Ozan Zakariya Keskinkılıç: "Muslimaniac: Die Karriere eines Feindbildes" (*)
Edition Körber, 2021
272 Seiten, 22 Euro
Bist du Muslim, bist du schuldig
07:52 Minuten
Spätestens seit 9/11 erleben Muslime im Alltag immer wieder, dass sie für die Taten anderer verantwortlich gemacht werden. In seinem Buch "Muslimaniac" spürt der Autor Ozan Zakariya Keskinkılıç dem Phänomen des antimuslimischen Rassismus nach.
Egal, ob man in Deutschland geboren wurde und in jeder Hinsicht integriert ist: Es reicht nie, ist die Erfahrung vieler Muslime. Denn, so das Vorurteil, Muslime bleiben immer Muslime – fremd, rückständig und irgendwie gefährlich.
"Muslimaniac" hat der Autor und Politikwissenschaftler Ozan Zakariya Keskinkılıç sein Buch genannt, in dem er "der Karriere eines Feindbildes" nachspürt. Er bekam und bekommt die Vorurteile selbst zu spüren, nicht nur im Zusammenhang mit den Anschlägen auf das World Trade Center durch muslimische Fanatiker.
Nie richtig dazugehören
"Ich habe bereits in der Schule irgendwann festgestellt: Die Fragen, die an mich adressiert wurden, die Aufforderungen, diese lange Liste an Aufgaben, die man irgendwie zu erfüllen hatte, um dazuzugehören - egal, was man getan hat, es hat nie so richtig funktioniert", sagt Keskinkılıç, der sich als Wissenschaftler auf das Thema Rassismus spezialisiert hat und Mitglied der Expertenkommission gegen antimuslimischen Rassismus in Berlin ist.
Es gebe in der Integrationsdebatte eine durchgängige Asymmetrie: Dabei werde von einer bestimmten Gruppe erwartet, Leistung zu bringen. "Und der Rest, der wird eigentlich gar nicht integriert." Dabei gebe es doch eigentlich schon eine pluralistische Gesellschaft.
"Das Interessante am antimuslimischen Rassismus ist", sagt Keskinkılıç, "dass Muslime immer wieder zur Rechenschaft gezogen werden für das, was eigentlich andere tun".
Bei der weißen Mehrheitsgesellschaft passiere das hingegen nicht. Die Gewalttat eines "blonden, blauäugigen deutschen Mannes" werde nicht zum Anlass genommen, "alle blauäugigen, weißen, blonden Menschen zu verdächtigen". Bei Muslimen würden solche Fälle hingegen oft verallgemeinert.
Der Ambivalenz nachspüren
Die Ambivalenz, die viele Menschen gegenüber Muslimen empfänden, sei für ihn ein Anlass gewesen, dem Phänomen auch aus historischer Sicht nachzugehen. Die Frage sei: "Wie können wir muslimisches Leben noch erzählen?", jenseits von Klischees und Vorurteilen. Die Vielfalt der muslimischen Lebensentwürfe komme bei einem Großteil der Nicht-Muslime noch nicht an, sagt der Politikwissenschaftler – "weil wir uns im Kreis drehen und immer noch,sozusagen, das Geschäftsmodell der Islamkritik verfolgen".
(mkn)
(*) Redaktioneller Hinweis: Wir haben den Titel des Buches korrigiert.