Rutu Modan: "Tunnel"

Comicsatire aus dem Westjordanland

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Ausschnitt aus dem Comic "Tunnel - eine israelische Satire": Mehrere Menschen graben einen unterirdischen Tunnel.
In Rutu Modans Comics treffen Israelis und Palästinenser aufeinander – in einem Tunnel unter der Erde. Die Verwirrung beginnt. © Rutu Modan / Carlsen Verlag
Barbara Buchholz im Gespräch mit Gesa Ufer |
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Rutu Modans neuer Comic ist politisch und lustig zugleich: Es geht um eine israelische Archäologin, die unter der Mauer zum Westjordanland einen Tunnel gräbt. Dort trifft sie auf Palästinenser, die in die andere Richtung unterwegs sind.
Rutu Modan gilt in ihrer Heimat Israel als echte Pionierin: In den 90er-Jahren war sie Mitherausgeberin der israelischen Ausgabe des "MAD Magazin", dann gründete sie ein Comickollektiv mit eigenem Verlag. In Deutschland wurde sie durch ihre Comics "Blutspuren" und "Das Erbe" bekannt. In beiden Geschichten geht es um Familiengeheimnisse und die eigene Identität.
Modans neuer Comic "Tunnel" ist politisch brisant und lustig zugleich. Genau wie in ihren vorherigen Büchern übernimmt eine Frau die Hauptrolle: die Archäologin Nili. Als Vermächtnis ihres Vaters und mit einem ziemlich bunt zusammengewürfelten Team macht sie sich auf die Suche nach der sagenumwobenen Bundeslade, in der die Zehn Gebote verwahrt sein sollen.
Dafür gräbt sie einen illegalen Tunnel unter der Mauer zum Westjordanland und trifft dabei auf zwei Palästinenser, die sich in entgegengesetzter Richtung unter der Sperranlage durchgraben wollen. Nun müssen sich die beiden Parteien miteinander arrangieren, um ihre jeweiligen Missionen noch zum Erfolg führen zu können. Mit 280 Seiten ein umfangreiches Buch und eine ziemlich verwickelte Geschichte.

Mit viel Mimik und Körpersprache

Auch diesem Comic sehen Leserinnen und Leser wieder an: Modan ist Anhängerin des "Ligne claire"-Stils, der "klaren Linie", wie man sie beispielsweise aus "Tim und Struppi"-Comics mit ihren klaren, schwarzen Umrandungen und Pastelltönen kennt. Ebenso klar ist die Erzählweise, trotz aller Verstrickungen und Ränkespiele, die die Geschichte zu bieten hat.
Spannend ist auch der Abspann des Buches mit einem umfangreich aufgelisteten Cast: Er verdeutlicht die Arbeitsweise Modans. Die Zeichnerin bittet Schauspielerinnen und Schauspieler, Szenen darzustellen, macht Fotos und nutzt diese als Vorlagen für ihre Zeichnungen.
"Das Ergebnis sind Darstellungen mit ziemlich viel Mimik und Körpersprache, mit viel natürlich wirkender Bewegung und einem großen Ausdruck bei allen Figuren", sagt Comickritikerin Barbara Buchholz.
(lkn)

Rutu Modan: "Tunnel. Eine israelische Satire"
Aus dem Hebräischen von Markus Lemke
Carlsen Verlag, Hamburg 2020
280 Seiten, 28 Euro

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