Bürgerrechte als Herzensangelegenheit
Aus "Widerborstigkeit" ist sie in die Politik gegangen, aus Überzeugung engagiert sie sich auch heute noch für Datenschutz und Bürgerrechte. FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Gespräch - über Google, Frauen in der Politik und Amateur-Kabarett.
Jugendliche Widerborstigkeit - so hat Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einmal den Grund für ihr Eintreten in die Welt der Politik und in die FDP beschrieben. Liberal zu sein bedeutet für sie in allererster Linie, sich für die "Freiheitswerte in unserer Gesellschaft" einzusetzen, ganz besonders in einer Zeit wie jetzt, wenn Sicherheitsfragen immer mehr in den Vordergrund rücken:
"Denn immer werden sie in Terrorsituationen, Krisensituationen, in Gefährdungssituationen schrittweise eingeschränkt, was im Moment als mal richtig von vielen bewertet wird, wo aber keiner darüber nachdenkt, dass sie später nie mehr wieder zurückgegeben werden - sondern Einschränkungen sind eigentlich dann immer – ja, lebenslang."
Lob für die Bundeskanzlerin
Dass Angela Merkel vor etwa einem Jahr die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet hat, sei in der Situation genau richtig gewesen:
"In der damaligen Situation – und man muss sich heute immer noch vor Augen führen – wie fürchterlich die Situation für viele, viele Flüchtlinge war in Dreck und Schlamm ohne Perspektive, Gefährdung für Kleinstkinder, ganz viele junge Menschen. Und da habe ich in diesem Moment verstanden, dass die Kanzlerin gesagt hat: das können wir so nicht hinnehmen. Die Grenzen werden, in Absprache übrigens mit den Österreichern, mit Herrn Faymann, geöffnet. Die Flüchtlinge können kommen. Und soll sie denn in dem Moment sagen, wir öffnen die Grenzen, wir lassen Flüchtlinge rein, aber wir schaffen das alles nicht?"
Für die eigenen Überzeugungen einstehen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betont, wie wichtig ihr es sei, für ihre Überzeugungen einzustehen, auch unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Sich öffentlich zu streiten, wie es derzeit die Union tue, hält sie allerdings für unverantwortlich:
"Das ist genau das Falsche in der heutigen Situation, wo es eben am rechten Rand eine Partei gibt, die vor keinerlei populistischer Schmähkritik und sonstigen Positionierungen zurückschreckt. Und da verstehe ich nicht, dass die Unionsparteien auch noch sich selbst so schwächen."
Ihre Standhaftigkeit ist das Markenzeichen der Rechtsanwältin geworden. So zeigte zum Beispiel ihr Rücktritt vom Amt der Bundesjustizministerin 1995, dass sie sich nicht verbiegen lässt, wenn es um eine Herzensangelegenheit geht: die Bürgerrechte, die sich mit dem geplanten Großen Lauschangriff der damaligen schwarz-gelben Koalition nicht vereinbaren ließen.
Bis heute engagiert sie sich für Datenschutz
Der Kampf für ihre Überzeugungen wurde 2004 belohnt, als das Bundesverfassungsgericht der von ihr mit initiierten Verfassungsbeschwerde Recht gab und den Großen Lauschangriff für verfassungswidrig erklärte. Es folgte eine zweite Amtszeit als Bundesjustizministerin bis 2013.
Obwohl die heute 65-Jährige sich mittlerweile von der großen politischen Bühne zurückgezogen hat, ist sie immer noch engagiert - sei es für den Datenschutz in einer digitalisierten Welt und die Begrenzung der Geheimdienste oder für eine bessere Flüchtlingspolitik.