Saarlands Ministerpräsident plädiert für mehr Optionskommunen

Peter Müller im Gespräch mit Ute Welty |
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) spricht sich in der Debatte um die Jobcenter für eine Ausweitung der sogenannten Optionskommunen aus. Die Zahl von derzeit 69 Optionskommunen in Deutschland sei "einigermaßen willkürlich", sagte er.
Ute Welty: Was nicht passt, wird passend gemacht, und wenn es das Grundgesetz ist. Vor dieser Aufgabe sieht sich Arbeitsministerin von der Leyen, denn ihr soll jetzt das gelingen, was die Große Koalition in zwei Jahren nicht hinbekommen hat: die Neuordnung der sogenannten Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften. In Jobcentern und Arbeitsgemeinschaften arbeiten Kommune und Arbeitsagentur, also quasi der Bund, zusammen und diese Mischverwaltung ist verfassungswidrig, weil für den Bürger nicht transparent. Die Arbeitsministerin hatte deswegen die Ministerpräsidenten eingeladen.
Nicht das Verfahren an sich wird also neu geordnet, wenn es um die Betreuung von Langzeitarbeitslosen geht, sondern die Ordnung wird dem Verfahren angepasst. – Peter Müller als der saarländische Ministerpräsident von der CDU hat also zusammen mit seiner Parteifreundin, der Arbeitsministerin, einen arbeitsreichen Sonntag hinter sich gebracht. Guten Morgen, Herr Müller!

Peter Müller: Einen schönen guten Morgen.

Welty: Sind Sie zufrieden?

Müller: Ja, ich bin zufrieden, weil ich glaube, dass die Vereinbarungen des gestrigen Abends genau richtig sind. Wir haben in vielen Jobcentern eine gute Zusammenarbeit im Interesse der betroffenen Menschen und wir wollen jetzt die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen, dass auch unter rechtlichen Gesichtspunkten da keine Einwände mehr erhoben werden können. Das ist im Interesse der Betroffenen.

Welty: Was hat denn Ihrer Meinung nach vor allem für eine Grundgesetzänderung gesprochen und wie haben Sie die Arbeitsministerin davon überzeugen können, denn die hat sich im Vorfeld ja durchaus skeptisch geäußert?

Müller: Ich glaube, überzeugend ist am Ende die Praxis, die vor Ort stattfindet. Wir haben viele Jobcenter, in denen gut zusammengearbeitet wird. Entscheidend ist das Prinzip, dass alles aus einer Hand erledigt wird für die betroffenen Menschen. Man muss sich nicht an zwei getrennte Behörden wenden, die eine, die sich um die Eingliederung in den Arbeitsmarkt kümmert, die andere, die Fragen wie beispielsweise das Wohngeld erledigt, sondern nach außen ist es ein einheitlicher Bescheid, man hat einen einheitlichen Ansprechpartner. Das ist vernünftig. Dafür brauchen wir eine Grundgesetzänderung, das hat uns das Bundesverfassungsgericht gesagt, und die Aufrechterhaltung dieser vernünftigen Praxis, das war der entscheidende Gesichtspunkt und deshalb ist es gelungen, gestern Abend die Grundgesetzänderung als Ergebnis festzuhalten.

Welty: Jetzt hat man ja gerade das Grundgesetz geändert, nämlich in beiden Teilen der Föderalismusreform, um Bund, Länder und Kommunen, deren Aufgaben und Finanzen sauber zu trennen. Jetzt wird ein Teil dieser Trennung wieder aufgehoben. Irgendwo ist da doch ein entscheidender Fehler passiert, oder?

Müller: Ich glaube, man kann in diesen Fragen nicht sagen, es gibt immer nur die eine oder immer nur die andere Lösung. Wir haben hier einen Bereich, in dem es gemeinsame Zuständigkeiten gibt, auf der einen Seite des Bundes, auf der anderen Seite der Kommunen, und dann muss halt die verfassungsrechtliche Lage dem angepasst werden. Als wir die Föderalismusreform verabschiedet haben, sind wir davon ausgegangen, dass es dazu einer speziellen verfassungsrechtlichen Ermächtigung nicht bedarf, dass das zulässig ist. Das hat das Bundesverfassungsgericht anders gesehen und dem tragen wir jetzt Rechnung.

Welty: Jetzt brauchen Sie ja für eine Grundgesetzänderung eine deutliche Mehrheit, sprich auch die Hilfe der SPD. Die bietet jetzt an, dass man die Zahl der sogenannten Optionskommunen erhöht. Da liegt ja die Verwaltung dann ganz in kommunaler Hand. Sind mehr Optionskommunen für Sie eine Option?

Müller: Das war immer eine Forderung der Union. Wir sind sogar der Meinung, man sollte generell die Möglichkeit der Option eröffnen. Wir haben zurzeit 69 sogenannte Optionskommunen. Es gibt eigentlich gar keinen Grund, dies auf die Zahl 69 zu beschränken, die ist einigermaßen willkürlich. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man eine solche Zahl in die Verfassung hineinschreibt. Deshalb sagen wir, wir wollen eine solche Option generell eröffnen, und dann kann vor Ort in den Kreisen, in den Städten entschieden werden, ob man in den Argen weiter, in den Arbeitsgemeinschaften weiter zusammenarbeitet, oder ob man diese Option zieht. Die Entscheidung vor Ort scheint mir die sinnvollste Entscheidung in diesem Fall zu sein und deshalb hoffe ich, dass es mit den Sozialdemokraten gelingt, eine solche generelle Optionsmöglichkeit in das Grundgesetz aufzunehmen.

Welty: Aber eine Optionskommune an sich würde doch die Verfassungsänderung überflüssig machen?

Müller: Das ist dann der Fall, wenn es nur noch Optionskommunen gäbe und kein anderes Modell mehr. Die Bereitschaft, generell die Option festzuschreiben, ist von Seiten des Bundes nicht gegeben. Da gibt es auch ein paar Argumente, die durchaus nachvollziehbar sind. Der Bund sagt beispielsweise zurecht, es kann ja nicht sein, dass wir die Finanzverantwortung für den gesamten Bereich der Arbeitsmarktpolitik haben, aber dann mit einem Modell der Optionskommune praktisch keine Kontrolle über das Geld haben, das wir zur Verfügung stellen. In vielen Kommunen ist es auch so, dass die Arbeitsgemeinschaft gewollt ist und nicht die Option gewollt ist, und deshalb sollte man das auf kommunaler Ebene freistellen und auf kommunaler Ebene entscheiden.

Welty: Wie gesagt seit zwei Jahren wird versucht, die Angelegenheit zu regeln. Erst hat sich die SPD gesperrt, dann waren die CDU-Ministerpräsidenten für einen Kompromiss, die CDU-Spitze dagegen. Was könnte denn jetzt den gordischen Knoten durchschlagen?

Müller: Ich glaube, dass man jetzt schnell über eine Formulierung reden muss, die man ins Grundgesetz aufnehmen kann. Ich glaube, dass die Frage der Optionskommunen keine ganz einfache Frage ist. Die Sozialdemokraten waren in dieser Frage immer zurückhaltender, als das bei der Union der Fall ist. Ich gehe aber davon aus, dass es relativ zeitnah möglich ist, sich zu verständigen und auf dieser Grundlage dann die Hausaufgaben, die das Bundesverfassungsgericht uns gegeben hat, zu erledigen.

Welty: In den Jobcentern und Arbeitsgemeinschaften wird man sich unter Umständen auf neue Regelsätze einstellen müssen für Langzeitarbeitslose und vor allem für deren Kinder, denn darüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht morgen. Was würden Sie sich wünschen, was dieses Urteil angeht?

Müller: Zunächst einmal gebietet es der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht, diese Entscheidung abzuwarten. Ich persönlich erwarte, dass insbesondere bei der Frage, wie wird der Regelsatz für Kinder festgesetzt, noch einmal eine sehr grundsätzliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stattfindet. Ich sehe dort auch Veränderungsbedarf. Wenn Sie sich anschauen, dass der Regelsatz für Kinder beispielsweise nicht beinhaltet die Teilnahme am Schulmittagessen, dann muss dort nachgebessert werden. Das ist eine Position, die mein Land auch über viele Anträge im Bundesrat seit Jahren vertritt, und deshalb gehe ich davon aus, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hier noch einmal grundsätzlich neu nachgedacht wird.

Welty: Der Bund, die Länder und die Kommunen und mitten drin der saarländische Ministerpräsident Peter Müller im Deutschlandradio Kultur. Danke für das Gespräch und einen guten Tag wünsche ich.

Müller: Bitte schön! Einen schönen guten Tag.
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