70. Geburtstag von Ryūichi Sakamoto

Unbekannter Star mit weltbekannten Werken

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Der japanische Komponist und Pianist Ryūichi Sakamoto mit auffällig dunkel gerahmter Brille und verschränkten Armen lehnt an einer grauen Wand.
Majestätisch und beinahe regungslos: der japanische Komponist Ryūichi Sakamoto © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Yasushi Wada
Wolf Kampmann im Gespräch mit Mascha Drost |
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Ryūichi Sakamoto ist Pianist, Klangdesigner und Filmkomponist. Seine Werke sind vielen bekannt, wie die Filmmusik zu "The Revenant". Über seine Persönlichkeit weiß man dagegen so gut wie nichts. Ein schwieriger Interview-Kandidat, wie auch unser Autor einmal feststellen musste.
In dem Raum des Hamburger Hotels herrschte klösterliche Stille, erinnert sich Wolf Kampmann. Nur ein emsiges Tackern, als würde eine Armada von Ameisen durch den Raum krabbeln, störte die Ruhe. Das Licht war gedimmt, Ryūichi Sakamoto saß ihm mit maskenhaften Zügen gegenüber.

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"Worüber wir sprachen, habe ich über all die Jahre vergessen", meint Kampmann. Aber das Interview, das in den 90er-Jahren stattfand, sei das einzige gewesen, das er je in Flüster-Lautstärke geführt habe. Die Stille durfte nicht durchbrochen werden. Einzig die Ameisen, drei Beschäftigte von Sakamoto mit Laptops, hatten die Befugnis dazu.

Eine gespenstische Interview-Situation

Von Sakamoto gab es nichts: kein Lächeln, kaum eine Regung. „Er hatte etwas Majestätisches, damals auf mich übermenschlich Wirkendes.“ Unser Autor erinnert sich: „Die ganze Situation war gespenstisch und fühlte sich an wie in einem Endzeit-Science-Fiction-Film. Über den Menschen Ryūichi Sakamoto habe ich dabei überhaupt nichts erfahren. Oder vielleicht auch sehr viel.“

Weder Wunderkind noch Senkrechtstarter

Der Japaner Sakamoto gilt als schweigsam, wenn es um seine Person geht. Seine Werke dagegen sind vielen bekannt. Dabei war er weder Wunderkind noch Senkrechtestarter. Seine Anfänge als Pianist lagen im Jazz. Schon früh sammelte er auch Erfahrungen mit klassischer und elektronischer Musik.
Sein erstes Album mit dem Namen „1000 Knives“ erschien, als er 26 war. Diese Mischung aus Electropop, Fusion Jazz, experimenteller Musik und Reggae blieb aber noch weitgehend unbeachtet.
Der japanische Komponist und Pianist Ryūichi Sakamoto lehnt an einer Wand.
Kann ja doch lächeln: der Japaner Sakamoto© picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Yasushi Wada
Der Weltruhm kam, als er sich Ende der 70er dem Yellow Magic Orchestra anschloss. Doch Sakamoto ruhte sich nicht auf seinen Erfolgen aus.

Ein Freund der Zusammenarbeit

Neben seinen zahlreichen Solo-Alben, die immer neue künstlerische Facetten zeigten, arbeitete er mit ganz unterschiedlichen Künstlern aus den Feldern Pop, Rock, Ambient, Techno, Jazz und vielen anderen Bereichen zusammen. Unter ihnen Brian Eno, David Sylvian, Iggy Pop, Arto Lindsay, Youssou N’Dour oder der österreichische Gitarrentüftler Christian Fennesz.
Noch bekannter dürften einige seiner Soundtracks sein, unter anderem für Filme wie „Der letzte Kaiser“, „Little Buddha“ oder „The Revenant“.

Große Neugier

„In jedem seiner Songs, Soundtracks und übrigen Werke kann man ein großes Fragezeichen hören“, erklärt Wolf Kampmann. Und zwar die Frage danach, was darüber hinaus noch möglich sei. Diese Neugier habe bis heute nicht nachgelassen.
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