Auszeit vom Job
Viele Menschen nutzen eine berufliche Auszeit, ein sogenanntes "Sabbatical" oder Sabbatjahr, um zur Ruhe zu kommen. © picture alliance / Westend61 / David Molina Grande
Welche Chancen ein Sabbatical bietet
Einfach mal ein Jahr lang nicht arbeiten: Viele Menschen träumen davon. Doch die Hürden für ein Sabbatical sind recht hoch. Vor allem Besserverdienende können sich eine Auszeit leisten.
Das Sabbatical, das im Deutschen auch Sabbatjahr genannt wird, ist an US-amerikanischen Universitäten entstanden. Es ermöglichte Professorinnen und Professoren, ein Semester bei vollem Gehalt ausschließlich zu forschen, ohne sich um die Lehre kümmern zu müssen. Inzwischen hat sich die Bedeutung des Begriffs gewandelt. Wer ein Sabbatical macht, verabschiedet sich für einige Monate von seinem Job, um zum Beispiel zu reisen. In Deutschland haben Arbeitnehmende keinen rechtlichen Anspruch auf ein Sabbatical. Stattdessen müssen sie mit ihrem Arbeitgeber klären, ob sie sich eine Auszeit nehmen dürfen. Verschiedene Modelle haben sich inzwischen etabliert.
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Was ist ein Sabbatical?
Heute wird unter einem Sabbatical eine befristete Auszeit vom Job verstanden. Der Sonderurlaub kann ein paar Monate, ein Jahr oder auch länger dauern. In dieser Zeit ruht der Arbeitsvertrag. Da Arbeitnehmende in Deutschland keinen gesetzlichen Anspruch – wenige Berufsgruppen ausgenommen – auf ein Sabbatical haben, ist die Dauer variabel und muss individuell zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden.
Wie viele Menschen sich derzeit für eine Auszeit vom Job interessieren, ist nicht bekannt. Klar ist aber, dass die Work-Life-Balance vor allem in der sogenannten Generation Z immer mehr an Bedeutung gewinnt. Unternehmen, die Sabbaticals genehmigen, gelten unter jüngeren Arbeitnehmenden als attraktiver. In Zeiten des Fachkräftemangels kann das einen Unterschied machen.
Einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge ermöglicht jedoch nur ein Viertel der deutschen Unternehmen Sabbaticals. Je größer die Firma, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeitende ihren Wunsch nach einer Auszeit verwirklichen können. Je kleiner ein Betrieb, desto schwieriger ist es für diesen, Mitarbeitende während einer längeren Pause zu ersetzen.
Wer kann ein Sabbatical machen?
Beamte, Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Lehrerinnen und Lehrer haben das Privileg, ein Sabbatjahr einlegen zu dürfen. Für alle anderen Berufsgruppen besteht kein gesetzlicher Anspruch auf ein Sabbatical. Sie sind abhängig vom Wohlwollen ihres Arbeitgebers. Freiberufler und Selbstständige können sich eine Auszeit nehmen, indem sie für einen bestimmten Zeitraum keine Aufträge annehmen.
Da die meisten Menschen keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical haben, kommen in der Regel vor allem Besserverdienende in den Genuss einer solchen Auszeit. Wer nicht groß erbt und zu wenig verdient, um Geld anzusparen, wird es schwer haben, ein Sabbatical zu machen. So würden gerade die Menschen ausgeschlossen, die ein Sabbatical besonders gut gebrauchen könnten, monieren Kritiker und verweisen auf Erzieher oder Pflegekräfte, die im Job einer hohen Belastung ausgesetzt sind.
Fachleute wie die Karriereberaterin Silke Koppitz raten dennoch dazu, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Auch wenn bislang niemand im Betrieb ein Sabbatical gemacht habe, bedeute das nicht, dass es für die Zukunft ausgeschlossen sei: „Wir sind gerade in einem Arbeitnehmer:innen-Markt, das heißt, die Macht haben die Arbeitnehmenden. Daher werden die Unternehmen flexibler, weil sie es als Möglichkeit der Mitarbeiterbindung nutzen“, sagt Koppitz.
Wie lässt sich ein Sabbatical finanzieren? Welche Sabbatical-Modelle gibt es?
Es gibt verschiedene Finanzierungsmodelle für ein Sabbatical. Sie müssen mit dem Arbeitgeber ausgehandelt und sollten vertraglich festgehalten werden, damit es während des Sabbaticals oder nach der Rückkehr nicht zu bösen Überraschungen kommt. Wird mit dem Arbeitgeber eine unbezahlte Freistellung vereinbart, erhält der Arbeitnehmende kein Gehalt und muss die Beiträge für seine Krankenversicherung selbst übernehmen. Eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz ist möglich.
Beim Teilzeitmodell erhalten Arbeitnehmende einen Teilzeitvertrag, arbeiten aber in Vollzeit. Sie verzichten in der Ansparphase vor dem Sabbatical auf einen Teil ihres Lohns, bekommen dann aber während der Auszeit weiterhin das reduzierte Gehalt. Sie bleiben über den Arbeitgeber sozialversichert und können nach ihrer Auszeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Einigen sich Arbeitnehmende und Arbeitgeber auf ein Langzeitarbeitskonto (auch Langzeitkonto oder Wertguthaben), bedeutet dies für Arbeitnehmende, dass sie weniger Lohn bekommen, als ihnen eigentlich zusteht, und die entsprechende Differenz vom Arbeitgeber angespart wird. Überstunden, Urlaubstage, Weihnachtsgeld oder sonstige Zulagen können ebenfalls auf dieses Konto einzahlt werden. Mit der angesparten Summe auf dem Langzeitarbeitskonto können Arbeitnehmende dann ihr Sabbatical finanzieren, sie bleiben weiterhin über den Arbeitgeber sozialversichert. Auch bei diesem Modell ist die Rückkehr an den alten Arbeitsplatz möglich.
Bei einer Kündigung muss das Sabbatjahr komplett selbst finanziert werden. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gibt es nicht, wenn man dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht. Das ist dann der Fall, wenn man beispielsweise durch die Welt reist. Auch Sozialversicherungen werden in einem solchen Fall nicht von der Arbeitsagentur übernommen und müssen selbst bezahlt werden.
Wieviel Geld angespart werden muss, ist von vielen Faktoren abhängig. Wer ins Ausland reist, kann von niedrigeren Lebenshaltungskosten profitieren und die eigene Wohnung in Deutschland untervermieten.
Was ist im Sabbatical erlaubt und was bringt es?
Da es keine rechtliche Grundlage gibt, ist alles erlaubt, sofern es keine anderslautenden vertraglichen Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden gibt. Einige nutzen die Zeit für Fernreisen, andere engagieren sich in der Entwicklungshilfe, machen Praktika oder Fortbildungen, und wieder andere bauen ein Haus oder pflegen Angehörige.
Viele Menschen, die von einem Sabbatical zurückkehren, berichten davon, dass dies eine prägende Erfahrung für sie war. Sie fühlen sich erholter, zufriedener und motivierter als vor Beginn der Auszeit. Oftmals wird ihnen durch die längere Pause klarer, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen, dass sie zum Beispiel weniger arbeiten, mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen, die Welt entdecken oder sich ehrenamtlich engagieren möchten. Manche orientieren sich auch beruflich neu. Eine Studie im Auftrag der Linkspartei-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung aus dem Jahr 2017 sowie ein Arbeitspapier der Hans-Böckler-Stiftung von 2020 bestätigen die positiven Effekte, die ein Sabbatical auf die Work-Life-Balance haben kann.
Damit die Rückkehr aus dem Sabbatical gelingt, sei es wichtig, sich schon im Vorfeld darüber Gedanken zu machen, empfiehlt Unternehmenscoach Carsten Alex. Andernfalls laufe man Gefahr, in Beruf und Alltag direkt wieder gestresst zu sein.
Welche Alternativen gibt es zum Sabbatical?
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der Pausen oft keinen hohen Stellenwert haben. Dabei sei der natürliche Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung lebenswichtig, meint Burnout-Coach Helen Heinemann. Statt lange Zeit auf ein Sabbatical hinzusparen, rät sie zu viele kleinen Pausen im Alltag, um Stress abzubauen.
Alle Arbeitnehmenden haben einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit. Dadurch verdient man zwar weniger und zahlt auch weniger in die gesetzliche Rente ein, hat aber mehr Zeit zur freien Verfügung.
Kurze Auszeiten bei gesundheitlichen Beschwerden bieten Kuren, die bei den Krankenkassen beantragt werden können. Mutter-Kind- oder Vater-Kind-Kuren dauern in der Regel drei Wochen und werden von den Krankenkassen übernommen.
Außer in Bayern und Sachsen besteht in allen Bundesländern die Möglichkeit, beim Arbeitgeber einen fünf- bis zehntägigen Bildungsurlaub zu beantragen. In der Zeit erhalten Arbeitnehmer weiter ihr Gehalt und ihre regulären Urlaubstage werden nicht angetastet. Ein Bildungsurlaub kann ein Sprachkurs sein, aber auch eine Woche Yoga an der Ostsee. Die Kosten für den Kurs tragen die Arbeitnehmer.
Mobiles Arbeiten hat seit der Corona-Pandemie in einigen Berufen zugenommen. Wenn man nur noch einen Computer und eine Internetverbindung für die Arbeit braucht, kann der Arbeitsort frei gewählt werden – sofern der Arbeitgeber damit einverstanden ist.
Daraus hat sich das Workation-Modell entwickelt. Der Begriff setzt sich aus „work” und „vacation” zusammen und beschreibt die Kombination von Arbeit und Urlaub. Das ermöglicht es Arbeitnehmenden, digitalen Nomaden und Freelancern, tagsüber am Laptop zu arbeiten und danach im Meer zu schwimmen.
rey