Amanda Vaill: Hotel Florida. Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg
Klett-Cotta, Stuttgart, 2015
520 Seiten, 24,95 EUR
Idealisten im Hotel
Das Hotel Florida in Madrid wurde während des Spanischen Bürgerkriegs zum Sammelpunkt von Fotografen wie Robert Capa oder Literaten wie Hemingway. Die amerikanische Autorin Amanda Vail erzählt von den Verwirrungen und Intrigen inmitten des Bürgerkriegs – allerdings ohne klare Linie.
Das Hotel Florida in Madrid hatte eine kurze Phase der Berühmtheit: Während des Spanischen Bürgerkriegs stiegen hier die Kriegskorrespondenten und ausländischen Funktionäre ab. Hemingway veranstaltete hier seine legendären Besäufnisse, begleitet von seiner Geliebten und nachmaligen Ehefrau Martha Gellhorn. Robert Capa und Gerda Taro, zwei ehrgeizige junge Fotografen aus Paris, wurden hier zu Berühmtheiten.
In der hungernden, frierenden Stadt unter ständigem Beschuss von der nahen Front sammelten sich Menschen aus aller Welt: Idealisten, die die spanische Republik mit der Waffe, mit der Kamera oder mit der Schreibmaschine verteidigen wollten. Und Karrieristen, die vor allem ihre eigenen Interessen verfolgten oder auch die einer bestimmten Partei oder Regierung.
Die Grenzen waren unklar und oft fließend. Im "Florida" kreuzten sich die Wege, hier arbeiteten, liebten, debattierten und feierten sie alle.
Auch der republikanische Pressechef Arturo Barea, der das Material der Korrespondenten zu zensieren hatte, war mit seiner österreichischen Mitarbeiterin und Lebensgefährtin Ilse Kulcsar hier untergekommen. Barea wurde später selbst Autor und schrieb seine persönliche Geschichte des Bürgerkriegs.
Vor allem auf diese klugen und sensiblen Aufzeichnungen stützt sich die amerikanische Autorin Amanda Vaill, um von den Verwirrungen, Intrigen und Kämpfen im Innern der bedrohten Republik zu erzählen.
Zwischen Schlüssellochperspektive und Weltsicht
Sie nutzt aber auch eine Menge anderer Quellen, um möglichst viele Aspekte des Geschehens zu erfassen: amerikanische Zeitungsartikel, Romane der Beteiligten, historische Sachbücher und Briefe. Zu diesen Aspekten gehören für Vaill Stalins geopolitische Interessen im Bürgerkrieg ebenso wie das Konsumverhalten der jungen Miss Gellhorn - oder Robert Capas verzweifelte Liebe zu seiner Gefährtin Gerda Taro.
So changiert dieses Buch permanent zwischen der Schlüssellochperspektive in die Schlafzimmer des "Florida" und der ganz großen welthistorischen Draufsicht.
Das könnte durchaus reizvoll sein, wenn die Autorin damit eine klare Linie verfolgte. Aber das tut sie leider nicht: sie scheint sich in dem einen Moment glühend für die Schuhe einer amerikanischen Korrespondentin zu interessieren und im nächsten erklärt sie das Zustandekommen des Hitler-Stalin-Paktes. Und dass sich ihre Darstellung der Rolle des NKWD – der russischen Geheimpolizei - in der spanischen Republik auf die nicht unbedingt vertrauenswürdigen Memoiren zweier sowjetischer Überläufer stützt, macht die Sache nicht seriöser.
Vaills Buch ist eine bizarre Mischung aus historischem Klatsch, Fakten und Literatur aus US-amerikanischer Sicht.
So interessant die Entstehungsgeschichte von Capas Bildern, der Madrider Kriegsalltag und Hemingways Strategien sind: Viele (zumal bekannte) Einzelteile ergeben nicht zwangsläufig ein lesenswertes Buch.