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S. A. Cosby: "Die Rache der Väter"
© ars vivendi
Toxische Buddies
03:21 Minuten
S. A. Cosby
Übersetzt von Jürgen Bürger
Die Rache der Väterars vivendi, Cadolzburg 2022344 Seiten
24,00 Euro
Mit Martin Luther King in die LGBTQ-Bar: S. A. Cosby begibt sich mit seinem Südstaaten-Krimi „Die Rache der Väter“ auf die Spur eines Hassverbrechens – und auf das Feld der identitätspolitischen Debatten.
In Richmond, Virginia, wird ein junges, schwules Paar auf offener Straße angegriffen und brutal ermordet. Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus und stellt nach einigen Wochen die Ermittlungen ein, während die Väter der Opfer von Trauer und schlechtem Gewissen zerfressen werden: Ike Randolph – schwarz, Ex-Sträfling und mittlerweile mit einem kleinen Unternehmen in einem besseren Leben angekommen – hat es nie akzeptiert, dass sein Sohn schwul war, genau wie Buddy Lee Jenkins, der als Weißer ebenfalls eine kriminelle Karriere hinter sich hat und sich jetzt in einem Trailerpark zu Tode säuft.
Doch nach dem Tod ihrer Söhne wollen sie jetzt das Richtige tun und wenigstens einen Teil ihrer Schuld bezahlen: Die beiden machen sich selbst auf die Suche nach den Tätern.
Mangelnde Impulskontrolle und Schlitzohrigkeit
Die „Die Rache der Väter“ von S. A. Cosby startet als klassisches „buddy movie“, mit Ike Buddy Lee, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Schwarz trifft auf Weiß, middle class auf trailer trash, mangelnde Impulskontrolle auf alkoholgetränkte Schlitzohrigkeit.
Ihre kleinen Streits am Rande – Buddy Lee: »Ich nehme an, du bist kein Country-Fan, oder?“ – sorgen für Tempo, während Cosby in diesem Südstaaten-Krimi gleichzeitig ein ziemlich großes Konfliktfeld rund um „race“, „class“, „gender“ und „sexuelle Orientierung“ absteckt.
"Toxische Männlichkeit" als Sackgasse
In diesem Sinne ist „Die Rache der Väter“ deutlich ambitionierter als der Vorgänger „Blacktop Wasteland“, in dem Rassismus eher subtil verhandelt wurde: Cosbys desperate Hauptfiguren müssen nach und nach lernen, dass „toxische Männlichkeit“ eine biografische Sackgasse ist und der Rückzug auf die eigene minoritäre Position – „schwarz“ bzw. „unterprivilegiert und irgendwie vom Leben betrogen“ – nur kurzfristig Sicherheit verspricht.
Zumindest geraten Ike und Buddy Lee ziemlich ins Straucheln, als sie sich in er LGBTQ-Bar mit Freunden ihrer Söhne treffen und mit ihrer erprobten Männerdominanznummer kein Stück weiterkommen – und Ike sich dann noch in eine leicht jämmerliche „Schwarze haben es in den Südstaaten schwerer als Schwule“-Diskussion verwickelt, die sein Gegenüber ausgerechnet mit einem Martin-Luther-King-Zitat zu Ende bringt:
„Wenn irgendwo Unrecht geschieht, ist die Gerechtigkeit überall in Gefahr.«
Keine woke Erbauungsliteratur
Doch „Die Rache der Väter“ ist am Ende keine woke Erbauungsliteratur. Der Firnis der Zivilisation bleibt dünn, und Cosby – der mit Horror-Literatur begonnen hat – weiß sehr genau, dass ein bisschen mehr Toleranz und ein selbstkritischer Blick auf die eigenen Vorurteile daran nichts ändern.
Als Ike und Buddy Lee in diesem überraschend brutalen Kriminalroman ihren ersten gemeinsamen Mord begehen, beginnen sie auf jeden Fall zu ahnen, dass Gerechtigkeit nur ein anderes Wort für „unstillbare, unversöhnliche Rache“ ist, Rache wiederum nicht mehr als „nett verpackter Hass“
Wer will, kann darin auch einen Kommentar auf die identitätspolitischen Auseinandersetzungen erkennen, die ja im Moment nicht nur in diesem Buch bis auf's Blut geführt werden.