Saarlands Schuldenpolitik

Armes reiches Land

Das Gelände des Bergwerks Nordschacht in Falscheid.
Die Zeit der Bergwerke, wie in Falscheid, ist im Saarland vorbei. Die meisten Menschen arbeiten in Automobilunternehmen, die aber im Bundesland keine Steuern zahlen. © imago / Becker&Bredel
Von Tonia Koch |
Das Saarland ist pleite, mit 18 Milliarden Euro stehen die Städte und Gemeinen in der Kreide. Das Pro-Kopf-Einkommen ist zwar verhältnismäßig hoch - und doch benötigt das Land wesentlich mehr Geld aus dem Länderfinanzausgleich als bislang.
Honecker-Parodist: "Wir sind froh, dass wir im Saarland noch eine Putzfrau haben, die im Landtag putzt."
Auf der Karnevalsbühne steht Erich Honecker in seinen besten Zeiten. Der SED-Chef kündigt "es Gretel" an, die im Saarland bekannteste Reinigungskraft, mit Besen, Kittel und Kopftuch.
Gretel: "Heute gar keine Musik zum Einmarsch, die Sparmaßnahmen greifen schon beim VSK. Ach ihr Leut', ist das ein Stress! Da hatte es bei und geschneit und ich habe es gerade so geschafft, von Aachen noch einmal hier her zu kommen. Ich war ja mit der Kramp-Karrenbauersch gestern in Aachen, die hat da so einen komischen Orden gekriegt, irgendetwas mit Tierschutz."
Der Aachener Karnevalsverein hat Annegret Kramp Karrenbauer in diesem Jahr mit dem Orden wider den Tierischen Ernst ausgezeichnet. Ihrer humorvollen Ehrlichkeit wegen, heißt es in der Begründung. Heute aber ist Aschermittwoch, da ist Schluss mit lustig. Es zählt nur noch die Ehrlichkeit. Und ehrlich betrachtet ist das Saarland ziemlich pleite. Das Land steckt in einer finanziellen Klemme aus der es nur noch mit Hilfe anderer herausfinden kann.
Kramp-Karrenbauer: "Wir können die Altlastenproblematik nur in der Solidarität aller Bundesländer und auch des Bundes lösen."
Hinter der Altlastenproblematik verbirgt sich ein dynamischer Prozess, der die Verschuldung des Landes immer weiter steigen lässt. Das Land und seine Städte und Gemeinden stehen mit 18 Milliarden Euro in der Kreide. Und diese Schulden, die zumindest zu einem Teil auf den wirtschaftlichen Anpassungsprozess zurückzuführen sind, den das Saarland in den vergangen Jahrzehnten durchlaufen hat, wachsen, auch wenn noch so sehr gespart wird, erläutert Finanzminister Stefan Toscani.
Toscani: "500 Millionen Euro geben wir jährlich an Zinsen für unsere Altschulden aus."
Immer neue Schulden für die Zinsen
Um die Zinsen zu bedienen, muss das Land immer mehr und immer neue Schulden machen. Damit ist es jedoch 2020 vorbei, dafür sorgt die Schuldenbremse. Deshalb muss es dem Saarland gelingen, die anderen Länder und den Bund davon zu überzeugen, dass die Altschuldenproblematik gelöst werden muss, wenn das Land überleben soll.
Toscani: "Die Altlasten sind ein blinder Fleck im System, die werden bisher nicht berücksichtigt, das ist der Grund dafür, dass wir im Vergleich zu Sachsen und Berlin so wenig aus dem Länderfinanzausgleich bekommen."
Andererseits verfügt das Saarland über eine ansehnliche Wirtschaftskraft. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt über dem der Nachbarn in Rheinland-Pfalz, über Berlin oder Niedersachsen. Das Saarland hält tausende Arbeitsplätze für Pendler aus Rheinland-Pfalz und aus Frankreich bereit. Aber diese Pendler, insgesamt etwa acht Prozent der Beschäftigten, zahlen im Saarland keine Steuern. Sie werden am Wohnort besteuert. Frankreich ist als Wohnsitzland nach wie vor beliebt, sagt Macij Maniecki.
Maniecki: "Wenn man ehrlich ist, Steuerflüchtling, du wirst viel besser besteuert, wenn du ganz normal arbeitest, hast du mehr vom Geld."
Die Steuerlast zu minimieren, ist legitim. Doch auch Grenzgänger nutzen die Infrastruktur wie Straßen oder Schulen, die unterhalten werden muss. Zu den steuerlich ungünstigen Faktoren zählt auch, dass der mit Abstand größte Arbeitgeber im Saarland die Automobilindustrie ist. Ford, Bosch, ZF, Michelin, sie alle haben hier Produktionsstätten, aber eben keine Zentralen. Der größte Teil der wirtschaftlichen Leistung wird daher woanders verbucht -in Bayern oder Baden-Württemberg- zum Beispiel.
Toscani: "Im Grunde bleibt von dem hier Erarbeiteten zu wenig hängen."
Mit dieser Einschätzung ist der saarländische Finanzminister sicher nicht allein.
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