Saarland

Fair-Trade-Land

Das saarländische Wappen vor dem Gebäude des Landtag des Saarlandes in Saarbrücken
Ein Teil der Verwaltungen in den saarländischen Landkreisen und die Landeshauptstadt Saarbrücken hat bereits auf fair gehandelte Produkte umgestellt. © picture alliance / Oliver Dietze/dpa
Von Tonia Koch |
Das Saarland soll nach dem Willen der Landesregierung das "erste faire Bundesland" werden. Das ist im Koalitionsvertrag festgehalten. Schon jetzt gibt es faire Schulklassen und eine faire Hochschule. Aber taugt das Siegel tatsächlich für ein ganzes Bundesland?
In der Anne-Frank-Schule in Saarlouis ist große Pause. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 der Förderschule für Kinder mit erhöhtem Lernbedarf, regeln ihren Pausenverkauf selbst. Sie setzen auf fair gehandelte Produkte.
"Einmal den O-Saft, Nutella-Nuss-Creme von fair Trade, dann die Frucht-Smoothies, die anderen Sachen kommen noch..."
… erläutert Jasmine. Wenn es weiterhin so heiß bleibt, werden sie auch fair gehandelte Melonen verkaufen. Jasmine und Lars engagieren sich seit einem halben Jahr im Fair-Trade-Team der Schule. Aus unterschiedlichen Gründen.
"Dass keine Kinderarbeit drin ist und dass die Leute anständig bezahlt werden."
"Weil es Spaß macht und er ein guter Lehrer ist."
Christian Finkler leitet das Team. Er redet im Unterricht über faire Handelsbedingungen. Händler, die den Kleinbauern vor Ort Mindestpreise zahlen, etwa für Kakao, Kaffee oder Tee. Oder Unternehmen, die zum Beispiel auf Plantagen geregelte Arbeitszeiten einhalten, auskömmliche Löhne zahlen und sich verpflichten, auf Kinderarbeit zu verzichten, können mit einem Fair-Trade-Siegel ausgezeichnet werden. In Deutschland vergibt Transfer, ein gemeinnütziger Verein, das bekannteste dieser Zertifikate. Und immer mehr seiner Schüler würden inzwischen auf das Fair-Trade-Siegel achten, sagt Finkler.
"Das funktioniert sehr gut, die Schüler bringen auch Rückmeldungen aus der eigenen Familie, dass sie es weiter tragen, dass sie in den Geschäften, die Fair-Trade-Produkte sehen und nochmal Rückmeldung geben, welche Produkte noch nicht im fairen Handel sind und nun möchten wir manche Läden in Saarlouis anschreiben und darauf hinweisen, dass sie gar nicht so viel Fair-Trade-Obst führen."

Faires Frühstück im Landkreis Saarlouis

Ein paar 100 Meter entfernt hat der Landkreis Saarlouis in ein Hotel Gastronomen zu einem fairen Frühstück geladen. Die Direktorin des Hotels, Agnès Buschendorf, gehört in der Gastro-Branche zu den Vorreitern.
"Die ganzen Tees sind alle Fair Trade, kleine Schokoladen zum Kaffee, dann die Säfte und das Müsli, croustillant chocolat, Nuss-Nougat-Creme, Marmeladen, Honig…"
Ob ein Gastronom auf fair gehandelte Produkte setze oder nicht, sei eine Frage der Einstellung und nicht des Preises.
"Klar, ist es teuer, hat man bei Bio auch gesagt, am Anfang, als Bio da war, aber ich habe es ausgerechnet. Bei einer Tasse ist es für einen Gastronomen 10 Cent teurer als für einen normalen guten Kaffee. Ich denke mit dem Wareneinsatz von Kaffee und was man daran gewinnt geht noch kein Gastronom Pleite mit 10 Cent mehr pro Kaffee."
Auch der Initiator des Fair-Trade-Frühstücks, der Saarlouiser Landrat Patrick Lauer, will die Preisdiskussion nicht gelten lassen.
"Man muss sagen, dass Fair Trade auch Image fördernd ist. Es gibt eine steigende Zahl von Menschen, denen nicht egal ist, wo ihr Essen herkommt und die durchaus auch bereit sind einen kleinen Obolus mehr zu zahlen, wenn sie wissen, dass sie damit einen Beitrag leisten können für faire und gerechte Handelsbedingungen."

Saarbrücken - Hauptstadt des fairen Handels

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen sei dies ohnehin ein Gebot der Klugheit. Eine Reihe von Schulen im Land, ein Teil der Verwaltungen in den saarländischen Landkreisen, die Landeshauptstadt Saarbrücken, die Universität des Saarlandes und eine wachsende Zahl von Gastronomiebetrieben haben bereits auf fair gehandelte Produkte umgestellt oder versuchen den Einstieg.
Saarbrücken wurde bereits 2015 wegen seiner zahlreichen Schulklassen, die das Thema im Unterricht integriert haben, wegen seiner Beschaffungspolitik und aufgrund der Versorgung der Universität mit fair gehandelten Produkten als Hauptstadt des fairen Handels ausgezeichnet. Dieses bereits vielfältig vorhandene Engagement hat die regionalen Repräsentanten der Fair-Trade-Initiative auf die Idee gebracht, ein Fair-Trade-Siegel auch für ein Bundesland ins Gespräch zu bringen. Fleurance Laroppe.
"Das wird ein Prozess über Jahre, um diese Kriterien zu erfüllen, die alle möglichen Bereiche wie Politik, Zivilgesellschaft, Einzelhandel betreffen, wie gesagt, keine Geschichte über Nacht, ein langatmiges Projekt."
Das Saarland dient dabei als eine Art Testfeld, ob das Fair-Trade-Siegel tatsächlich auch für Bundesländer taugt.
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