeren Penis gehabt hat. Der wird das nie vergessen.' Und ihm sage ich: 'Sagt nicht, dass Ihr lieber Frauen habt mit großen Brüsten. Aber du kannst das in der Phantasie benutzen. Du kannst alles in der Phantasie benutzen. Aber halt Deinen Mund.'"
"Wahrscheinlich sprechen viele Menschen mit mir mit mehr Offenheit über ihre Sexualität als mit ihrem Partner. Und ich sage dann: 'Das ist in Ordnung.' Zu Frauen sage ich etwa: 'Sagt dem Mann nicht, dass der letzte Liebhaber einen größeren Penis gehabt hat. Der wird das nie vergessen.' Und ihm sage ich: 'Sagt nicht, dass Ihr lieber Frauen habt mit großen Brüsten. Aber du kannst das in der Phantasie benutzen. Du kannst alles in der Phantasie benutzen. Aber halt Deinen Mund.'"
Ruth Westheimer: Lebe mit Lust und Liebe. Meine Ratschläge für ein erfülltes Leben
Herder Verlag, 2015
240 Seiten, 19,99 Euro
Herder Verlag, 2015
240 Seiten, 19,99 Euro