Sachbuch

Die Warlords und die Bundeswehr

Bundeswehr-Panzer 2013 während einer Übung in Afghanistan.
Gibt es heimliche Kooperationen zwischen westlichen Militärs und Milizen? © picture-alliance / dpa / Maurizio Gambarini
Von Nana Brink |
Geheime Absprachen zwischen westlichen Militärs und Milizen in Afghanistan und anderswo – davon handelt das Buch des Fernsehjournalisten Marc Thörner. Unsere Rezensentin findet diesen Ansatz reißerisch, lobt aber das Kapitel über den Golfstaat Bahrain.
Wie schön, wenn man eine Überschrift gefunden hat, unter der man seine Reisen in Buchform veröffentlichen kann. Afghanistan, Pakistan, Bahrain sind die Rechercheziele des Nahost-Kenners Marc Thörner und in allen will der Autor einen "sanften Putsch" ausgemacht haben. "Wie Militärs Politik machen" - der Untertitel benennt auch gleich die Hauptpersonen.
Gleich zu Beginn wird uns – etwas unvermittelt – Nawid vorgestellt, ehemals Handlager eines Warlords und jetzigen Milizenführers aus Afghanistan. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl vor, aber er "verkauft" der dort stationierten Bundeswehr Informationen. Und der Autor stellt, wie noch häufiger, die Frage: Begeht die Bundeswehr damit einen Rechtsbruch? Und was weiß die Politik darüber?
Sein Kapitel über Afghanistan verhandelt nur diesen einen Fall, aus dem der Autor jedoch den gewagten Schluss zieht: Diese Zusammenarbeit zwischen Militär und Milizen habe System. Das Ziel: Der eigene Schutz. Wer nun denkt, diese Argumentation ließe sich auf Thörner Erlebnisse in Pakistan übertragen, der irrt. Seitenlang erzählt uns der Autor über das Eigenleben der pakistanischen Sicherheitskräfte, um dann den Drohneneinsatz der USA zu kommentieren. Tenor: Die militärische Führung nehme zivile Opfer billigend in Kauf, um sich selbst zu schonen.
Mehr Hintergründe wären wünschenswert
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Marc Thörner: Ein sanfter Putsch© Edition Nautilus
Marc Thörner bereist die Region seit über 20 Jahren, hauptsächlich für die ARD-Rundfunkanstalten und hat 2009 den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus erhalten. Ein Journalist also, der nicht nur kenntnisreich berichten, sondern seine Erkenntnisse auch so verpacken kann, dass sie sich lesen wie eine lange Reportage. Und da liegt auch die Schwäche des Buches, denn – anders als in einer Reportage – hätte man sich in der Buchform – abgesehen vom Kapitel über Bahrain – mehr Hintergrundinformation und eine systematischere Gliederung gewünscht.
Immerhin erfährt man über Bahrain so einiges, was selten in deutschen Medien steht. Dass der Golfstaat einer von vielen Finanziers der Taliban ist, mag noch bekannt sein. Aus unserem Blickfeld geraten sind die Unruhen 2011, als in Bahrain die Proteste der schiitischen Bevölkerungsmehrheit gegen die sunnitische Monarchie mit saudischer und pakistanischer Militärhilfe brutal niedergeschlagen worden sind. Thörner, der sowohl Regierungsmitglieder wie auch Vertreter der Opposition getroffen hat, schildert ein durch und durch autoritär regiertes Land, in dem das Militär und die Polizei die Macht des Königshauses sichern, unterstützt von den westlichen Mächten, die Bahrain als ein Bollwerk gegen die Dschihadisten in der Region sehen. Was dies alles mit einem "sanften Putsch" zu tun hat, bleibt allerdings unbeantwortet.
Überhaupt: Der Titel "Ein sanfter Putsch" ist schlicht reißerisch und suggeriert, die Militärs würden ganz eigene, von der Politik unbeobachtete Wege gehen. Das Buch von Marc Thörner gibt aber an vielen Stellen Hinweise, dass die punktuelle Zusammenarbeit mit einigen Milizenführern sehr wohl von der Politik gebilligt wird. Also: Verbale Abrüstung hätte dem Buch bisweilen nicht geschadet.

Marc Thörner: Ein sanfter Putsch - Wie Militärs Politik machen
Edition Nautilus, 156 Seiten, 12,90 Euro